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Katakomben (van den Berg)

Katakomben (van den Berg)

Titel: Katakomben (van den Berg) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Prayon
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Stimmung war hochgradig explosiv. De Wilde versuchte sich
zu profilieren, indem er van den Bergs Ermittlungstaktik kritisierte. De Wildes
Sprüche waren nicht mehr als heiße Luft – das wussten die meisten. Die
Polizisten mussten beschäftigt werden – niemand durfte auf die Idee kommen, ihm
in seine geheimen Pläne hinein zu pfuschen. Die Telefone im Kommissariat
standen nicht still, beinahe im Minutentakt meldeten sich Anrufer, die einen
der beiden Gesuchten gesehen haben wollten. Es war purer Stress, sämtlichen
Hinweisen nachzugehen. Die Kollegen erstickten in Arbeit, niemand würde dazu
kommen, seine Schachzüge zu durchkreuzen. Van den Berg beendete die
Zusammenkunft mit dem Befehl, jedem noch so abwegigen Hinweis akribisch
nachzugehen.
    De
Gruye war mächtig aufgeregt. Er fragte sich, wann es endlich losging. Er musste
sich gedulden, aber sein großer Auftritt würde schon kommen, wenn Fontaine im
Anmarsch war. Gespannt klickten sie in das E-Mail-Postfach, das sie eigens für
Fontaine angelegt hatten. Sie benutzten einen Anonymizer, der ihren Aufenthaltsort
perfekt verschleierte. Fontaine hatte nicht geschrieben. „Er wartet, dass wir
ihm was anbieten, und ganz sicher möchte er nicht zeigen, dass er ungeduldig
ist“, sagte die Psychologin lächelnd. Sie schrieb nur einen Satz: „Wann haben sie
Zeit?“ Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: „Sofort!“ Nicole grinste.
„Er kann es nicht erwarten.“ Sie entschieden, die Aktion durchzuziehen, wenn es
dunkel war. Die Killer waren zwar schwerer zu kriegen – anderseits war es für
die Polizisten einfacher, unauffällig zu arbeiten. „Glaubst du, Fontaine ist
noch hier?“ „Wenn er sich sofort mit uns treffen kann, denke ich schon“,
antwortete Nicole. „Vielleicht will er uns auch nur sagen, dass er für uns
immer Zeit hat, und in Wirklichkeit ist er ganz woanders“, warf De Gruye ein.
„Es ist mir scheißegal, wo der steckt – Hauptsache, er bewegt seinen Arsch
hierher.“ „Heute um 20 Uhr an der Kathedrale St. Michel“, tippte Nicole in die
Tasten. Fontaines Reaktion kam fünfzehn Sekunden später. „Warum an der
Kathedrale?“ „Da sind wir unbeobachtet – ich muss vorsichtig sein.“ „Ich werde
da sein, woran erkenne ich sie?“ Nicole dachte nach. „Er will es aber ganz
genau haben“, meinte van den Berg. „Tun wir ihm den Gefallen!“, erwiderte
Nicole. „Ich trage einen blauen Trenchcoat, ist das okay?“, schlug De Gruye
vor. „Blauer Mantel – und sie?“, schrieb Nicole. „Es reicht, wenn ich sie
erkenne“, antwortete der Jäger. „OK!“ Der kurze Mailverkehr war beendet. „Ich
kann das gar nicht glauben, es kann doch nicht so einfach sein, Fontaine in die
Falle zu locken.“ „Man muss die Menschen nur an ihrem empfindlichsten Nerv
treffen.“ Van den Berg zweifelte daran, dass Fontaine den Köder schluckte. „Er
kommt, warte ab“, sagte Nicole, die sich zu hundert Prozent sicher war. Der
Kommissar blickte nervös auf seine Armbanduhr – es war halb elf.
    Hugo
überlegte, wie er das Haus abchecken sollte. Ein Kamerasystem in der Nähe
anzubringen und aus sicherer Entfernung den Eingang zu beobachten, war eine Möglichkeit.
Hugo hatte eine bessere Idee. Gegenüber dem Heim lag ein unauffälliges kleines
Hotel, das von außen ziemlich schäbig aussah. Als Hugo die Hoteltür aufzog, sah
er, dass am Empfang ein alter Mann döste, der fast achtzig war. „Ich brauche
ein nettes Zimmer“, meinte Hugo lässig. „Wie viele Nächte?“ „Eine! Haben sie
ein Zimmer zur Straße?“ „Kein Problem. Das sind vierzig Euro mit Frühstück.“
Hugo legte dem Alten seinen französischen Pass vor, in dem er Jean-Paul Miller
hieß. „Woher aus Frankreich sind sie?“, fragte der Mann neugierig. „Aus Nimes“,
antwortete Hugo. „Das hört man ihnen nicht an.“ „Ich bin wohl schon zu lange in
Belgien!“ Hugo hasste Leute, die zuviel fragten, aber der Mann würde ihm sicher
keine Scherereien machen. Hugo lief behände die Treppe rauf zu seinem Zimmer,
das im dritten Stock lag. Er zog die vergilbten Vorhänge zur Seite und lächelte.
Von hier aus hatte er den Eingang perfekt im Blick.

 
    Sie
verließen das Kommissariat, um letzte Details abzusprechen. Zur gleichen Zeit
fuhr der Jäger bei Maastricht über die Grenze. Wie Hugo hatte er seine äußere
Erscheinung stark verändert. Die grauen Haare hatten den schwarzen Ton seiner
Jugend bekommen, der dichte Vollbart, den er ebenfalls gefärbt hatte, bedeckte
sein

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