Kassandra Verschwörung
weiter.«
»Ach so, ja, klar, mache ich.«
Sie verabschiedete sich von Dawn, und Wrightson brachte sie zur Tür. Seine Hand strich erneut über ihre Schulter, wanderte hinab und verweilte auf der nackten Haut ihres Arms. Dann, als er die Tür öffnete, umfasste er ihren Hinterkopf und zog sie zu sich heran. Da sie mit beiden Händen die Papiere hielt, konnte sie ihn nicht wegstoßen. Er küsste sie auf den Mund, seine Zunge bohrte sich gegen ihre zusammengebissenen Zähne. Dann ließ er von ihr ab, und sie blieb keuchend stehen.
Während sie die Treppe hinunterrannte (so schnell das mit ihren hohen Absätzen möglich war), hörte sie ihn lachen. Dann knallte er die Wohnungstür zu. Der Knall dröhnte wie Kanonenfeuer hinter ihr her, bis sie draußen auf der Straße war.
Barclay konnte sehen, dass sie vor Wut schäumte. Sie knallte ihm die Papiere auf den Schoß, setzte sich hinters Steuer und manövrierte den Wagen aus der Parklücke auf die Straße.
»Sie waren ja eine Ewigkeit da drinnen«, sagte er in das Schweigen hinein. »Was ist passiert?«
»Haben Sie nicht mitgehört?«
»Nur bis zu dem Moment, als er Dawn aufgefordert hat, Kaffee zu kochen.«
»Er hat seinen Arm um mich gelegt.«
»Wahrscheinlich hat sich dabei eine Verbindung gelöst. Ab da müssen Sie mir alles erzählen.«
»Als Erstes brauche ich einen Drink. Ich muss den Geschmack in meinem Mund loswerden.« Sie langte unter ihr T-Shirt, riss den Sender ab und warf ihn auf Barclays Schoß, neben die Papiere.
Sie schwieg während der gesamten Fahrt zu ihrer Lieblingskneipe, wo sie sich in einen der Terrassenstühle fallen ließ und sich eine pression bestellte. Es war gerade mal kurz nach elf, aber egal. Barclay bestellte sich ebenfalls ein gezapftes Bier. Sie schien immer noch nicht reden zu wollen, also warf er einen Blick auf die Papiere, die sie ihm hingeworfen und die er mit ins Café genommen hatte.
»So, so, sieh mal einer an«, sagte er und hielt ihr eines der Pamphlete hin, damit sie es sehen konnte. Es handelte von »Europäischen Freiheitskämpfern«. Unter anderem wurde die italienische Terroristenbande Croix Jaune erwähnt sowie der Deutsche Wolfgang Bandorff. Nach Barclays Ansicht stand dort jede Menge über Wolfgang Bandorff, und das Ganze endete mit einem Aufruf an alle »Verfechter der Freiheit«, Bandorffs Maxime zu folgen, zu motivieren und zu mobilisieren und »Aktionen sprechen zu lassen, wo die Münder der Unterdrückten geknebelt werden«.
»Interessant«, sagte Barclay. Er hatte Dominiques Aufmerksamkeit gewonnen. Sie las das Pamphlet durch, sagte jedoch nichts, bevor sie das erste Bier geleert und ein neues bestellt hatte.
»Der Name Bandorff wird auch in dem Dossier über die Hexe erwähnt«, erinnerte Barclay sie.
»Ich weiß, er war während des Papstbesuchs in Schottland.«
»Das kann kein reiner Zufall sein.«
Dominique schwieg. Sie fuhr sich mit der Zunge über ihr Zahnfleisch, als ob sie es von irgendetwas reinigen wollte.
»Also, was ist da oben passiert?«, fragte er.
Ihr zweites Bier kam, und diesmal trank sie es langsam und nahm sich Zeit, ihm in aller Ruhe alles über John Peter Wrightson zu erzählen.
Elder war auf dem Weg nach Brighton, doch Straßenarbeiten behinderten sein Vorankommen. Mitunter schien es ihm, als wäre das gesamte Straßennetz Englands gesperrt und würde umgegraben. Er konnte sich an eine Zeit erinnern, in der es keine Verkehrsbehinderungen gegeben hatte. Aber zu der Zeit hatte es natürlich auch weniger Verkehr gegeben. Er brauchte eine Weile, sich an Doyles Auto zu gewöhnen. Es war schnell und gewiss ein wendiger Flitzer, aber die Kupplung schien über einen eigenen Willen zu verfügen. Doyle hatte herumgejammert, als Elder ihn um den Wagen bat. Sie waren nur mit einem Auto nach Cliftonville gefahren – Doyles Auto -, und jetzt wurde es benötigt. Außerdem blieb Doyle in der Stadt, wie Elder betonte. Wozu also brauchte er da sein Auto? Und falls tatsächlich eins benötigt werden sollte, könne er sich ja jederzeit eins bei der örtlichen Polizei ausleihen.
»Und was hält Sie davon ab, das Gleiche zu tun?«, hatte Doyle gefragt.
»Ich habe es eilig.«
»Ich kann keinen Grund zur Eile erkennen.«
Elder, der sowohl Doyle als auch Greenleaf in seinen geplanten Trip eingeweiht und ihnen auch mitgeteilt hatte, was er damit bezweckte, hatte auf diese Bemerkung hin geschwiegen und Doyle murren lassen. Greenleaf hatte, wie immer, nicht viel gesagt. Der schweigsame
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