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Kater mit Karma

Kater mit Karma

Titel: Kater mit Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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überhaupt nicht, wenn ich eine Antwort im Lösungsteil des Rätselhefts nachschlagen muss. Aber wie sollte ich sonst herauskriegen, wie das »Metall mit der Ordnungszahl 22« hieß? Ach ja. Titan.
    »Bei uns.«
    Mein Stift fiel klappernd auf den Boden. Jonah schnappte ihn sich und verschwand damit.
    Ihr Mönch? Dieser Typ! Bei uns wohnen ? Ich öffnete den Mund. Aber es kam kein Ton heraus …
    »Das geht nicht«, sagte ich schließlich. »Wir haben keinen Platz.«
    »Er kann mein Zimmer haben«, erwiderte sie. »Ich schlafe auf dem Sofa.«
    Das hier war unser Zuhause, kein religiöses Meditationszentrum.
    Allerdings war es auch Lydias Zuhause.
    »Wie lange soll er denn bleiben?«
    »Ich dachte, einen Monat«, erklärte sie nüchtern.
    Einen Monat einen Mann beherbergen, der sich für einen Gott hielt?
    »Das ist zu lang«, sagte ich.
    In der Annahme, damit wäre das Thema erledigt, machte ich mich auf die Suche nach Jonah und meinem Stift.
    »Drei Wochen?«, rief sie mir nach.
    Wenn Lydia etwas von mir wusste, dann, dass ich keine begeisterte Gastgeberin bin. Falls überhaupt jemals jemand einen ganzen Monat bei uns wohnen sollte, fielen mir tausend andere Leute ein, in deren Gegenwart ich mich wohler gefühlt hätte, als in der des lächelnden Mannes auf dem Foto in ihrem Zimmer.
    »Wohnen Mönche nicht in Klöstern?«, fragte ich.
    »Na ja, er hat auch schon eine Einladung in ein großes Kloster auf dem Land, wo sie extra für ihn ein Haus gebaut haben, aber er wäre lieber in der Stadt.«
    Wenn dieser Guru bei uns wohnte, würde sein Einfluss auf Lydia noch größer werden. Vielleicht würde er sogar versuchen, auch den Rest von uns zu bekehren. Außerdem war ich immer noch wütend auf ihn, weil er sie nach Sri Lanka gelockt hatte, als ich krank gewesen war.
    »Es geht nicht«, sagte ich.
    »Ich will aber, dass er kommt!«, sagte Lydia und sah mich mit großen feuchten Bambi-Augen an. »Er wird dir keine Umstände machen. Ich kümmere mich um ihn und koche ihm sein Essen. Nicht, dass er viel essen würde. Kann er denn nicht wenigstens ein, zwei Nächte bleiben?«
    Meiner Stier-Tochter zu widersprechen ist seit jeher zwecklos gewesen. Wenn ich mich weigerte, den Mönch über unsere Schwelle zu lassen, würde sie sich ihm aus reinem Trotz noch enger anschließen.
    »Gut, eine Nacht kann er bleiben«, sagte ich seufzend.
    »Zwei.«
    »Meinetwegen«, erwiderte ich und konnte selbst kaum glauben, dass ich das sagte.
    Die Vorstellung, einen Mönch zu beherbergen, wenn auch nur für zwei Nächte, ist unheimlich. Ein Mönch ist zu heilig, um ein Badezimmer mit gewöhnlichen Sterblichen zu teilen. Er braucht Badewanne, Dusche und Toilette für sich allein. Während Lydia das Bad im oberen Stock mehr als bereitwillig für ihn zur Verfügung stellte, hielt sich die Begeisterung ihrer Schwester in Grenzen.
    »Ich dachte, Mönche hätten es eher mit dem asketischen Leben«, grummelte Katharine, als sie ihr Handtuch und ihre Toilettensachen ins untere Bad brachte. »Wie kommt es, dass der so anders ist?«
    Jonah, der empfindlich auf jede Veränderung reagierte, war in höchster Alarmbereitschaft. Wie aufgezogen raste er durchs Haus und miaute ununterbrochen. Er wich Lydia nicht von der Seite und sprang dauernd auf ihr Bett und wieder herunter, während sie es frisch bezog und saubere Handtücher bereitlegte. Ich untersuchte ihr Zimmer auf Gegenstände, die unseren vergeistigten Gast möglicherweise in Verlegenheit bringen könnten. Ein Foto von Lydia und ihren Schulfreundinnen im Bikini am Strand, das Bild einer barbusigen Frau, Ausgaben von Madame Bovary und Anna Karenina aus ihrer Schulzeit.
    Die Essgewohnheiten des Mönchs erforderten spezielle Vorkehrungen. Er würde zweimal am Tag eine vegetarische Mahlzeit zu sich nehmen – allein in seinem Zimmer. Und wie es die religiösen Vorschriften verlangten, würde nichts Essbares mehr über seine Lippen kommen, nachdem die Sonne ihren Höchststand überschritten hatte.
    Wir durften ihn auch keinesfalls anfassen. Händeschütteln, Arm-um-die-Schulter-Legen und Umarmen waren absolut tabu. Der rotbraun Gewandete war noch nicht einmal da und beanspruchte bereits jetzt mehr Aufmerksamkeit als unser verrückter Kater.
    Ich bin nicht stolz auf meine Unfähigkeit, mich an Regeln zu halten. Je mehr ich mich bemühe, niemandem zu nahe zu treten, umso schlimmer wird es. Zum Beispiel entwischt mir, wenn ich einem gläubigen Christen vorgestellt werde, bei jedem zweiten Satz ein »Teufel

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