Katagi (Drachenfluch Zweites Buch) (DrachenErde - 6bändige Ausgabe) (German Edition)
sich mit Mühe im Sattel halten können. „Los, runter hier!“, rief der Sternenseher, der im selben Moment bereits aufgesprungen war; dann balancierte er über die Schulterblätter des Drachen und machte sich daran, nach unten zu klettern.
„Shiiyyoom!“, rief Rajin, aber er ahnte, dass der Drachen seine Befehle nicht mehr ausführen konnte; vielleicht verstand er sie nicht einmal mehr. Ein gurgelnder Laut entrang sich dem Ungetüm. Ein Laut, der mehr von einem Todesröcheln als von einem Aufbegehren hatte. Schäumender, zähflüssiger Drachenspeichel quoll aus seinem Maul.
Rajin folgte dem Beispiel Bratlors und kletterte am Körper des Kriegsdrachen hinab. Den Drachenstab behielt er aber bei sich. Er hatte ihn hinter seinen Gürtel geklemmt, um die Hände beim Klettern frei zu haben.
Als er den Boden erreichte, sah er, dass Liisho - durch das Getöse alarmiert – vor den Höhleneingang getreten war. Er zögerte nur kurz, dann eilte er, den eigenen Drachenstab in der Rechten, auf Rajin und Bratlor zu. „Ihr Narren!“, rief er und packte Rajin an der Schulter.
Der aber blickte wie gebannt zurück. Die gesamte kalte Senke Fjendurs war bis zum Schwarzen Felsen von dichtem, grauweißem Nebel erfüllt. Man konnte kaum noch eine Drachenlänge weit sehen. Schon Shiiyyooms Schwanzstacheln waren nur noch schemenhafte Umrisse.
„Ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte Liisho besorgt.
„Ja“, murmelte Rajin.
Liisho ließ ihn los und trat auf Shiiyyoom zu. Vor dessen Haupt blieb er stehen, setzte dem Ungetüm den Drachenstab auf den Halsansatz und trieb dem Drachen den Stab zwischen die Schuppen. Gleichzeitig kniff der Weise die Augen zu, als würde er sich sehr stark konzentrieren. Der Drache ließ sich das ohne irgendeine Reaktion gefallen. Dampfender Atem drang aus seinem Maul.
Liisho öffnete die Augen wieder. „Der Geist dieses Drachen ist dermaßen erlahmt, dass er kaum noch zu spüren ist.“
„Da ist eine Macht, die die Drachen schwächt“, sagte Rajin. „Fjendur …“
„Ja …“ Liisho nickte. „Vielleicht ist das auch der Grund, dass mein eigenes Reittier so davor zurückscheute, das Tor zu passieren. Ich dachte, es liege daran, dass ich die Kunst, kosmische Tore zu öffnen, bisher nur unvollkommen beherrsche. Aber es könnte natürlich sein, dass der gute alte Ayyaam mit seinen sehr feinen Sinnen die Anwesenheit dieses Wesens deutlich spürte. Schließlich ist er ja ein direkter Nachfahre des Urdrachen.“
„Dieses … Wesens?“, fragte Rajin. „Du redest von einem Gott!“
Liisho schüttelte langsam und gedankenschwer den Kopf. Er schien Rajins Worte gar nicht vernommen zu haben, war ganz in seine eigenen Überlegungen versunken. „Wie ist das möglich? Ich bin schließlich nicht zum ersten Mal hier, und nie hat die Anwesenheit meines Drachen irgendwelche schlafenden Geister geweckt, mögen sie nun nur flüchtige Wesen oder Götter sein …“
„Vielleicht war es einfach die große Anzahl der Drachen, die Fjendur aus seiner eisigen Agonie rief“, vermutete Rajin. Er deutete in den weißgrauen, undurchdringlichen Nebel und fügte hinzu: „Selbst ich konnte ihr Herannahen bereits aus großer Entfernung spüren“
„Möglich“, murmelte Liisho, „aber ich dachte …“
Auf einmal verstummte er, sein Kopf ruckte hoch, er verzerrte das Gesicht vor Schmerz, ließ den Drachenstab fallen und presste sich die Hände gegen den Kopf.
Rajin wollte besorgt fragen, was mit ihm sei. Doch dazu kam er nicht mehr, denn im nächsten Moment spürte auch er es: Ein Strom des Geistes berührte sie mit unfassbarer Kraft.
Er hörte Bratlor aufschreien, doch der gellende Laut drang nur wie aus weiter Ferne in sein Bewusstsein. Auch das Stöhnen Shiiyyooms vernahm er – und die unglaublich fern klingenden Schmerzensschreie der anderen Drachen jenseits des Nebels, die wie ein schauriges Echo auf den Schrei Shiiyyooms waren.
Höret die Worte Fjendurs, des kalten Gottes! Höret seine Worte, fürchtet seine lähmende Gegenwart und spürt seine Macht! Auf dass ihr die Macht des kalten Fluchs in Zukunft achtet!
6. Kapitel:
Drachenfluch
Durch die kosmischen Tore tratet ihr in die Welt, aber die Welt genügte euch nicht. Ihr wolltet sie nach eurem Gutdünken neu schaffen. Ihr gabt ihr nicht nur euren Namen, sondern auch euer Gesicht. So ward das Antlitz der Welt runzelig und zerfurcht wie der Schuppenpanzer eines Drachen, und die Erinnerung an die Zeit eurer Herrschaft lastet bis
Weitere Kostenlose Bücher