Katakomben (Van den Berg) (German Edition)
die lachend auf bunten Decken im Gras lagen. Im Hintergrund war immer die Bank zu sehen, auf der sich Jorge mit jenem Mann getroffen hatte, in dem sie den geheimnisvollen Paul vermuteten. Wie abgesprochen, hatte die Fotografin nur die Bilder geschickt, die eine mit Leuten besetzte Bank zeigte.
Systematisch gingen die Polizisten alle Fotos durch. Jedes Mal mussten sie auf den gesuchten Ausschnitt scrollen und dann die Zoom-Funktion des Rechners betätigen. Auf den ersten Bildern waren zwei Frauen zu sehen, die der Kommissar auf mindestens siebzig schätzte. Dann kam eine ganze Serie, die eine Mutter zeigte, die mit ihrem Kind lustige Grimassen zog. Es folgten Hunderte Bilder, die nichts Aufschlussreiches boten. Bei den Polizisten machte sich langsam Missmut breit, denn nach einer Viertelstunde hatten sie beinahe alle Fotos durch – kein Jorge und kein Hugo.
Plötzlich riss Nicole ihre Augen auf. „Da!“, rief sie. „Jorge Ramos“, bestätigte van den Berg im gleichen Atemzug. Sie klickten die nächsten Bilder an, aber sie zeigten alle nur den Spanier, der auf der Bank saß und wartete. Nun war nur noch ein einziges Bild zu öffnen. Sie hatten kaum noch Hoffnung, dass jetzt das kam, was sie suchten. Sie klickten das Bild an, aber es öffnete sich nicht. „Entweder ist der Rechner abgestürzt oder die Datei ist im Arsch“, meinte Deflandre. Doch beim zweiten Klicken öffnete sich das Bild. „Bingo!“, rief van den Berg, während er euphorisch auf die Tischplatte schlug.
Auf der Bank saßen nun eine zweite und eine dritte Person. Van den Berg beeilte sich, das gestochen scharfe Foto zu vergrößern. Es zeigte zwei Männer, die sich offenbar angeregt unterhielten. Jorge Ramos schien dem Mann aufmerksam zuzuhören, der mit erhobenen Händen auf den Killer einredete. Sie hatten Glück, dass die rechte Hand des Zweiten nicht dessen Gesicht verdeckte. So war der Mann, der Paul sein musste, gut zu erkennen.
Das Foto zeigte einen Herrn mit kurz geschnittenen braunen Haaren, die sauber gescheitelt waren und einer dunklen Hornbrille. Man konnte sehen, dass er fein gekleidet war – mit einem eleganten dunklen Mantel und einer vornehmen Hose in Mausgrau. Die schwarzen Schuhe glänzten im Sonnenlicht. „Ein schickes Bürschchen“, meinte Nicole süffisant. „Ich kann mir denken, dass du auf solche Typen stehst“, frotzelte Deflandre. Da irrt er sich gründlich, dachte Nicole, die sich jeglichen Kommentar verkniff.
Aber auf dem Foto war noch eine dritte Person. Es war ein auffallend korpulenter Mann, der nicht zu den beiden anderen passte. Er wirkte ungepflegt und trug ein unvorteilhaft geschnittenes Hemd, das zum Teil aus der stark verschmutzten hellen Hose hing. Viel mehr war nicht zu erkennen, weil sich der Mann gerade am Kopf kratzte und der Arm dessen Gesicht verdeckte. „Eric kümmere dich darum, die Fahndung nach unserem Freund einzuleiten.“ Deflandre zog das Foto auf einen USB-Stick, um es von Computerspezialisten bearbeiten zu lassen. „Wenn das Foto fertig ist, geht es an die Presse raus – und ans Fernsehen. Klar?“
Deflandre nickte seinem Chef zu. „Was meinst du, Nicole?“ „Ich denke, das ist unser Mann. Mit wem sonst sollte sich Jorge Ramos auf einer Bank zum Plaudern getroffen haben? Hier ist er erstochen worden. Und das feine Kerlchen hier wird ihm wohl die Kehle durchgeschnitten haben.“ „Oder der Dicke!“ Van den Berg fiel ein, dass die Zeugin, die Deflandre befragt hatte, den Mann ganz anders beschrieben hatte. Der Kommissar fragte sich, warum.
12
Hugo läutete an der Villa – es war das Signal, dass es losging. Der Jäger eilte nach draußen auf die Auffahrt. Der braune Wagen wartete mit laufendem Motor. Hugo riss die Hintertür auf, die drei Mädchen, die durch die synthetischen Drogen völlig apathisch waren, hockten schon unter den Paketen. Der Jäger sprach zum Abschied immer die gleichen Worte. „Es ist Zeit“, hauchte er mit leuchtenden Augen und drückte den Mädchen einen letzten Kuss auf den Mund.
Die Tür knallte ins Schloss. Hugo und der Jäger blickten dem Paketwagen, der rasant davon brauste, gedankenverloren hinterher. „Er wird es perfekt machen“, sagte Hugo, dem der skeptische Blick des Jägers nicht entgangen war. „Ich weiß, dass wir uns keine Fehler mehr erlauben können.“ Die beiden gingen in die Villa, um gemeinsam einen Champagner zu leeren. Auf dem großen Monitor, der im Salon an einer großen Wand aufgehängt war,
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