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Kastner, Erich

Kastner, Erich

Titel: Kastner, Erich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die verschwundene Miniatur
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und lassen ihn selber gut verschnürt bei Mutter Grün sitzen. Stricke haben wir mit. Wir machen ein handfestes Paket aus ihm und deponieren ihn in einem abgelegenen Ährenfeld. Bis man ihn findet, sind wir in Berlin.«
    »Bravo!« rief Philipp Achtel. »Mir hängen die Volkslieder allmählich zum Halse heraus! Man kriegt nur Durst davon.«
    Professor Horn war andrer Meinung. »Ihr dürft nicht vergessen, daß die Polizei alarmiert ist«, sagte er. »Eine Herrenpartie ist nicht sehr gefährdet. Warum sollen wir in der Gegend herumknallen? In Berlin fällt so ein Wirbel viel weniger auf.«
    »Und was ist«, fragte Karsten, »wenn der Strolch sein Leihauto nun nicht in die Garage am Stettiner Bahnhof kutschiert? Der Junge ist nicht auf den Kopf gefallen. Wenn er nun den Wagen irgendwo stehen läßt und türmt? Was machen wir dann?«
    »Dann gucken wir und Graumanns Leute in den Mond!« meinte der Ringkämpfer verbiestert. »Berlin ist groß. Das habe ich schon in der Schule gelernt.«
    Professor Horn studierte eingehend die Landkarte. Nach einigem Zögern sagte er: »Meinetwegen! Wenn wir ihn noch vor Oranienburg erwischen, soll mir’s recht sein. Sonst bleibt’s bei Berlin.«
    Die Skatbrüder wurden mobil. »Paulig, gib Gas!« schrie einer.
    Der Chauffeur tat sein möglichstes.
    »Aber nur in die Reifen schießen!« befahl der Chef. »Nicht in den Herrn selber! Ihr wißt, ich mag das nicht!«
    Herr Achtel kräuselte die Lippen. »Du solltest dir ein Büro einrichten«, meinte er. »Dann könntest du unsere Ausflüge fernmündlich leiten. Oder per Einschreiben.«
    »Wenn ihr wüßtet, wieviel lieber mir das wäre!« behauptete der Chef. »Aber man kann euch ja leider keine Sekunde allein lassen!
    Das Doppelte könnten wir verdienen, wenn ich nicht auch noch eure Kinderfrau spielen müßte!«
    »Der geborene Etappenhengst!« murmelte der Ringkämpfer.
    Professor Horn drehte sich um: »Was hast du gesagt?«
    Der andere zog den Kopf zwischen die Schultern. »Nichts«, erklärte er.
    Der Rostocker Autobus sauste mit höchster Geschwindigkeit über die Landstraße. Die Fahrgäste flogen auf ihren Bänken hin und her und schimpften wie die Waschweiber. – Auf einsamen Feldwegen holperten Gutsfuhrwerke. In einer Waldlichtung stand ein Forstgehilfe mit Jagdhunden. Die Hunde bellten ärgerlich.
    Zehn Minuten mochten so vergangen sein. Endlich entdeckten sie ein Auto, das in einiger Entfernung vor ihnen herfuhr.
    »Ein grauer Opel«, meinte Paulig. »Das ist er! Wenn er nicht aufdreht, haben wir ihn in fünf Minuten eingeholt!«
    Professor Horn kletterte zum Chauffeur vor, setzte sich neben ihn und zog den Revolver. Dann wandte er sich um und sagte kalt: »Wer gegen meine Anordnungen verstößt, kann nach Berlin laufen! Was man nicht im Kopfe hat, hat man in den Beinen. Verstanden?«
    Die Antwort bestand in einem undefinierbaren Gemurmel.
    Da verschwand der graue Opel hinter einer Biegung!
    Die Skatbrüder hielten die Pappnasen vorgestreckt. Sie fieberten vor Jagdeifer. »Hoffentlich treffe ich dorthin, wohin ich ziele«, meinte Storm zu Karsten. »Ich bin in letzter Zeit so kurzsichtig.« Er kicherte böse.
    Der Autobus hatte die Kurve erreicht. Er schleuderte. Paulig bremste. Dann ging die Jagd weiter. Doch da nahm Paulig von neuem Gas weg.
    Kaum fünfzig Meter vor ihnen hielt der graue Opel am Straßenrand. Der junge Mann war ausgestiegen. Er stand neben dem Wagen und unterhielt sich mit jemandem, der sich an ein Fahrrad lehnte.
    Beide blickten dem Autobus entgegen. Und der Jemand – ja, das war ein Feldgendarm!
    Die Skatbrüder wurden blaß.
    »Schießeisen weg!« rief der Professor heiser. »Singen!«
    Der kleine Herr Storm stimmte ein Lied an. Die andern fielen ein.
    Und während die Zuchthäusler an dem Feldgendarm und an ihrem Freund vorüberbrausten, schwenkten sie die bunten Papiermützen und sangen aus voller Brust: »Hab’ mein’ Wagen vollgeladen! Voll mit jungen Mädchen!«
    Es muß festgestellt werden, daß die bärtigen Stimmen vor Erregung zitterten. Doch der Feldgendarm machte keine Anstalten, den Autobus aufzuhalten. Er sah lächelnd hinterher und schüttelte den Kopf.
    Paulig fuhr jetzt wie der Teufel. Erst hinter der nächsten Kurve traute er sich, das Tempo zu verlangsamen. Und ganz allmählich verebbte auch die Sangesfreude der Skatbrüder und machte einer nur allzu begreiflichen Empörung Platz.
    »So eine Kanaille!« schrie der kleine Herr Storm. Seine Stimme überschlug sich. »Ich könnte den

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