Kater mit Karma
die Sonne und die Bauern, die es angebaut hatten. Wir nickten zustimmend und hoben die Gabeln, aber er war noch nicht fertig mit seinem Segen. Wir senkten die Gabeln und betrachteten unsere Teller, während er die Menschen segnete, die das Essen in die Stadt gebracht hatten.
Über dem Tisch hing verlegenes Schweigen. Es dehnte sich aus wie ein Ballon, bis es schließlich das ganze Zimmer füllte und gegen die Terrassentüren drückte. Rob warf mir von der anderen Seite des Tischs einen Blick zu. Philip, rechts von ihm, schien im Kopf eine komplizierte mathematische Gleichung zu lösen. Neben mir presste Katharine das Kinn auf die Brust und schaute weder nach links noch nach rechts. Nur Lydia und den Mönch schien das Fehlen von jedwedem Geräusch nicht im Geringsten zu stören.
Dann fing es an. Ein Scharren in der Waschküche, gefolgt von einem Scheppern. Ich fing Katharines Blick auf. Wir wussten beide, was das war. Jonah hatte sich ausgerechnet diesen heiligen Moment ausgesucht, um sein Katzenklo zu benutzen. Das Scharren wurde lauter und schwoll zu einem entschlossenen Kratzen an. Jonah grub tief in seinem Katzenklo herum, offenkundig hatte er Spaß an dem Geräusch seiner Krallen auf dem Plastikboden. Er grub weiter, immer schneller, bis es klang, als wäre ein Zimmer weiter ein Straßenbauarbeiter zugange.
Der Mönch holte Luft und begann die Menschen zu segnen, die unser Essen gelagert hatten, und die Ladenbesitzer, die es in ihre Regale gestellt hatten. Ein durchdringendes Kratzgeräusch tat kund, was Jonah davon hielt. Katharines Schultern begannen unter einem albernen Schuldmädchenkichern zu beben. Kindisch, aber nicht zu unterdrücken … und unter den gegebenen Umständen äußerst ansteckend.
Ich weiß nicht, woran es lag – vielleicht eine Reaktion auf den Stress –, aber bevor ich mich’s versah, kicherte ich ebenfalls. Ich warf einen Blick auf Robs und Chantelles unbewegte Mienen. Philip war ebenfalls so ernst wie der Direktor eines Beerdigungsinstituts. Sie beherrschten sich so krampfhaft, dass es mich nur noch mehr zum Lachen reizte. Von dem fruchtlosen Bemühen, mein Kichern zu unterdrücken, taten mir die Rippen weh. Je mehr ich mich anstrengte, desto lauter wurde es, bis es dem Schrei eines Esels ähnelte. Es war mindestens dreißig Jahre her, dass mir so etwas passiert war. Ich tat so, als müsste ich husten, aber davon ließ sich niemand irreführen, am allerwenigstens Lydia, deren Wangen so rot leuchteten wie das Gewand ihres Lehrers.
Als das Essen endlich vorüber war, entschuldigte sich der Mönch und zog sich zurück. Lydia klapperte in der Spüle mit dem Geschirr und warf Katharine und mir einen Blick zu, der flüssige Lava hätte gefrieren lassen.
Am nächsten Morgen verabschiedeten wir uns unter Verneigungen und Verbeugungen von dem Mönch und winkten ihm nach, Scheiden tat … gut.
28.
Sehnsucht
Glück ist ein neues rosa Satinband.
Kurz nach dem Besuch des Mönchs fuhr mich Lydia ins Krankenhaus, wo ich eine neue Brustwarze bekommen sollte. Greg hatte mir versichert, das sei lediglich eine kleine »Ausbesserung«, eine Sache von vierzig Minuten und nichts im Vergleich zu den umfassenden Arbeiten, die er sieben Monate zuvor an mir ausgeführt hatte. Mit einer neuen Brustwarze, sagte er, könnte ich wieder hauchdünne Oberteile tragen. Offenbar lebten wir auf verschiedenen Planeten.
Ich konnte verstehen, warum manche Frauen nach einer Brustrekonstruktion auf eine neue Brustwarze verzichteten. Mir selbst war nur zweimal mit einem schmerzhaften Stich bewusst geworden, dass sich an der Stelle, wo früher eine Brustwarze gewesen war, jetzt ein Miniaturhubschrauberlandeplatz befand – das erste Mal, als eine Frau in meine Umkleidekabine geplatzt war, und das zweite Mal, als Philip wegsah, als ich aus der Dusche kam. Aber nach allem, was ich für eine neue Brust auf mich genommen hatte, erschien es mir nur logisch, jetzt auch den letzten Schritt zu tun. Und Greg war ganz wild darauf, noch das Tüpfelchen auf das i zu setzen, sozusagen.
Wenn es etwas gibt, womit man jedes Gespräch zum Verstummen bringt, dann ist es die Ankündigung, dass man sich eine neue Brustwarze machen lässt. Wenn man erklären würde, man bekäme demnächst ein neues Ohrläppchen oder eine neue kleine Zehe, würden die Leute höfliches Interesse zeigen. Nimm das Wort Brustwarze in den Mund, und sie wissen nicht, wohin sie gucken sollen. Brustwarzen haben mit Sex zu tun.
Denjenigen, die den Mut
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