Katakomben (Van den Berg) (German Edition)
zusammenzutrommeln.
Seine Ohnmacht war verflogen, der Jäger war wieder ganz er selbst. Ein heftiges Gefühl der Wut durchzog ihn wie ein Stromschlag. „Bringt mir die Nummer 5. Sofort!“, schrie er wie von Sinnen. Die Wachmannschaft kannte die cholerischen Züge des Despoten. Schon bei weitaus belangloseren Anlässen war er zur Furie geworden. Aber diesmal war es keine bloße Gefühlsregung, jetzt war er zu allem bereit.
Er wies den Techniker an, sofort das System zu überprüfen und die Wachen schickte er los, das Mädchen zu finden. Die Uniformierten zerstreuten sich in alle Richtungen und suchten. Es war nicht leicht, das Mädchen in den verwinkelten Katakomben zu finden. Der Jäger rief seinen IT-Experten zu sich, den Mann, der für das Rechenzentrum verantwortlich war. Der Jäger war absolut sicher, dass der Mann loyal war, unmöglich konnte er etwas gegen ihn im Schilde führen. „Jemand hat dran rum gefummelt“, meinte der unscheinbare Mann leise, während er den Rechner begutachtete. Er fürchtete, den nächsten Wutanfall seines Chefs abzubekommen. Aber der Jäger war jetzt ganz ruhig.
Über dem Computer war eine der vielen Kameras angebracht – sie saß nahezu unsichtbar in der Deckenverkleidung. In Kürze würde er wissen, wer sich an der Anlage zu schaffen gemacht hatte. Er fuhr nach oben, um in der Villa auf Hugo und Dimitri zu warten.
Der schwarze BMW bahnte sich den Weg durch den dicht bewaldeten Weg. Es regnete heftig, Hugo konnte nicht so schnell fahren wie sonst. Der Jäger war so ungeduldig, dass er ihnen selbst die Türe öffnete. Er musterte Dimitri und begrüßte die beiden Ankömmlinge mit einem kurzen Händedruck. Dann zog er sich mit Hugo in die obere Etage zurück, während der Killer unten warten musste.
„Sie kann aus den Katakomben nicht raus – das ist unmöglich“, meinte Hugo ganz entspannt. „Sie weiß, dass sie sterben muss. Ich habe mich schon oft gefragt, warum nicht schon vorher eine auf die Idee gekommen ist, abzuhauen.“ „Wahrscheinlich, weil es nicht möglich ist“, erwiderte der Jäger gereizt. „Das ist aber nur das eine Problem, sie hat einen Helfer“, erklärte der Jäger mit bitterböser Miene. „Jemand hat das Warnsystem außer Gefecht gesetzt. Aber ich denke, dass wir den Verräter identifizieren können.“
Hugo war nun hochkonzentriert. Er liebte Herausforderungen wie diese. Er würde das Mädchen finden, den Saboteur sowieso, daran gab es keinen Zweifel. Hugo gab dem Jäger ein Handzeichen. Sie fuhren mit dem Fahrstuhl in die Tiefe. Die Kabine war so schmal, dass sich die Drei berührten, während sie durch den Schacht rauschten.
Dimitri und Hugo machte die Enge nichts aus, sie mussten während ihrer Ausbildung in der Fremdenlegion mitunter durch noch engere Röhren kriechen. Nur der Jäger fühlte sich äußerst unwohl. Als sich die Tür öffnete, wurden sie bereits von dem Techniker erwartet, der die Aufnahmen in der Zwischenzeit gesichtet und Standbilder ausgedruckt hatte. Neben Hugo und dem Jäger war er der Einzige, der von der Existenz der Kameras wusste – er selbst hatte die Überwachungsgeräte vor fünf Jahren installiert.
Das Band war zurückgespult auf 9:45. Der Jäger schaute erwartungsfroh auf den Monitor und sah einen Mann, der etwa drei Minuten lang die unübersichtliche Tastatur der Anlage studierte und schließlich einen der kleinen Kunststoffhebel nach unten drückte. Der Mann war problemlos zu erkennen, ganz offensichtlich hatte er sich unbeobachtet gefühlt. „Marek“, lachte Hugo vergnügt und blickte erst zu Dimitri, dann zum Jäger, der immer noch finster dreinschaute.
„Den hast du doch erst vor ein paar Wochen aus Polen angeschleppt. War wohl keine so gute Wahl.“ „Marek wurde mir von einem langjährigen Freund aus der Legion empfohlen. Natürlich bin ich tief enttäuscht“, sagte Hugo mit einem tieftraurigen Gesicht. Marek Wojtowicz stammte aus Danzig.
Er war vor sechs Wochen nach Belgien gekommen, erst bei seiner Ankunft in den Katakomben war ihm richtig klar geworden, auf was er sich eingelassen hatte. Ein Kündigungsrecht, das hatte er schnell verstanden, gab es hier nicht. Wärter, die den Wunsch geäußert hatten, auszusteigen, was ab und zu vorkam, waren von Jorge ohne Vorwarnung liquidiert worden.
Marek war im hinteren Bereich der Katakomben in Position. Die drei Männer benutzten das Laufband, den Techniker brauchten sie im Moment nicht mehr. Hugo würde mit ihm später
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