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Kaste der Unsterblichen

Kaste der Unsterblichen

Titel: Kaste der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Viertel der Tausend Diebe, aber sogar bei den Ausgestoßenen dort sah ihn niemand ohne die Messingmaske oder sein Alter-Ego. Was ihn so sehr verbitterte war die Tatsache, daß in nur einem Monat die Gesetze von Clarges Den Grayven Warlock juristisch für verstorben erklärt hätten. Dann konnte Waylock mit seiner neuen Identität eine Karriere beginnen, die er ganz allein zu bestimmen vermochte.
    Doch noch war nicht alles verloren. Er hatte, so hoffte er, die Auswirkungen seiner Torheit aus der Welt geschafft. In ein oder zwei Wochen würde Die Neue Jacynth auf der Bildfläche erscheinen, ohne körperliche oder geistige Schäden durch die Ereignisse dieser Nacht in Kharnevall davongetragen zu haben. Und danach mochte alles so weitergehen wie zuvor.
    Waylock wanderte durch die nun stillen Straßen nach Hause, trat in sein Appartement und stolperte ins Bett.
     
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    Nachdem er fünf oder sechs Stunden unruhig geschlafen hatte, stand Waylock auf, duschte, bereitete sich ein Frühstück und dachte nach. In Gedanken ließ er noch einmal die vergangene Nacht Revue passieren, fand sie abscheulich und bemühte sich, sie zu vergessen. Nur die Zukunft war wichtig. Sein Ziel war klar. Er mußte sich seinen Aufstieg durch die Einstufungsphylen erkämpfen; er mußte seinen Platz in der Amarantgesellschaft zurückerobern. Aber wie? Der Grayven Warlock hatte auf dem Gebiet des Journalismus Erfolg gehabt. Er hatte den Clarges Anzeiger gegründet und ihn von einem einfachen Wochenblatt zu einer bedeutenden Tageszeitung gemacht. Doch Der Abel Mandeville mußte auch weiterhin als sein unversöhnlicher Feind gelten, und daher kam der Journalismus als mögliche Karriereleiter von vornherein nicht in Frage.
    Die schnellsten und spektakulärsten Phylenaufstiege wurden von schöpferischen Künstlern vollbracht: Musikern, Malern, Aquagestaltern, Pointillisten, Tressern, Schriftstellern, Expressionisten, Komikern, Zeitzechern. Folglich herrschte in diesen Tätigkeitsbereichen ein ziemliches Gedränge. Die Teilnahme an Weltraumexpeditionen brachte ganz automatisch Steigung, aber die Sterblichkeitsrate war hoch, und der Anteil an Raumfahrern, der es bis Amarant schaffte, war nicht größer als der anderer Berufszweige.
    Während der ersten fünf Jahre hatte Waylock verschiedene Pläne und Methoden entwickelt, mit denen er sein Wissen bestmöglichst zu erweitern hoffte und Fähigkeiten und Handfertigkeiten zu erlangen gedachte. Er prägte sich nützliche Bezugspunkte ein und überlegte, wie er seine Vorgesetzten beeindrucken und sich bei ihnen einschmeicheln konnte. Dann plötzlich war er tiefem Zweifel anheimgefallen. Plackerte er sich damit nicht in einer Richtung ab, in der bereits zehn Generationen vor ihm voranzukommen versucht hatten? Sich auf einem bestimmten Gebiet auszuzeichnen, war der übliche Weg, zu Steigung zu gelangen. Tausenden war der Durchbruch zu Amarant gelungen, indem sie an dieser Vorstellung festgehalten hatten. Waylock würde sich dadurch in eine lange Schlange einreihen, die sich zentimeterweise vorwärtsschob und den funkelnden Glanz am Horizont zu erreichen hoffte. Wenn eine genügende Anzahl der vor ihm Kriechenden ermüdete und stolperte, abirrte und nervös wurde, einen Nervenzusammenbruch erlitt und in ein Palliatorium eingeliefert wurde … dann mochte es Waylock vielleicht gelingen, seinen früheren Status zurückzugewinnen.
    Sicherlich gab es Abkürzungen zu diesem Ziel, und Waylock fand sie auch. Er entschied, alle Konformität abzustreifen, auf konventionelle Moralvorstellungen zu verzichten und eine zweckbestimmte Unbarmherzigkeit zu entwickeln. Die Gesellschaft hatte Dem Grayven Warlock gegenüber keine Gnade gezeigt. Man hatte ihn auf praktisch leichtfertige Weise geopfert, nur um den Zorn der Öffentlichkeit zu besänftigen. Aus diesem Grund beabsichtigte Waylock, die Gesellschaft und ihre Einrichtungen in rücksichtslosem Egoismus zu benutzen.
    Es erforderte ein Jahr, seinen Verstand auf diese neue Denkweise zu justieren. Die Theorie in eine konkrete Handlungsbasis zu verwandeln war eine Aufgabe, die er noch nicht ganz abgeschlossen hatte. Er lehnte sich in seinem Stuhl am Frühstückstisch zurück, schlug das Notizbuch auf und überflog die einzelnen Punkte seiner Auflistung.
     
    Abschnitt 1:
     
    I.  Sichere, aber langsame und minimale Steigung versprechen die Vitalitätsbereiche, d.h. die Institutionen, die der Erziehung und Bildung gewidmet sind (Kinderhorte, Volkshochschulen, Universitäten),

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