Katagi (Drachenfluch Zweites Buch) (DrachenErde - 6bändige Ausgabe) (German Edition)
Bratlor Sternenseher einen Blick zurück. Den vorletzten Pfeil hatte er inzwischen auf die Sehne seines Bogens gelegt, aber noch nicht abgeschossen.
Einige der angreifenden Monstren waren orientierungslos, weil sie ihren Reiter verloren hatten. Aber auch die anderen Kriegsdrachen schienen sich langsamer zu bewegen, und ihre Reiter hatten mehr und mehr Schwierigkeiten, sie voranzutreiben. Eine seltsame Lähmung breitete sich unter den geflügelten Bestien aus und raubte ihnen auf einmal die Kraft.
Inzwischen hatten die ersten Gondelträger-Drachen den schwarzen Felsen hinter sich gelassen. Hinter den Schießscharten warteten Dutzende von Armbrustschützen auf ihren Schießbefehl. Gegen die tief dröhnenden Laute dieser gigantischen Riesen wirkten die durchdringenden Schreie der einfachen Reitdrachen schon fast wie leises Gesäusel.
Doch noch etwas anders fiel Bratlor auf: Überall im nordwestlichen Teil der Senke stieg Nebel vom Boden empor. In dichten weißen Schwaden waberten sie daher und wirkten dabei wie ein einziges vielarmiges, amorphes Ungeheuer, dessen sich ständig verändernde Auswüchse in die Höhe griffen.
Nach den Drachen …
„Sieh nur!“, rief Bratlor.
Zunächst hatte es Rajin seiner eigenen Stärke zugeschrieben, Shiiyyoom nun vollkommen unter seiner geistigen Kontrolle zu haben. Nun aber wurde ihm schlagartig klar, dass auch Shiiyyoom immer schwächer wurde. Der Schlag seiner Flügel wurde langsamer, die Kraft seines Geistes spürte Rajin förmlich dahinschwinden – und genauso schien es auch den Drachen der Kriegsarmada zu ergehen.
Der Nebel wallte weiter in die Höhe, auf eine Weise, die allem widersprach, was Rajin und Bratlor als Seemannen über die Bildung von Wolken wussten. Ein säulenartiges Gebilde entstand zwischen dem Eingang der Orakelhöhle und dem schwarzen Felsen – und diese Säule war fast so hoch wie der schwarze Felsen selbst.
Einen Augenblick später zeichneten sich innerhalb der Nebelsäule Konturen ab, und Rajin erkannte darin – den Vermummten!
Fjendur …!
Die Erscheinung verschwamm wieder, vermischte sich mit den Nebelschwaden, die die Wolkensäule bildeten.
Lange ist es her, dass eine so große Anzahl Drachen es wagte, diesen Ort aufzusuchen und den kalten Schlummer eines Gottes zu stören …
Elendes Echsengezücht!
Rücksichtslose Erdaufreißer und Weltveränderer des Ersten Äons!
Ah, dass ihr den Fluch der Kälte vergessen konntet, der euch einst die Grenzen eurer blindwütigen Macht zeigte! Muss sich denn alles wiederholen?
Ein Strom von Gedanken traf Rajin mit erdrückender, einschüchternder Macht.
„Was war das?“, fragte Bratlor, der so bleich wie das graue Eis der kalten Senke geworden war. Auch ihn hatte der Gedankenstrom berührt, der offenbar sehr intensiv gewesen war. Und noch stärker schienen die Drachen ihn wahrgenommen zu haben, denn sie brüllten nahezu alle im selben Moment auf. Ein ohrenbetäubender Chor dumpfer Stimmen, in dem Bratlors letzte Worte untergingen. Wie ein misstönender, dissonanter Chor verdammter Drachenseelen klang es, und Rajin glaubte im ersten Augenblick, in Zukunft nie wieder etwas hören zu können. Risse bildeten sich im hartgefrorenen Boden der Senke. Sie mäanderten als sichtbare Spuren der Drachenschreie über den Untergrund und verzweigten sich in feinste Verästelungen. Stöhnende Geräusche entstanden dabei, die Rajin an die Laute erinnerten, die beim Auseinanderbrechen des Frühjahrs-Eises in der Bucht von Winterborg entstanden, wenn sich die einzelnen Platten gegeneinander verschoben und aneinanderrieben.
Nie mehr sollte das Drachengezücht diesen Ort heimsuchen, denn dies ist mein Reich - das Reich dessen, der aus eurer Rücksichtslosigkeit entstand, der aus dem Hass dieser Erde wuchs, die ihr noch immer die Drachenerde nennt, obwohl sie in Wahrheit ursprünglich niemandem außer sich selbst und ihren fünf Monden gehörte!
Nun lernt meinen Zorn kennen!
Shiiyyoom sank zu Boden. Die Landung war hart und ganz sicher so nicht beabsichtigt. Der Drache rutschte kraftlos über den aufgesprungen eisigen Untergrund. Keine zwanzig Schritt vom Eingang der Orakelhöhle entfernt blieb er liegen. Mit einem schmerzerfüllten Stöhnen senkte sich der Kopf auf den Boden. Eine erschreckend schwache Flamme, die kaum die Länge eines menschlichen Arms erreichte, züngelte aus seinem Maul. Die Augen waren auf einmal blutunterlaufen, so als wären Dutzende kleiner Adern in ihnen geplatzt.
Rajin und Bratlor hatten
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