Kater mit Karma
noch mal!« oder »Du lieber Gott!« Es wäre besser gewesen, wenn Lydia mir nicht verboten hätte, den Mönch anzufassen. Meine Hände zuckten jetzt schon und verlangten danach, sich um ihn zu legen.
Ich begann mich zu fragen, ob es nicht einfacher wäre, wenn wir ins Hotel zogen, solange er da war. Aber Philip ließ sich nicht erweichen. Er würde sich von niemandem aus seinem Haus vertreiben lassen! Ich schlug Rob und Chantelle vor, das gemeinsame sonntägliche Mittagessen ausfallen zu lassen, aber sie waren neugierig auf den Mann, der Lydia in seinen Bann gezogen hatte.
Selbst unsere aufgeschlosseneren Freunde zogen die Augenbrauen hoch. Eine Tochter, die zum Buddhismus konvertierte, war gerade noch interessant. Einen Mönch zu Besuch zu haben war unheimlich. Ich wischte Staub, saugte (sehr zu Jonahs Missfallen) und wurde immer nervöser.
»Was ist mit Katzen?«, fragte ich Lydia.
»Mag er nicht besonders.«
Jonah warf ihr von seinem Kratzbaum aus einen verächtlichen Blick zu.
»Aber lieben die Buddhisten denn nicht alle Tiere?«, fragte ich. »Sind sie nicht deshalb Vegetarier?«
Sie war zu beschäftigt damit, Pakete mit Tofu und Nudeln auszupacken, um mir zu antworten.
Am Abend traf der Mönch, Charisma verströmend, ein. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, stand ich lächelnd in der Tür und nickte wie einer dieser Dackel, die früher auf den Hutablagen von Autos standen.
Philip war hinter mir, deshalb konnte ich nicht sehen, was er tat – zweifellos irgendetwas Unverbindliches. Katharine stand seitlich von uns und lächelte verhalten. Jonah schoss an uns vorbei auf den Mönch zu und ließ dabei ein trommelfellzerfetzendes Miauen ertönen.
Zu meinem Erstaunen machte Lydia eine tiefe Verbeugung. Ich hätte nicht gedacht, dass meine willensstarke, widerspenstige Tochter über die erforderlichen Muskeln zur Ausführung einer solch übertriebenen Respektsbekundung verfügte. In der Gegenwart dieses Mannes wurde ihr Rücken kerzengerade und ihr Verhalten demütig und unterwürfig.
Der Mönch lächelte uns durch seine Goldrandbrille gütig an. Sein Gesicht war noch genauso glatt wie vor fünf Jahren. Er behauptete zwar, er sei über sechzig, aber genauso gut hätte er fünfunddreißig sein können. Als Anti-Aging-Programm war ein religiöses Leben eindeutig wirkungsvoller als die plastische Chirurgie.
Gefolgt von Jonah und dem Rest der Familie segelte unser Gast durch den Flur. Mir lag sehr viel daran, diesen Mann, der für meine Tochter so wichtig war, zu verstehen. Ich hätte ihn gerne nach seiner Meinung zu dem Krieg in seinem Land gefragt und welche Pläne, wenn überhaupt welche, er mit Lydia hatte.
Nachdem er es sich in einem Sessel am Kamin bequem gemacht hatte, erzählte der Mönch von seinen Reisen. Er war charmant, selbstsicher und in jeder Hinsicht unnahbar. Ein Mann aus einer anderen Welt, sprach er Lydia auf nervtötende Weise als seine Schülerin an. Ich machte mir Sorgen, dass wir ihn nicht mit der gewohnten Ehrerbietung behandelten. Lydia, die mit den Händen im Schoß neben ihm auf dem Boden kniete und zu ihm aufsah, machte das jedoch zweifellos wieder wett. Jonah schien ebenfalls völlig fasziniert von ihm.
Ich war froh, dass es bereits dunkel war, so brauchten wir uns keine Gedanken darüber zu machen, was wir unserem Gast zu essen vorsetzten. Während der Mönch von Spendenaktionen und Vorträgen berichtete, die er während seines Aufenthalts in Melbourne geplant hatte, umkreiste Jonah seinen Stuhl, miaute und versuchte seine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ob es nun an dem beeindruckenden Faltenwurf der Gewänder lag oder an den exotischen Gerüchen aus fernen Ländern, Jonah war hingerissen – und wollte offenbar eine Charmeoffensive starten. Beunruhigt sah ich zu, wie er unter dem rotbraunen Saum verschwand.
»Schhh!«, zischte der Mönch und teilte einen gezielten Tritt aus.
Jonah schoss unter dem Gewand hervor. Er blinzelte verwirrt und schüttelte sich. Nachdem er die Fassung wiedergewonnen hatte, sprang er auf seinen Kratzbaum und begann mit lautem Schmatzen seine intimen Stellen zu lecken.
Wenn Leute nichts essen und nichts trinken, gibt es keinen Grund, lange aufzubleiben. Lydia begleitete ihren Lehrer nach oben, während wir uns besorgt zu Bett begaben. Mit etwas Glück war Lydias Zimmer mönchisch genug, damit er sich wohl fühlte – wenn auch hoffentlich nicht zu wohl.
Am nächsten Morgen wachte ich früh auf und fand Lydia in der Küche, wo sie im
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