Kater mit Karma
einem Katzentornado heimgesucht, der eine Spur der Zerstörung hinter sich herzog. Falls Cleo uns dieses Geschöpf geschickt hatte, musste es sich um einen gemeinen Trick handeln, um uns daran zu erinnern, was für eine perfekte Familienkatze und Beschützerin sie gewesen war.
Ich brach in Tränen aus. Lydia protestierte und Katharine weinte, während Mary schuldbewusst dreinsah, aber es gab keine andere Lösung.
Wir mussten den Kater zurückbringen.
Ich erhob mich vom Sofa und schleppte mich in die Diele, um die Transportbox zu holen, da hörte ich, wie sich der Schlüssel im Schloss drehte. Philip betrat das Haus mit dem ausgehungerten Blick eines Mannes, der am Ende eines Zwölfstundentages geschmorte Hühnerschenkel riecht.
»Wer ist das denn?«, fragte er, als Jonah auf ihn zuhüpfte, um ihn zu begrüßen.
»Der größte Fehler, den ich jemals begangen habe«, sagte ich. »Würde es dir etwas ausmachen, ihn morgen früh in die Tierhandlung zurückzubringen?«
Jonah setzte sich brav vor Philip hin, musterte ihn eingehend, dann streckte er eine seiner langen Pfoten aus und stupste ihn gegen das Knie.
»Was stimmt denn nicht mit ihm?«, fragte Philip, als Jonah den Kopf schief legte und höflich miaute.
»Hyperaktiv, neurotisch, zerstörerisch, gestört, eitel …«
»Eitel?«
»Er ist wie eins dieser Models. Er weiß, dass er hübsch ist, und das nutzt er aus, um andere zu manipulieren … sieh ihn dir doch nur an …«
Jonah verfolgte mit unschuldigem Blick eine Spinne an der Decke. Er war wirklich wunderbar gefärbt und die Augen, die hinter seiner Räubermaske hervorblitzten, waren zum Dahinschmelzen.
»Was sagen die Mädchen dazu?«
»Sie wollen ihn behalten, aber die tun sich leicht. Es dauert nicht mehr lang und sie sind hier ausgezogen.«
»Du bist ein bisschen ungestüm, was, Kleiner?«, sagte Philip und nahm Jonah auf den Arm. Ein paar Augenblicke lang blieb Jonah auf dem Rücken liegen und streckte seine riesengroßen Kängurupfoten in die Luft, während Philip ihn hinter den Ohren kraulte. Er erwiderte die Liebkosung, indem er Philip die Hand leckte. »Und zärtlich.«
»Er ist anstrengend.«
»Er ist eben ein Junge«, sagte Philip. »Warten wir mal ab, wie es nach dem Essen aussieht.«
»Das ist auch so eine Sache. Erinnerst du dich, wie gerne Cleo gefressen hat? Für ein Stück Hühnchen hätte sie alles getan. Der da weigert sich, irgendetwas zu sich zu nehmen.«
Philip trug ihn in die Waschküche, wo eine Schüssel Trockenfutter und eine Schüssel Nassfutter standen, beide unberührt. Philip setzte Jonah vor dem Nassfutter ab. Der Kater schnupperte daran, leckte versuchsweise einmal darüber und machte sich im nächsten Augenblick gierig darüber her.
Philip sagte, ich solle wieder ins Bett gehen, er werde sich schon um den »Fellbruder« kümmern. Wir waren also bereits bei den Kosenamen? Er entwickelte eine gefährliche Bindung an den Eindringling. Aber ich war so müde, ich wollte nur noch in mein Bett. Lydia klopfte an die Tür und brachte mir ein Tablett mit Essen.
In der Schublade meines Nachttischchens lagen nur noch drei Schlaftabletten. Ich spülte zwei davon mit Wasser hinunter und verabschiedete mich für den Rest der Nacht.
Am nächsten Tag wurden wir noch bevor es richtig hell war von regelmäßigem Klopfen und Glockengebimmel geweckt – es hörte sich wie die Begleitmusik zu einer Invasion von Moriskentänzern an. Philip stieg aus dem Bett. Er hatte den Griff noch in der Hand, als die Tür aufflog und Jonah mit der Angelrute zwischen den Zähnen hereingestürmt kam. Er sprang auf die Bettdecke, legte sie mir in die Hand und trat erwartungsvoll einen Schritt zurück. Philip lächelte und verschwand in der Küche, um Tee und Toast zu machen.
Auf der Decke kauernd, schnurrte Jonah wie ein Motor und wartete geduldig darauf, dass das Spiel begann. Ich war nicht in der Stimmung zu spielen, nicht zuletzt deswegen, weil wir ihn in ein oder zwei Stunden in die Tierhandlung zurückbringen würden. Jonah sah mich fragend an, dann rückte er etwas näher und stupste meine Hand mit seiner weichen Pfote an, die Krallen diplomatisch eingezogen. Wie ein vollendeter Kavalier forderte er mich zum Spielen auf. Meine Hand um die Angel zu legen und sie durch die Luft zu schwingen, konnte doch keine so große Anstrengung sein. Ich war ja wohl nicht so herzlos, ihm einen Korb zu geben?
Seufzend begann ich die Angel mit meinem brauchbaren linken Arm zu schwingen und den nervigen Vogel
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