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Kater mit Karma

Kater mit Karma

Titel: Kater mit Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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Norden aus den Händen der tamilischen Separatisten befreit – dieses verdammte Sri Lanka.
    Ein Gutes hatte das Ganze immerhin, dachte ich, nämlich, dass Lydia ihre Reise absagen musste. Unter diesen Umständen konnte sie einfach nicht um die halbe Welt gondeln, um auf einem Berggipfel zu hocken. Ich dankte Gott/Buddha/Mutter Natur für meine »Zellveränderungen«.
    Auf der Heimfahrt unter einem stahlgrauen Himmel dachte ich über weitere positive Aspekte nach. Die Ärzte hatten keine Geschwulst gefunden, also konnte es nicht allzu schlimm sein. Andererseits hatten sie sich eingehend nach Krankheiten in meiner Familie erkundigt. Meine Schwester Mary hatte sich vor ein paar Jahren einer Mastektomie unterziehen müssen und zwei meiner Tanten waren an Brustkrebs gestorben.
    Dann fiel mir noch etwas Positives ein. Wenn es tatsächlich etwas Ernstes sein sollte, dann hätte ich endlich eine Entschuldigung, meinen persönlichen Fitnesstrainer, der mich zweimal die Woche quälte, loszuwerden.
    Lydia und Katharine waren in der Küche, als ich durch die Diele polterte und meine Tasche auf den Tisch warf. Meine Mädchen, meine Töchter, waren fast erwachsen. Sie verdienten es, dass ich ihnen die Wahrheit sagte.
    »Sieht so aus, als hätten sich ein paar Zellen in meiner Brust verändert«, sagte ich lächelnd und mit fester Stimme, wie eine Lehrerin, die ihre Schüler zu ein paar zusätzlichen Hausaufgaben verdonnerte. Die Worte hallten von den Wänden wider. Subtilität hatte noch nie zu meinen Stärken gehört. »Aber es ist nicht schlimm.«
    Was für eine Lüge. Die Gesichter meiner Töchter waren merkwürdig ausdruckslos, als sie mich umarmten. Glaubten sie, dass ich ihnen etwas vormachte? Vielleicht tat ich das ja, oder es war ein Traum. Mein anderes Ich beobachtete die Szene von einem Punkt über dem Kamin aus.
    Lydia füllte den Kessel mit Wasser. Bald würde sie den Anruf machen, um ihren Flug zu stornieren. Ich setzte mich auf eines der grünen Sofas und Katharine hockte sich vor mir auf den Boden und lehnte sich mit abgewandtem Gesicht gegen meine Knie. Ich strich ihr über die Haare, während sie reglos auf ihr Buch starrte. Vielleicht weinte sie. Es musste schlimm sein, mit fünfzehn die Mutter zu verlieren.
    Ich fragte mich, ob sich Mütter und Töchter bei ihrer ersten triumphalen Begegnung auf dem blutverschmierten Entbindungsbett auf diesen Moment vorbereiteten. In jedem Anfang steckt ein Ende. Der normale Verlauf sieht vor, dass die Mutter als erste geht.
    Aber doch jetzt noch nicht.
    Wir schienen alle drei nicht fähig zu sein, die Tragweite meiner Worte zu erfassen. Ich liebte meine Töchter mit jeder Faser meines Körpers. Aber wenn in diesem Körper Killerzellen steckten, dann hatte ich womöglich einen schrecklichen Fluch an sie weitervererbt. All mein Bemühen, starke Frauen aus ihnen zu machen, war hinfällig, wenn ich so gefährliche Gene an sie weitergegeben hatte.
    »Geht es dir gut?«, fragte Katharine mit dünner, kindlicher Stimme, die mich an den Tag erinnerte, als ich beim Eislaufen gestürzt war und sie mich vom Eis hochgezogen hatte. Sie war damals erst sieben oder acht Jahre alt gewesen. Mein Steißbein hatte fürchterlich weh getan, aber ich hatte ihr versichert, es ginge es gut. Müttern ging es immer gut.
    »Ja, natürlich«, erwiderte ich und spielte ihr wieder etwas vor.
    »Nur dass mit deinen Zellen was nicht stimmt«, sagte Lydia und warf ein paar Teebeutel in die Kanne.
    »Scheint so«, gab ich in übertrieben munterem Tonfall zurück. »Deshalb hat es ja auch so lange gedauert. Sie haben stapelweise Bilder gemacht und diese dämliche Kuh hat mit mir geredet wie mit einem Baby.«
    Ich traute mich nicht, Lydia zu fragen, ob sie unter diesen Umständen zu Hause bleiben würde. Bestimmt würde sie auch so den Ernst der Lage erkennen und das Richtige tun. Oder Philip würde sie überreden.
    Der Tee war gut, aber ich brauchte etwas Stärkeres. Ich griff in den Schrank und tastete nach der tröstlichen Form der Flasche Cognac hinter der elektrischen Pfanne. Cognac hatte mir geholfen, als ich mich nach Sams Tod in einem kaum auszuhaltenden Schockzustand befand. Nach dem ersten Brennen rann der Schnaps wie ein alter Freund durch meine Kehle.
    Philip kam zeitig nach Hause. Die Mädchen schnitten Gemüse für ein Wokgericht. Ich erzählte ihnen von den vier Belohnungen, die ich mir verdient hätte, und sie lachten zu laut.
    So ist es also, wenn man unter Zellveränderungen leidet , dachte

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