Kassandra Verschwörung
und veranlasste, dass ein Phantombildzeichner ein Treffen mit McKillip vereinbarte. Auf diese Weise bekämen sie eine Zeichnung des Fremden, mit dem Crane sich in dem Pub getroffen hatte. Das würde sich vielleicht als nützlich erweisen. Aber andererseits... Egal, am besten war er gründlich. Wer weiß, wenn Doyle hierhergefahren wäre, hätte er bestimmt ein Ölgemälde des Mannes mitgebracht.
Michael Barclay war in seiner Wohnung damit beschäftigt, seine Sachen für den Trip nach Calais zu packen. Immer wenn er ein Teil in den Koffer gelegt hatte, musste er sich hinsetzen und eine Weile über die immer gleiche Frage nachdenken: warum ich? Die beiden Worte schossen in seinem Kopf umher wie ein verrücktspielender Cursor auf einem Computerbildschirm. Warum ich? Er konnte es sich nicht erklären. Er versuchte, nicht mehr daran zu denken. Wenn er sich weiter darüber den Kopf zerbräche, würde er mit Sicherheit etwas vergessen. Er stellte das Radio an, um sich auf andere Gedanken zu bringen. Es dudelte Musik, keine besonders gute, dann folgten Nachrichten. Unter anderem wurde über irgendeinen Bankier berichtet, der in seinem Bett ermordet worden war. Barclay schnappte etwas von Handschellen und bezaubernden Models auf. Tja, man konnte sich ausmalen, worauf dieser spezielle schmutzige Bankier aus gewesen war, oder? Handschellen und Models... einige hatten eben alles Glück der Welt gepachtet.
Michael Barclay packte weiter. Er beschloss, seinen Walkman und einige Opernkassetten mitzunehmen. Es konnte eine lange Überfahrt werden. Und er versuchte ein paar Sätze auf Französisch, wobei er sich angestrengt in Erinnerung rief, was er für sein Abitur gepaukt hatte. Himmel, das war sieben Jahre her! Dann kam ihm ein Geistesblitz. Im Bücherregal seines Arbeitszimmers entdeckte er schließlich eine alte Französisch-Grammatik und ein Französisch-Englisch-Taschenwörterbuch; beide Bücher hatte er seit seiner Schulzeit nicht mehr benutzt. Sie wanderten ebenfalls in den Koffer. Er machte gerade eine Pause und gönnte sich eine Tasse Kaffee, als er die nächsten Nachrichtenschlagzeilen aufschnappte. Wie es schien, war der Bankier in Handschellen an das Model gefesselt aufgefunden worden, und die Frau hatte einen hysterischen Anfall erlitten und Beruhigungsmittel bekommen. Michael Barclay stieß einen Pfiff aus.
Dann zog er den Reißverschluss seines Koffers zu.
Donnerstag, 9. Juni
Als Greenleaf an diesem Morgen in sein Büro kam, wartete Doyle bereits auf ihn und stürzte sofort auf ihn zu.
»Du wirst es nicht glauben«, sagte er. »Ich könnte dich fünftausendmal raten lassen, und du würdest trotzdem nicht darauf kommen.«
»Auf was?«
Doyle grinste nur verschmitzt und tippte sich seitlich auf die Nase. »Der Commander will uns in fünf Minuten in seinem Büro sehen. Dann wirst du es erfahren.«
Greenleaf geriet einen Moment in Panik. Er würde für irgendetwas zusammengestaucht werden, entweder für etwas, das zu tun er vergessen, oder für etwas, das er unwissentlich verbrochen hatte. Was bloß? Doch dann entspannte er sich. Wenn es so wäre, hätte Doyle etwas gesagt. Außerdem war er sich keiner Fehler bewusst, oder? Sie hatten die Operation in Folkestone angeleiert und gute Fortschritte bei der Zusammenstellung der Liste möglicher Anschlagsziele gemacht. 1612 Namen standen darauf: 790 Individuen (Parlamentsabgeordnete, leitende Militärangehörige, hohe Staatsbeamte, prominente Wirtschaftsführer und so weiter), 167 Organisationen oder Ereignisse (wie der bevorstehende Regierungsgipfel) und 655 Gebäude sowie alle möglichen Sehenswürdigkeiten von Stonehenge bis zum Old Man of Hoy.
Die von der sogenannten Profiling-Abteilung des Geheimdienstes zusammengestellte Liste war umfangreich, aber nicht vollständig. Sie umfasste die wahrscheinlichsten Ziele für terroristische Anschläge im Vereinigten Königreich. Die Informationen über die Hexe, die Joyce Parry der Special Branch hatte zukommen lassen, waren ebenfalls an die Profiling-Abteilung weitergeleitet worden, sodass die Liste mithilfe dieser Informationen reduziert werden konnte. Die Hexe war auf Ereignisse und Individuen spezialisiert, wobei sie es eher auf ein Individuum abgesehen hatte, das an einem Ereignis teilnahm, als auf das Ereignis selbst. Jemand von der Profiling-Abteilung hatte mit Dominic Elder gesprochen, der die dort getroffene Einschätzung teilte. Sie suchten nach einem Ereignis, und während es stattfand, würde ein spezielles
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