Katakomben (Van den Berg) (German Edition)
auf irgendeinen einen Paul, der zu ihrer Mordserie passte. Van den Berg saß in seinem Büro und studierte eine Galoppzeitung, die Informationen über die Winterrennen brachte.
Der Kommissar wollte, so bald es ging, wieder auf die Rennbahn. Er dachte an seinen letzten Ausflug, der ein so abruptes Ende genommen hatte. Im gleichen Augenblick stürmte Deflandre in sein Büro, er wirkte gehetzt.
„Wir haben einen Hinweis.“ Van den Berg legte die Zeitung beiseite und zog gespannt die Stirn in Falten. „Der Spanier ist mehrmals in Elsene gesehen worden, an dem See am Café Belga“, erzählte Deflandre nervös, der stets die flämischen Namen für die Stadtteile benutzte. „Ausgerechnet in Ixelles“, erwiderte van den Berg mäßig begeistert. „Hast du noch mehr?“ „Er war nicht allein. Hat sich mit einem Typen getroffen. Ich habe eine vage Beschreibung von dem.“ „Da bin ich aber neugierig.“ „Helle, längere Haare, Sonnenbrille. Er war sportlich gekleidet – aber die Zeugin war nicht sonderlich präzise.“ „Wer ist die Zeugin?“ „Eine junge Tussi, die in der Nähe in einem Möbelgeschäft arbeitet. Sie hängt ständig im Belga rum und macht da Pause. Der ist ihr wegen seiner Größe aufgefallen. Er war wohl öfters da, immer mit dem gleichen Typen.“ „Paul“, sagte der Kommissar, während er Deflandre gedankenverloren anstarrte.
Der Jäger stieg in den Aufzug, der sich lautlos in Bewegung setzte. Für ihn war es kein Tag wie jeder andere, es galt, von einem seiner Mädchen Abschied zu nehmen. Ekatherina hatte vor zwei Tagen ihren 20. Geburtstag gefeiert.
Bevor ein Mädchen sterben musste, gab es in den Katakomben immer das gleiche Ritual. Der Königssaal, der größte Raum des Kellergewölbes, verwandelte sich in ein Meer von großen weißen Kerzen. In der Mitte stand ein riesiges Himmelbett, das mit edler Seidenbettwäsche hergerichtet war. An den Wänden des Raumes waren zwanzig Stühle postiert, drei von ihnen blieben diesmal leer. Nachdem der Jäger das letzte Mal mit dem Mädchen zusammen war, war es an Dimitri, seinen ersten Auftrag zu erledigen.
Der Jäger schaute gebannt auf den Monitor. Die Nummer 5 bewegte sich nicht. Sie hielt sich in einem der kleinen Zimmer auf, die in der Mitte der Katakomben gelegen waren. Er wollte selbst nach ihr suchen. Ungeduldig entschied er sich, diesmal das Rad zu nehmen, eine Spezialanfertigung aus Carbon. Natürlich war das Profi-Bike für die Katakomben vollkommen überdimensioniert, aber der Jäger stand auf das Außergewöhnliche, auf technische Perfektion.
Geschmeidig bewegte sich das Rad über den scheinbar endlosen grauen Asphalt. Zwischen der Fahrbahn und dem Laufband waren dezente Hinweisschilder montiert, die den Weg zu den knapp einhundert Zimmern und Sälen beschrieben. Als der Jäger an seinem Ziel ankam, erschrak er. Der Raum war leer. Er dachte nach. Er wollte auf dem Monitor nachschauen, wohin sie sich bewegt hatte, als er etwas unter dem Sessel erspähte.
Er erkannte sofort, dass es Blut war. Auf dem Boden klebte ein kleines Stück Fleisch, das nur wenige Zentimeter groß war. Der Jäger hob es auf und begriff sofort, was das zu bedeuten hatte. Er lief zu dem Rechner, der in der Ecke des Raumes stand, und tippte fünfmal die 8 in die Tasten, den Alarm-Code. Angewidert blickte er auf seine blutigen Hände. Noch nie hatte der Jäger Alarm auslösen müssen. Das Geräusch der Sirene kannte er, er erinnerte sich daran, wie er die Anlage in Betrieb genommen hatte. Aber es passierte nichts, alles blieb still.
Der Jäger hämmerte die Ziffern ein zweites Mal in den Rechner auf die blutverschmierten Tasten. Aber noch immer rührte sich nichts. Hier ist etwas faul, dachte sich der Jäger. Er schwang sich auf das Rad und raste zum Fahrstuhl. Auf dem Weg dorthin fragte er sich, ob das Verschwinden von Nummer 5 und der Ausfall des Alarmsystems etwas miteinander zu tun hatten. Ihn überfiel ein Gefühl der Panik.
Er spürte, dass er die Kontrolle verloren hatte, er musste erst einmal raus hier. Er kam am Aufzug an, wo einer seiner Wachleute patrouillierte. Als er im Begriff war, die Kabinentür zu öffnen, gelang es ihm, wieder einen klaren Gedanken zu fassen. Es brachte nichts, davon zu laufen, es gab ein Problem, und das musste sofort gelöst werden. Er tippte eine E-Mail, in der er Hugo anwies, sofort zu kommen und Dimitri mitzubringen. Es gelang ihm, die Wachmannschaft auch ohne funktionierendes Kontrollsystem schnell
Weitere Kostenlose Bücher