Katakomben (Van den Berg) (German Edition)
dass Deflandre das Büro verlassen hatte. So konnte sie dem Kommissar unter vier Augen von ihren wichtigsten Ergebnissen berichten.
Van den Berg schaute die Psychologin ratlos an. Sie hatte es sich zum Prinzip gemacht, erst gründlich zu recherchieren, bevor sie van den Berg in ihre Gedanken einweihte.
Der Kommissar war an dem Punkt angelangt, an dem er nicht mehr wusste, wie sie die Spur zum Mörder aufnehmen sollten, selbst die vage Fährte zu Muller konnten sie nicht verfolgen.
Als Nicole dem Kommissar noch einmal ihr vorläufiges Täterprofil herunterbetete, hatte van den Berg wieder etwas, an das er sich klammern konnte. „Der Mörder hat kein Unrechtsbewusstsein, er sieht sich auf einer Stufe mit Gott. Er glaubt sich im Recht, Leben zu vernichten. Ich denke, dass er deshalb auch die Kirchen für seine Morde wählt.
Es ist ein Ritual“, sagte Nicole ernst. „Ein religiöser Fanatiker, das habe ich doch von Anfang an gesagt“, meinte Deflandre, der mit drei großen Milchkaffees zurück ins Büro kam. Der Polizist lächelte so charmant, als wäre nichts gewesen. „Danke für den Kaffee“, erwiderte Nicole ebenso nett.
Van den Berg war froh, dass sie jetzt wieder konstruktiv über den Fall reden konnten. „Ich hoffe, dass die Kollegen möglichst schnell herauskriegen, wer die dritte Tote ist. Wir müssen wissen, was die Mädchen miteinander zu tun haben.“ Nicole nickte. Es bringt nichts, noch mehr alte Giftmorde rauszukramen. Wir müssen uns im Umfeld der Kirchen umschauen. De Breuyn soll mal alle Fälle raussuchen, bei denen Religion im Spiel war.“
„Ist überhaupt klar, dass wir den Täter in Belgien suchen müssen?“, fragte Deflandre. „Hier ist gar nichts klar, außer, dass wir es mit einem Typen zu tun haben, der auf ganz kranke Weise seine Macht demonstrieren will“, raunte van den Berg. „Es spricht einiges dafür, dass unser Mann in der Nähe ist. Die Opfer sind allesamt Belgierinnen, er hat sie alle an Brüsseler Kirchen ablegt. Verbrecher suchen sich gerne Orte aus, an denen sie sich auskennen. Es macht die Sache einfacher. Aber sicher ist das nicht.“
Jorge hatte den Krankenwagen in einer Seitenstraße der Avenue Louise geparkt, wo er von den Fahndern schnell gefunden wurde. Brauchbare Spuren zu sichern, war schwierig, einige Retter hatten in den letzten Wochen hinterm Steuer gesessen. Man würde die Fingerabdrücke und die DNA von allen nehmen müssen, die den Wagen gefahren hatten. Van den Berg hoffte auf Spuren an dem Ort, an dem der Wagen geknackt worden war, er war am Eingang der Saint-Jean-Clinique geparkt gewesen.
Es war kein Problem, den letzten Standort des Wagens herauszubekommen. Es gab Listen, in denen minutiös vermerkt war, wer mit welchem Wagen wohin gefahren war. Van den Berg ließ sich mit der Krankenhausleitung verbinden. „Der Parkplatz ist videoüberwacht?“ Der Kommissar schlug mit der Faust auf die Tischplatte, sein Feuer war wieder da. Der Staatsanwalt würde bald ungemütlich werden, in seinem Büro auftauchen und ihn mit nervenden Fragen belästigen. Wahrscheinlich würde er sich massiv einmischen, vielleicht an den Tatorten herumstöbern. Beim Gedanken daran zog sich dem Kommissar der Magen zusammen. Nun aber witterte er die Chance, alles schnell aufzuklären. Mit etwas Glück verrieten die Videos, wann der Wagen gestohlen wurde, vielleicht zeigten sie sogar das Gesicht des Mörders.
Sie stiegen in den Streifenwagen und rasten mit Blaulicht und Sirene zum Krankenhaus. Sie hielten direkt vor dem Eingang. Van den Berg sprang als Erster aus dem Wagen und schaute sich suchend um. „Hier entlang“, bat ihn eine junge, korrekt frisierte Frau, die die Beamten bereits erwartete.
Sie wurden in ein kleines Zimmer geführt mit hohen Regalen, voll von Aktenordnern und Videobändern. „Es gibt im Außenbereich drei Kameras“, begann ein kleiner älterer fast kahler Mann, der sich zur Begrüßung von seinem Schreibtischstuhl erhob. „Uns interessiert vor allem die Kamera, die in der Nähe der Krankenwagen angebracht ist.“ „Ich denke, hier müsste drauf sein, was sie suchen.“ Der Mann schaltete einen antiquierten Videorekorder ein und schob die Kassette hinein. Es war das Tape mit den Aufnahmen des vergangenen Tages. „Es sind immer zwölf Stunden drauf. Um zwölf Uhr werden die Kassetten regelmäßig ausgewechselt.“
Die meisten Rettungswagen waren nicht mehr die neuesten, einige hatten 20 Jahre und mehr auf dem Buckel, was es
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