Katagi (Drachenfluch Zweites Buch) (DrachenErde - 6bändige Ausgabe) (German Edition)
die Haarpracht an, sondern auf das, was sich darunter verbirgt – und das ist in den meisten Fällen leider unverbesserlich!“
„So will ich dir sagen, dass ich keineswegs bis zur Küste des östlichen Ozeans gekommen bin“, eröffnete ihm Bratlor. „Aber auf der Sternenseherschule gab es einige Lehrer, die uns vieles über diese heißen Gewässer zu berichten wussten. Unter anderem von Stürmen, deren Heftigkeit sich in Nichts von den tosenden Unwettern der nordwestlichen See unterscheidet.“
„Ja, das ist wahr“, nickte Liisho. „Manchmal hört der grollende Donner über Tage und Wochen nicht auf, und man hat den Eindruck, dass die unzähligen Blitze den Himmel aufreißen, als würde ein kosmisches Tor geöffnet.“
„Ist das der Grund, weshalb diese Insel nicht mehr bewohnt wird?“, fragte Bratlor.
Da schüttelte der Weise den Kopf. „Nein, der Grund dafür ist ein anderer. Aber den werdet ihr noch früh genug erkennen …“
„Das klingt wie eine finstere Drohung“, meinte Bratlor spöttisch.
„Das ist es durchaus“, erwiderte der Weise Liisho sehr ernst. „Die Insel der Vergessenen Schatten trägt ihren Namen nicht umsonst. Und wäre sie ein lieblicher, angenehmer Ort, dann würden ihn längst Drachenier oder Tajimäer bevölkern, und es wäre unmöglich für mich gewesen, mich hier so lange zu verbergen. Doch nun folgt mir! Ich brauche euer beider Hilfe bei der Versorgung der Drachenwunden. Es gibt da ein paar Tinkturen, die ich für solche Fälle zubereitet habe und die wir nur noch auftragen müssen. Allerdings sollten wir das hinter uns bringen, solange Ayyaam noch schläft, denn diese Prozedur ist für die arme Kreatur nicht unbedingt angenehm.“
Rajin hatte zu dem Wortwechsel der beiden anderen nichts weiter beigetragen. Während Bratlor und Liisho bereits einige Schritte in Richtung des Kuppelbaus zurückgelegt hatten, war Rajin zurückgeblieben. Er hatte – einer plötzlichen Eingebung folgend - das magische Pergament aus dem Gürtel gezogen und entrollt. Dort, wo sich zunächst Nyas und anschließend des Magiers bewegtes Bild befunden hatte, waren nur verwaschene Farbflecke. Doch schon im nächsten Moment begannen sich diese Flecke zu bewegen. Sie flossen ineinander, bildeten Formen aus oder veränderten ihre Farbe.
Liisho musste irgendetwas bemerkt oder gespürt haben, denn er drehte sich um. Als er Rajin so vertieft auf das Pergament blicken sah, erstarrte er. Obgleich der Weise seine Gesichtszüge ansonsten zumeist vollkommen unter Kontrolle hatte, war für einen kurzen Augenblick das pure Entsetzen darin zu lesen.
„Rajin! Fall nicht noch einmal auf dieselbe Magie herein!“, rief er beschwörend.
Rajin antwortete nicht. Er stand einfach nur da, und die Stimme des Weisen erschien ihm wie ein unbedeutendes Geräusch aus weiter Ferne. Nya, dachte er, und am liebsten hätte er ihren Namen laut ausgesprochen, hätte sie gerufen. Er hatte das Gefühl, dass sie ihn vielleicht hören konnte.
Die Farbkleckse bildeten eine Form, die man mit etwas Fantasie als groben Umriss einer menschlichen Gestalt interpretieren konnte. Nya! Wir kann ich nur zulassen, dass man dich gefangen hält?
Liisho kehrte mit weiten, entschlossen wirkenden Schritten zu Rajin zurück. „Gib mir dieses Pergament!“, forderte er derart eindringlich, wie Rajin den Weisen selbst in all den Jahren, da sie nur eine geistige Verbindung miteinander gehabt hatten, nie erlebt hatte. Gleichzeitig spürte er die innere Kraft Liishos in einer nie gekannten Deutlichkeit. Eine Kraft, die es ganz sicher mit jener der stärksten Drachen aufnehmen konnte.
Bis auf drei Schritte ließ Rajin den Weisen an sich herankommen, dann wich er zurück. Das Pergament rollte sich von selbst zusammen, und Rajin umklammerte es mit der Linken. Nein, um keinen Preis der Welt wäre er in diesem Augenblick bereit gewesen, dieses Dokument voller Magie abzugeben.
Rajin sah die Entschlossenheit in den Zügen seines Gegenübers. Der Weise streckte die geöffnete Hand aus. „Gib es mir, Rajin! Gib es mir, bevor es dich vielleicht umbringt!“
Rajin schluckte. Er schüttelte den Kopf. „Es wird mich nicht umbringen.“
„Du hast die Magie des verlorenen Lebens zu spüren bekommen, Rajin! So etwas könnte jederzeit wieder geschehen – und wer weiß, welch uraltes Gezücht an dieser Stelle aus dem Stein hervorbrechen wird, um dich mit Genuss zu vertilgen. Ich habe nicht geahnt, dass du so ein Narr sein könntest, dieses verfluchte
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