Katakomben (Van den Berg) (German Edition)
Autobahnkarte und markierte mit einem Fineliner die Route. Er blickte dem Riesen, der neben ihm saß, wortlos in die Augen. Er fragte sich, wie ihre erste gemeinsame Reise verlaufen würde. Dass der Spanier nicht viel redete, das wusste er.
Nach fünfzehn Stunden waren sie am Ziel. Es war nicht schwierig, auf der Straße an die Mädchen heranzukommen. Die meisten ließen sich von Hugos eleganter Erscheinung blenden und sahen in ihm einen Mann mit Geld. Hugo musste zwei Aufgaben lösen: Den Mädchen schmackhaft machen, freiwillig mit in den Westen zu kommen und er musste einen Weg finden, die Minderjährigen außer Landes zu bringen. Für das zweite Problem nutzte er seine alten Kontakte aus der Fremdenlegion.
Vladimir Ruslan war mit ihm in die Söldnerarmee gekommen, um unterzutauchen. In Moskau war er der Kopf einer Fälscherbande gewesen, die im großen Stil Pässe und andere Dokumente nachmachte. Im letzten Moment war er seiner Verhaftung entgangen und nach Südfrankreich geflohen.
Nach seinem Ausscheiden aus der Legion zog Ruslan nach St. Petersburg, um erneut das zu tun, was er am besten konnte. So war es für Hugo ein Leichtes, an Papiere für die Mädchen zu kommen. Hugo fand es zu riskant, sie mit dem Flugzeug nach Belgien zu nehmen, auch wenn die Pässe gut gemacht waren. Er wählte das Auto, die Strecke über Weißrussland und Polen. Die Grenze nach Weißrussland war nicht sonderlich schwer zu passieren, schwieriger war es, unbehelligt nach Polen zu kommen. Hugo kannte einen abgelegenen Grenzposten, an dem die Kontrollen in der Regel ziemlich lax waren.
Junge Mädchen um den Finger zu wickeln, zählte zu Hugos großen Stärken. Seine Masche, sich als Chef einer großen Pariser Modellagentur auszugeben und eine große Karriere auf den Laufstegen der Mode-Metropolen in Aussicht zu stellen, war nicht sonderlich originell, aber ungeheuer effektiv. Den Mann von Welt spielte er perfekt, vielleicht, weil er davon überzeugt war, einer zu sein. Entweder sprach er die Mädchen direkt auf der Straße an oder er besuchte einen jener einschlägigen Klubs der Stadt, die dafür bekannt waren, dass dort sehr junge Girls und wesentlich ältere Männer verkehrten. Jorge Ramos war immer an Hugos Seite, aber in der Regel hielt sich das spanische Muskelpaket dezent im Hintergrund. Seine Anwesenheit diente ausschließlich Hugos Schutz.
Er musste damit rechnen, ins Visier von organisierten Zuhälterbanden zu geraten und für den Fall, dass er in Bedrängnis geriet, war Jorges Anwesenheit äußerst hilfreich.
Sein erstes Opfer hieß Ekatherina. Er hatte keine Lust, unnötig Zeit mit sinnlosen Gesprächen zu vergeuden, also zielte eine seiner ersten Fragen immer auf das Alter. Die 15-jährige passte perfekt ins Beuteschema.
Hugo freute sich diebisch, dass er gleich bei seiner ersten Kontaktaufnahme ins Schwarze getroffen hatte. Der Jäger ließ Hugo bei der Auswahl der Mädchen fast freie Hand. Die Haarfarbe spielte ebenso wenig eine Rolle wie der Teint. Sie durften mager sein oder sportlich durchtrainiert, nur für zu viele Pfunde hatte der Jäger nicht viel übrig. Ekatherina war von schlanker Statur und mit 1,75 Metern groß gewachsen. Ihre langen dunkelbraunen Haare fielen über ein schwarzes eng geschnittenes T-Shirt, das mit einem goldenen Gucci-Zeichen bedruckt war.
Hugo lud das Mädchen in eines der teuersten Restaurants der Stadt ein, machte ihr Komplimente und fragte sie beiläufig nach ihren Familienverhältnissen aus. Es stellte sich heraus, dass sie aus einer Vorstadt von St. Petersburg war, die Schule geschmissen hatte und seit ein paar Wochen bei einer Bekannten wohnte. Hugo spürte, dass er das ideale Opfer gefunden hatte. Es war nicht nötig, Gewalt anzuwenden, wie er es bei Catherine oder Dorothee tun musste. Es war ein Kinderspiel.
Nadja und Olja tanzten ekstatisch, als Hugo sie entdeckte. Die Mädchen standen offensichtlich unter Drogen und reagierten kaum, als er sie ansprach und ihnen auf Russisch etwas ins Ohr flüsterte.
Er geduldete sich, bis sie sich von der Tanzfläche herunterbewegten. „Was möchtet ihr trinken?“, fragte er mit unwiderstehlichem Charme. Die Mädchen hatten keinerlei Hemmungen, die Einladung des Unbekannten anzunehmen und bestellten einen Tequila Sunrise nach dem anderen. Sie ahnten nicht, welchen hohen Preis sie später dafür zahlen würden.
Hugo und Jorge schleppten die angetrunkenen Mädchen ins Grand Hotel, wo er letzte Überzeugungsarbeit leistete.
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