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Katakomben (van den Berg)

Katakomben (van den Berg)

Titel: Katakomben (van den Berg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Prayon
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einer Brille trug er nun stahlblau gefärbte
Kontaktlinsen. Er ging in ein Lokal am De Brouckére, in dem es passables Essen
gab und wo über zahllose Monitore Fußballübertragungen und Nachrichtensendungen
flimmerten. Für Sport interessierte sich der Killer nicht die Bohne – viel mehr
für das, was beim BRT lief. Er erkannte Irina sofort. Hugo verfügte über ein
fotografisches Gedächtnis und hätte alle Mädchen, die er in die Katakomben geholt
hatte, auf der Stelle wiedererkannt. Als er die Worte der Russin hörte, blieb
ein Stück seines Entrecóte im Halse stecken. „Was erlaubt sich dieses
Dreckstück?“, schnaubte Hugo vor sich hin. So intelligent Hugo war, so
berechenbar war er auch. Schon in der Schulzeit hatte er sich nicht beherrschen
können, wenn er provoziert wurde. Als er von einem Mitschüler einmal wegen
seiner Pickel gehänselt wurde, schlug er so lange auf den Jungen ein, bis er bewusstlos
war.
    Als
Irina ihr Interview beendet hatte, winkten sie van den Berg und Nicole zu sich
her. „Gut gemacht! Aber sie gehen keinen Schritt mehr nach draußen, ohne dass
jemand von uns in der Nähe ist, okay?“ Die Russin nickte.
    Die
Kollegen der Sonderkommission waren mächtig angefressen, als sie das Interview
im Fernsehen sahen. „Hast du das genehmigt?“ blaffte De Wilde in Richtung van
den Berg, als die Sonderkommission zusammentrat. „Ich denke, wir sind an einem
Punkt, wo wir den Medien nicht mehr verbieten können, Interviews zu führen.“
„Und das aus deinem Munde!“, schob De Wilde nach. „Hat sonst jemand ein Problem
damit?“ „Das Mädchen hat zwar ziemlichen Mist erzählt, aber das ist ja nicht
unser Problem“, meinte De Breuyn. Die anderen Kollegen hielten sich raus.
    Sie
hatten die Mädchen in einem ehemaligen Kinderheim einquartiert. Das Gebäude war
nicht in allerbestem Zustand, der Putz blätterte von den Wänden, die Möbel waren
morsch und klapprig. Aber das Haus war groß, und es war leicht zu bewachen. Es
zogen auch zwei Psychologinnen in das verwohnte Objekt ein, um mit den Mädchen über
ihren fünf Jahre währenden Alptraum zu reden. Zwei Boulevardjournalisten verfolgten
Irina nach ihrem Interview an der Börse und druckten das Foto des Heims in
ihrem Boulevardblatt. Der Kommissar hätte die widerlichen Schmierfinken liebend
gerne wüst beschimpft und ihnen vorgehalten, die Mädchen in große Gefahr gebracht
zu haben. Diesmal aber spielten ihm die blutrünstigen Schreiberlinge perfekt in
die Karten.
    Van
den Berg und Nicole war klar, dass sie ihren Plan zeitnah umsetzen mussten – gleich
am nächsten Morgen.
    Es
wurde Nacht in Brüssel. Hugo raste vor Wut, gerade lief die Wiederholung von
Irinas infamen Beleidigungen über den Flatscreen. Hugo besorgte sich die
Abendzeitung, jetzt steigerte sich sein Hass auf das aufmüpfige Mädchen ins
Unermessliche – die Beleidigungen prangten in fetten Buchstaben auf der
Titelseite. Als er das Foto des Kinderheims entdeckte, lächelte er leise. Hugo hatte
große Lust, direkt zu dem Haus zu fahren, Irina aufzulauern und sie ohne viel
Tamtam abzuknallen. Aber Hugo wusste, dass er sein Glück in den letzten Wochen
überstrapaziert hatte. Warum unnötige Risiken eingehen? Die Bullen würden das
Gebäude so scharf bewachen, wie einen kostbaren Goldschatz, da war sich Hugo
sicher. Auch wenn man ihn in seinem neuen Look nicht gleich erkennen würde, er
musste verdammt vorsichtig sein.
    Van
den Berg verzichtete darauf, Polizisten vor dem Heim zu postieren. Ihm war
nicht ganz wohl dabei, aber selbst Cops in zivil konnten Hugo vertreiben. Die
Mädchen waren geschützt, aber in einer Weise, dass Hugo davon nichts bemerken
konnte.
    Am
nächsten Morgen nahm sich der Kommissar Zeit für sein Frühstück. Ihm war klar,
dass der Tag der Abrechnung bevorstand. Wenn alles perfekt lief, würden ihnen beide
auf einen Schlag ins Netz gehen. Bevor die Schlacht ins Finale ging, musste er
sich noch ein wenig ablenken. Er schlenderte zu Renard und besorgte sich zwei
Schweineohren mit Schokoguss. Beim Frühstück dachte er an Nicole und nahm ein
Album aus dem Regal, das er lange nicht mehr gehört hatte: „Outlandos d´Amour“
von The Police. Er träumte von früher, von den exzessiven Saufgelagen mit
seinen Kumpels und die zugedröhnten Wanderungen durch die Straßen von Gent.
    Es
war exakt halb neun, als van den Berg im Kommissariat eintraf. Die
Sonderkommission hatte die Ermittlungen mit ihren Recherchen keinen Zentimeter
weitergebracht, die

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