Kassandra Verschwörung
plötzlich zu ihm um, dass er wusste, dass Doyle nur auf diese Frage gewartet hatte.
»Eine Frau kommt in dein Schlafzimmer und sagt, dass sie Lust hat, dich zu fesseln. Du fällst drauf rein. Warum? Weil du glaubst, dass sie Schweinkram im Sinn hat. Dieser minderbemittelte Einfaltspinsel schimpft sich Leibwächter und lässt sich von einer Mieze, die er noch nie im Leben gesehen hat, an ein Bett fesseln. Hat ihn voll verarscht. Vielleicht hat sie ihm zwei Tausender zugesteckt, um ihm das Ganze... etwas schmackhafter zu machen.«
»Jetzt geht das schon wieder los, Doyle. Fassen Sie sich lieber kurz.« Trilling verlagerte sein Gewicht. »Aber wir überprüfen ihn sowieso. Wir glauben nicht, dass er in den Fall verwickelt ist, aber man kann ja nie wissen. Er hat einen bösen Schlag auf den Kopf abgekriegt, der den Ärzten im Krankenhaus zufolge fast tödlich gewesen wäre.«
»Was haben wir noch, Sir?«
»Nicht viel. Jedenfalls bisher. Aber die Mörderin hat einige Spuren hinterlassen.«
»Was für Spuren?«
»Utensilien, die sie gebraucht hat, um ihre Arbeit zu verrichten. Da wären zuerst mal die Handschellen, sechs Paar. Man kann nicht einfach irgendwo sechs Paar Handschellen erwerben, ohne irgendjemandes Argwohn zu wecken. Außerdem hat sie noch etwas zurückgelassen...«
»Selbstklebende Plastikfolie«, sprang Doyle ihm zur Seite. »So nennen sie es zumindest in der Kindersendung Blue Peter .«
»Wahrscheinlich hat sie sie in der Nähe des Tatorts gekauft. Ein Ermittlungsteam ist bereits vor Ort und arbeitet auf Hochtouren. Sie tun, was sie können, fragen herum, überprüfen die verschiedenen Läden...«
»Sie klingen nicht besonders hoffnungsvoll, Sir.«
»Ich gestehe freimütig, dass ich das auch nicht bin, John. Wir haben es mit einem Profi zu tun. Sie wird nicht viele wirkliche Spuren hinterlassen haben, und ich weiß nicht, wie viel absichtlich gelegte Spuren wir finden werden, die uns auf eine falsche Fährte locken sollen. Und selbst wenn es uns gelingen sollte, das Zeug zu einem Laden zurückzuverfolgen – was haben wir damit gewonnen? Eine allgemeine Beschreibung einer Frau. Sie kann ihr Aussehen in Windeseile verändern: eine Perücke aufsetzen, sich die Haare färben, sich schminken, die Kleidung wechseln...«
Ein Wesen, das imstande ist, seine Gestalt zu verwandeln, dachte Greenleaf. Wie nannte man so ein Wesen noch? Proteus? Wenn er jetzt darüber nachdachte, fragte er sich, warum nicht viel mehr Frauen als Schwindlerinnen unterwegs waren. Sie konnten sich so leicht verwandeln: hohe Absätze, niedrige Absätze, sich die Taille oder den BH auspolstern, die Haare färben... genau, sie konnten ihr Aussehen in Windeseile verändern. Trilling hatte recht.
»Wenigstens wissen wir jetzt«, versuchte er seinen Chef aufzumuntern, »dass wir es definitiv mit einer Frau zu tun haben und sie tatsächlich heimlich in unser Land eingereist ist. Damit verfügen wir jetzt zumindest über zwei Fakten, nachdem wir bisher ausschließlich mit Vermutungen gearbeitet haben.«
»Wohl wahr«, stimmte Commander Trilling zu.
»Doch gleichzeitig«, wandte Doyle ein, »hat sie ihren Job erledigt, bevor wir auch nur den Hauch einer Chance hatten, sie zu fassen. Wer weiß, vielleicht ist sie ja schon wieder außer Landes.«
»Das glaube ich nicht«, tat Greenleaf ruhig seine Meinung kund. Doyle und Trilling sahen ihn an und warteten auf eine weitere Erklärung. »Man heuert keinen Killer aus dem Ausland für einen einzigen Anschlag wie diesen an. Und niemand jagt zwei Schiffe in die Luft, bloß um einen einzelnen Banker umzulegen. Es muss etwas Größeres geplant sein, glauben Sie nicht auch?«
»Klingt vernünftig«, sagte Trilling.
»Ich habe ihm einiges beigebracht, Sir«, fügte Doyle hinzu. »Er hat recht, das ergibt alles wenig Sinn. Es sei denn, das Ganze ist nur ein gewaltiges Ablenkungsmanöver, um uns in Schottland auf Trab zu halten, während die Hexe irgendwo anders ihr Unwesen treibt.«
»Nicht ausgeschlossen«, sagte Greenleaf. »Aber in einem dieser Berichte, die uns Mrs. Parry schickte, wird noch auf einen weiteren Punkt hingewiesen. Etwas, das dieser Elder hervorgehoben hat. Er weist darauf hin, dass die Hexe oft für Geld einen Auftragsmord begeht, um eine andere Operation finanzieren zu können. Wie hat er es noch mal ausgedrückt?« Greenleaf warf den Kopf zurück und zitierte aus dem Gedächtnis: »Um ihr Streben nach purem Terrorismus zu finanzieren, mit dem sie keinerlei monetäre,
Weitere Kostenlose Bücher