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Kater mit Karma

Kater mit Karma

Titel: Kater mit Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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Rest meines Lebens dafür verantwortlich fühlen. Nein, schlimmer. Schuldig.
    »Hast du das gehört?«, fragte Philip, dessen Ohren auf eine andere Frequenz eingestellt sind als meine.
    »Nein. Was denn?«
    »Miauen. Es kam … von dort drüben«, sagte er und deutete auf den Kamin.
    »Du meinst, dieses erstickte …«
    »Da ist er!«, sagte Philip, der sich auf alle viere niedergelassen hatte und in den Kamin spähte.
    »Er versteckt sich da oben!«
    Ich hatte davon gehört, dass der Weihnachtsmann durch den Kamin kam, und hin und wieder ein Vogel und der Schornsteinfeger mit seinem Besen. Aber eine Katze?
    Die Mädchen und ich sahen verblüfft zu, wie Philip in das dunkle Loch griff. Nach einigem Seufzen und Ächzen kam Ferdie zum Vorschein. Sein Fell war voller Ruß, und sein Stolz hatte einen ziemlichen Dämpfer erlitten. Abgesehen davon war er unverletzt.
    Im Vergleich zu Ferdie war Jonah ein Leichtgewicht und ein schlechter Kämpfer. Es war ein Rätsel, wie er es geschafft hatte, seinen temporären Mitbewohner den Kamin hochzujagen.
    Ferdie war außer sich vor Freude, als das frischgebackene Ehepaar eintraf, um ihn abzuholen. Wir wollten eigentlich nichts sagen, aber Chantelle bemerkte die Rußspuren auf seinem Fell. Mit großen Augen hörte sie zu, als Philip ihr von der Rettungsaktion berichtete. All unseren Bemühungen zum Trotz konnte Ferdie es kaum erwarten, der Psychofolter Jonahs zu entkommen. Ich hatte noch nie eine Katze so bereitwillig in ihre Transportbox springen gesehen.
    Rob und Chantelle stiegen mit ihrer kostbaren Fracht ins Auto. Wir standen auf der Veranda und winkten ihnen nach.
    »Was für ein tolles Wochenende!«, sagte ich mit einem Seufzer, als Philip den Arm um mich legte und wir wieder ins Haus gingen.
    »Abgesehen vom Finale«, ergänzte er.

26.
Helden in Rollstühlen
    Eine Katze kennt kein Selbstmitleid.
    Ich hatte gehofft, Robs Hochzeit könnte ein Wendepunkt für Lydia gewesen sein. Wie jede hübsche junge Frau hatte sie die bewundernden Blicke und die Komplimente, die sie auf der Feier bekommen hatte, genossen. Zu meiner Enttäuschung kehrte sie jedoch schnell wieder zu den weißen Hosen, farblosen Oberteilen und schulterbedeckenden Schals zurück.
    Drei Tage nach der Hochzeit hielt ich es nicht länger aus und fragte Lydia, ob sie wieder nach Sri Lanka gehen würde. Zu meiner Erleichterung erwiderte sie, sie habe sich entschlossen, eine Zeitlang in Australien zu bleiben und sich für Psychologie einzuschreiben.
    Ich nutzte die Gelegenheit, etwas für ihr Aussehen zu tun, und schleppte sie in verschiedene Geschäfte. Meine Versuche, ihr Interesse an Friseurbesuchen und Kleidern zu wecken, schlugen jedoch meistens fehl. Wann immer ich sie dazu überreden wollte, sich von mir ein Kleid kaufen zu lassen, das ihre Figur zur Geltung brachte, musterte sich Lydia mit schief gelegtem Kopf im Spiegel und sagte, es sei hübsch, aber sie wolle wirklich nicht, dass ich Geld für sie ausgäbe.
    Die Verkäuferinnen schüttelten den Kopf, wenn wir mit leeren Händen wieder gingen. Einige sagten, sie hätten noch nie erlebt, dass eine Mutter ihre Tochter anflehte, ihr etwas kaufen zu dürfen, und nicht anders rum.
    Abends ging sie oft zu Meditationssitzungen oder zu Treffen der Buddhistischen Gesellschaft, nie irgendwohin, wofür Lippenstift und hohe Absätze erforderlich gewesen wären. Die Abwesenheit von Männern, passend oder nicht, war anfangs etwas befremdlich, aber nach und nach gewöhnten wir uns daran. Als ich Lydia fragte, was aus Ned geworden sei, antwortete sie, er habe sich in eine Schauspielerin verliebt. Ich suchte in ihrem Gesicht nach irgendeiner Gefühlsregung, konnte jedoch keine entdecken.
    Manchmal spähte ich durch ihre Tür und sah sie im Schneidersitz und mit geschlossenen Augen vor ihrem Hausaltar sitzen, unter dem lachenden Blick des Mönchs und dem nachdenklichen Jonahs.
    Auf der verzweifelten Suche nach irgendeinem Hinweis darauf, was in ihrem Kopf vor sich ging, verlegte ich mich aufs Spionieren und horchte ihre Schwester aus. Katharines Antworten waren nicht besonders befriedigend. Sie sagte, Lydia denke immer noch darüber nach, Nonne zu werden. Oder ein Buch zu schreiben, oder ein Meditationszentrum zu eröffnen. Ich hatte Lydia zwar immer dazu ermutigt, zu träumen, aber diese Ideen kamen mir so wenig fassbar vor wie ein Bild von Chagall.
    Gleichzeitig mit dem Studium nahm Lydia auch die Behindertenarbeit wieder auf und erweiterte ihren Kreis von Schützlingen.

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