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Kater mit Karma

Kater mit Karma

Titel: Kater mit Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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Kühlschrank kramte. Auf einem Tablett stand ein Teller mit Reis und Gemüse, den sie dem Guru nach oben bringen wollte. Daneben stellte sie eine zweite Schüssel mit Essen.
    »Für wen ist das?«, fragte ich.
    »Das ist für den Buddha«, erwiderte sie feierlich.
    »Der Buddha isst das?«, fragte ich ungläubig.
    »Das ist eine Opfergabe«, sagte sie und blickte mich streng an.
    Da, schon wieder. Dieses Gefühl, minderwertig und im Unrecht zu sein. Dabei wollte ich mich gar nicht über ihren neuen Glauben lustig machen. Ich war durchaus bereit, meine Unwissenheit einzugestehen. Aber einen Mönch unter meinem Dach zu haben, war einfach ein bisschen zu viel.
    Ein Strom von Schülern, meistens westlicher Herkunft, floss durch unser Haus und ließ sich zu seinen Füßen nieder, um den Neuigkeiten über den Klosterbau zu lauschen. Die Nonnen freuten sich über eine neue Küche, aber er hatte noch viel größere Pläne. Er hoffte, eines Tages auf dem Hügel hinter dem Kloster eine gewaltige Statue errichten zu können.
    Zwischen den Audienzen fragte ich den Mönch nach seiner Herkunft aus. Er erzählte mir, er sei in einem armen Dorf aufgewachsen und habe sich später einem bedeutenden Lehrer angeschlossen. Er zeigte mir Fotos des Mannes, ein würdevoll aussehender Mönch, der über neunzig geworden war, wie er sagte.
    Als junger Mönch hatte unser Gast mehrere Jahre meditierend in einer Höhle verbracht, an deren Eingang schließlich ein kleines Haus gebaut worden war. Danach war er in eine etwas bequemere Unterkunft weiter oben auf dem Hügel umgezogen. Das Höhlenhaus wurde derzeit von einem jüngeren Mönch bewohnt, der ebenfalls viel Zeit mit Meditieren verbrachte. Die Höhle war weiterhin der Mittelpunkt des Klosters.
    Am diesem Nachmittag fuhren wir mit dem Mönch in den Botanischen Garten. Während wir auf den See blickten, fragte ich ihn, wie sich der Buddhismus in Sri Lanka und in Tibet voneinander unterschieden. Seine Antwort war lang und verworren und enthielt nicht besonders schmeichelhafte Bemerkungen über Philips Potential zur Erleuchtung, von denen ich hoffte, dass man sie auf die Sprachbarriere schieben konnte. Glücklicherweise befand sich Philip außer Hörweite und war in ein Gespräch mit einem schwarzen Schwan vertieft.
    Ich wechselte das Thema und erzählte dem Mönch, dass ich ihn kurz nach meiner Operation am Fußende meines Bettes hatte sitzen sehen. Er warf den Kopf zurück und lachte entzückt.
    »Das habe ich getan!«, sagte er und wedelte mit der Hand durch die Luft. »Ja! Das habe ich getan!«
    Aha, zu seinem Repertoire gehörte also auch globale Teleportation. Ich war mir nicht sicher, wer von uns beiden verrückter war – er, weil er dachte, er hätte das getan, oder ich, weil ich ihn gesehen hatte.
    Am zweiten Tag wurde eine außergewöhnliche Abweichung vom üblichen Tagesablauf bekanntgegeben. Der Mönch wollte uns die Ehre erweisen, gemeinsam mit uns an einem Tisch zu Mittag zu essen, vorausgesetzt natürlich, das Essen war vegetarisch und fand vor zwölf Uhr statt.
    Da Sonntag war, erwarteten wir Rob und Chantelle zum Essen. Ich hatte ihnen eine SMS geschickt und sie vorgewarnt, dass sie früh kommen mussten, wenn sie etwas zu essen haben wollten.
    Ich muss zugeben, dass ich schon gemütlichere Familienzusammenkünfte erlebt habe. Ein Mönch am Kopfende des Tisches brachte doch eine etwas andere Atmosphäre mit sich. Nichtsdestoweniger tat jeder sein Bestes, reichte höflich Schüsseln mit Salat, Brot und Bohnen an seinen Nachbarn weiter. Irgendwann ertappte ich Rob dabei, wie er mit sehnsüchtigem Blick nach einer Platte Schinken im Kühlschrank schielte.
    Jonah schien Gott sei Dank von seiner Besessenheit vom Vortag geheilt zu sein und verhielt sich halbwegs normal.
    Nachdem sich jeder bedient hatte, griffen wir zu unserem Besteck und wollten anfangen zu essen, als uns der Mönch daran erinnerte, dass es an der Zeit für einen Segen war. Wir legten Gabeln und Messer klappernd auf den Tisch zurück und senkten die Köpfe.
    »Heißt das, er will ein Tischgebet sprechen?«, flüsterte ich Lydia zu, der unser schlechtes Benehmen peinlich war. Aber mal ehrlich, woher sollten wir denn wissen, dass Buddhisten Tischgebete sprachen? Obwohl, wenn ich so darüber nachdenke, ist es wahrscheinlich in allen Religionen üblich, dass das Essen gesegnet wird.
    Der Segen des Mönchs war besonders ausführlich. Er segnete die Erde, die unser Essen an diesem Tag hervorgebracht hatte, den Regen und

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