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Kaste der Unsterblichen

Kaste der Unsterblichen

Titel: Kaste der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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Gesicht, das so lang wie eine Violine war. Sie paradierte mit einem arsengrünen Kittel sowie einer schwefelgelben Bluse und klimperte mit einem Dutzend Bronze-Armreife an ihrem Arm.
    Waylock erkannte die Frau wieder: Pladge Caddigan. Sie begegnete seinem Blick. »Gavin Waylock!« rief sie und winkte mit ihrem langen Arm, so daß die Armreife noch lauter rasselten und klirrten. Sie nahm den jungen Mann bei der Hand und bugsierte ihn durch den Pavillon an Waylocks Tisch.
    »Roger Buisly, Gavin Waylock«, stellte sie vor. »Dürfen wir uns zu Ihnen setzen?«
    »Selbstverständlich«, sagte Waylock. Pladge schien all den Kummer, den sie über den Verlust von Seth empfinden mochte, bestens unter Kontrolle zu haben.
    Sie setzte sich, und der junge Mann folgte ihrem Beispiel.
    »Ich habe große Hoffnungen, Roger«, sagte Pladge, »Gavin Waylock dazu bewegen zu können, sich uns anzuschließen.«
    »Wem soll ich mich anschließen?« fragte Waylock.
    »Den Lebensartzweiflern natürlich. Alle bedeutenden Leute sind heutzutage Zweifler.«
    »Ich habe es nie ganz verstanden: Was genau ist ein Lebensartzweifler?«
    Pladge rollte verzweifelt mit den Augen. »Es gibt genauso viele Definitionen dieses Begriffes wie Lebensartzweifler selbst. Im Grunde genommen sind wir Leute, die den Mut zum Widerspruch aufbringen. Wir haben einige Versuche unternommen, uns zusammenzuschließen und einen Zentralrat zu bilden.«
    »Warum?«
    Pladge sah ihn überrascht an. »Dadurch können wir uns besser organisieren und als geschlossene Kraft auftreten, um etwas an der Regierung zu verändern!«
    »Was denn konkret?«
    Pladge vollführte eine ihrer etwas extravaganteren Gesten. »Wenn wir Einigkeit erzielen könnten, wäre der Rest ganz einfach. Die gegenwärtigen Zustände sind unerträglich. Wir alle wollen eine Veränderung – das heißt, alle bis auf Roger Buisly.«
    Buisly lächelte selbstzufrieden. »Die Welt ist nicht perfekt. Meiner Meinung nach ist das gegenwärtige System das Beste, das wir uns wünschen können. Es stabilisiert einen bestimmten Standard, bietet ein Ziel und erfüllt die größten Hoffnungen der Menschheit. Wird es verändert, so muß das für uns alle große Nachteile mit sich bringen.«
    Pladge schnitt eine Grimasse. »Jetzt wissen Sie, wie konservativ unser lieber Roger ist.«
    Waylock musterte den jungen Mann. »Warum gehört er dann zu den Lebensartzweiflern?«
    »Warum nicht?« antwortete Buisly. »Ich bin ein Zweifler der Zweifler. Sie stellen sich die Frage ›Was soll aus dieser Welt werden?‹. Ich erweitere diese Frage auf: ›Was soll aus der Welt werden, wenn diese Verrückten ihren Willen durchsetzen?‹«
    »Er hat nichts Konstruktives anzubieten«, erklärte Pladge Waylock. »Er kann nur nörgeln und herummäkeln.«
    »Ganz und gar nicht!« widersprach Buisly. »Ich habe einen festen Standpunkt – er ist so simpel, daß sich Pladge und ihre abstrusen Freunde nicht damit abfinden können. Meine Argumentation erfolgt in drei Etappen. Erstens: Jeder strebt nach der Unsterblichkeit. Zweitens: Wir können nicht jedem das ewige Leben gewähren, denn sonst haben wir ein zweites Zeitalter des Chaos. Drittens: Die logische Schlußfolgerung heißt – gebt denjenigen Leben, die es sich verdient haben. Darauf beruht unser gegenwärtiges System.«
    »Aber was ist mit den Menschen, die diesem Prinzip geopfert werden?« warf Pladge ein. »Was ist mit all der Mühsal, dem Kummer, dem Schrecken und dem ganzen Aufruhr? Was ist mit den armen Teufeln, die die Palliatorien bevölkern? Fünfundzwanzig Prozent all derjenigen, die nach Steigung streben!«
    Buisly zuckte mit den Achseln. »Diese Welt ist kein perfektes Paradies. Es hat immer Kummer und Angst gegeben. Wir alle wollen das soweit wie möglich ausmerzen. Meiner Meinung nach hat unsere Gesellschaft genau das bewerkstelligt.«
    »O Roger! Das kannst du doch nicht im Ernst glauben!«
    »Solange es keinen Gegenbeweis dafür gibt, doch.« Er wandte sich Waylock zu. »Jedenfalls ist das meine Ansicht. Natürlich werde ich deswegen gehaßt, aber andererseits gebe ich für diese Leute auch eine geeignete Zielscheibe für ihren Sarkasmus ab.«
    »Womit Sie wahrscheinlich eine notwendige Funktion erfüllen«, antwortete ihm Waylock. »Ich bin letzten Abend einem Lebensartzweifler begegnet. Er stellte sich als Jacob Nile vor …«
    »Jacob Nile!« Pladge stieß Buisly mit den Fingerspitzen an. »Roger, du mußt Jacob eine Kommunachricht übermitteln. Er wohnt ganz in der

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