Kater Brown und die Klostermorde - Kriminalroman
beschwichtigend die Hand. »Gleich«, erwiderte er. »Mach dich erst mal fertig.«
Als Alexandra zehn Minuten später mit Kater Brown im Schlepptau ihr Zimmer verließ, lehnte Tobias an der Wand neben seiner Unterkunft. Er stieß sich ab und ging Alexandra entgegen.
»Tut mir leid, dass ich dich eben so angefahren habe, aber ich dachte wirklich, es wäre erst kurz nach sechs.« Als er lächelnd nickte, fragte sie: »Also, was gibt es?«
»Wir waren in Sorge um dich. Wir dachten nämlich, du wärst auch verschwunden.«
»Auch?«
»Ja, Wildens Mitarbeiter vermissen ihren Chef. Er ist weder zum Frühstück noch kurz darauf zum ersten Motivationskurs erschienen«, sagte Tobias.
»Der Chef des Sklaventreiberverbandes? Vermisst ihn tatsächlich irgendjemand? Und möchte ihn wirklich jemand wiederfinden?«
Tobias kratzte sich am Kopf. »Nein, im Ernst. Komisch ist das schon … Sein Cayenne steht unverschlossen auf dem Parkplatz, der Schlüssel steckt noch, aber Wilden ist nirgends zu finden.«
»Würde mich nicht wundern, wenn ihn jemand erschlagen und verscharrt hätte«, brummte sie und bemerkte Tobias’ missbilligenden Blick. »Was denn? Vielleicht hat er mit seiner unerträglichen Art irgendwem den letzten Nerv geraubt.«
Darauf erwiderte Tobias nichts.
»Ach komm, er wird schon wieder auftauchen! Gibt es eigentlich noch Frühstück?« Alexandra konnte Tobias’ Sorge um diesen Choleriker beim besten Willen nicht teilen. Okay, sie wünschte ihm auch nicht, dass ihm etwas Ernstes zugestoßen war, aber sie hätte mit der Suche nach ihm wenigstens zwei Tage gewartet, um erst mal die Ruhe zu genießen.
»Nein, das wird bis sieben Uhr serviert, und das ist schon ein großes Zugeständnis an die Gäste. Früher läuteten die Glocken um fünf Uhr, und bis um halb sechs hatten alle gegessen.«
»Oh, dann will ich mich natürlich nicht beschweren«, merkte sie mit einem schiefen Grinsen an, doch ihre anfängliche Begeisterung für das Konzept des Klosterhotels erhielt einen weiteren Dämpfer.
Sie hatten das Foyer erreicht. Durch das Fenster konnte Alexandra sehen, dass sich die anderen Gäste auf dem Platz vor dem Haupteingang versammelt hatten und mehr oder weniger lebhaft miteinander diskutierten. »Ein paar von ihnen machen aber keinen sehr besorgten Eindruck«, stellte sie fest.
»Jeder reagiert bei so etwas anders«, antwortete Tobias, dem es ganz offensichtlich nicht gefiel, dass sie das Ganze so lässig nahm.
Aber wie hätte sie es sonst nehmen sollen? Bei jeder ihrer Begegnungen hatte Wilden sich wie ein Ekel aufgeführt. Da machte es ihr nun nichts aus, eine Weile auf seine Gesellschaft zu verzichten.
»Ja, vermutlich können es ein paar von ihnen gar nicht erwarten, Wilden für vermisst, verschollen und tot zu erklären«, meinte sie.
Gemeinsam gingen sie nach draußen. Kater Brown schlenderte hinter ihnen her, ließ sich aber Zeit, als wüsste er, dass Alexandra sich nur zu der Gruppe der Hotelgäste begeben wollte, die am Rand des Platzes vor dem Haupteingang warteten.
»Hallo«, begrüßte sie vier Frauen, die zusammenstanden und sich leise unterhielten. »Wir kennen uns noch nicht. Mein Name ist Alexandra Berger, ich bin Journalistin.«
Die vier stellten sich vor, aber bis auf den Vornamen Yasmin der einen Frau und den Nachnamen Maximilian einer anderen konnte Alexandra sich auf die Schnelle keinen der Namen merken.
»Noch immer fehlt von Bernd Wilden jede Spur«, berichtete Frau Maximilian. Sie war zu stark geschminkt, und ihr Busen malte sich unter dem eng anliegenden T-Shirt deutlich ab. Offenbar trug sie absichtlich keinen BH, zumindest ließ das ihr etwas affektiertes Gehabe in Richtung eines sicher zwanzig Jahre älteren, grauhaarigen Mannes mit Schnauzbart und einem kleinen Kinnbart vermuten. Sein verträumter Blick verriet, dass ihm gefiel, was er sah. »Egal, wer von uns versucht, ihn anzurufen, er meldet sich nicht«, berichtete die Frau weiter. »Und in seinem Zimmer ist er auch nicht.«
»Vielleicht möchte er im Augenblick einfach nur nicht gestört werden«, gab Alexandra zu bedenken und drehte sich zu Tobias um. »Oder was meinst du dazu?«
»Ich weiß nur, dass sein Bett letzte Nacht nicht benutzt worden ist und der teure Wagen unverschlossen auf dem Parkplatz steht. Und der Zündschlüssel steckt. Warum steigt Wilden aus dem Auto aus, lässt den Schlüssel stecken und kehrt dann nicht in sein Zimmer zurück?«
Alexandra dachte kurz darüber nach. »Woher wissen wir denn,
Weitere Kostenlose Bücher