Katerstimmung (German Edition)
an.
«Ich … ich geb auch alles zu. Die Mara und die Lulu wollten was zu rauchen, und da bin ich los, weil …»
Hör mir jetzt bloß mit so einem blöden Geständnis auf. Das ist das Letzte, was ich brauchen kann. Du bist das Opfer!
«… na ja, jedenfalls habe ich dann dem Typen …»
«Wie heißt du?», frage ich mit Guter-Cop-Stimme.
«Simon.» Ich schätze, der Kerl ist so verstört, dass er nicht mal bei einer so einfachen Frage lügen kann.
«Simon, du musst uns keine Märchen erzählen. Egal, was man dir angedroht hat. Wir wissen, was hier los ist.»
Simon schaut mich ratlos an.
«Angedroht? Wer? Mara und Lulu?»
«Nein. Die Drogenmafia.»
Ich hätte auch Frank Rijkaard, Michel aus Lönneberga oder der Mann im Mond sagen können – fassungsloser hätte Simon nicht ausgesehen.
«Wir wissen, dass dir das nur untergeschoben wurde. Dass du das als Kurier nach Deutschland bringen solltest. Solche Schweine! Aber jetzt ist der Albtraum vorbei. Das muss wirklich die Hölle für dich gewesen sein.»
Simon hat immer noch keinen Schimmer, in welchem Film er gerade ist, entscheidet sich aber mitzuspielen: «Ja.»
«Du hattest bestimmt noch nie in deinem Leben so viel Angst?»
Simon glotzt mich an und überlegt vermutlich, ob ich komplett einen an der Klatsche habe oder von der versteckten Kamera bin.
«Noch nie.»
«Das bisschen war ja auch nur der Anfang. Die wollten dir wahrscheinlich morgen noch mehr davon unterjubeln, oder?»
Simon hat sich, glaube ich, für komplett einen an der Klatsche entschieden, sieht mich aber als geschenkten Gaul an.
«Ja, äh, ich sollte jetzt vielleicht lieber los, sonst … verfolgen die mich noch!»
«Klar.»
Er geht einige Schritte weiter, dann fängt er an zu rennen, und als er schon nicht mehr in Sichtweite ist, meine ich, ihn laut loslachen zu hören. Kein Wunder. Wenn ich mir vorstelle, ich komme in eine Polizeikontrolle auf der Autobahn und puste 1,8 Promille in die Röhre. Habe schon Angst, beim Idiotentest gefragt zu werden, wie ich meine gegenwärtige Lebenssituation beurteile. Und dann beugt sich der Beamte durchs Fenster und sagt: «Herr Plättgen, machen Sie sich keine Sorgen. Wir sind diesen fiesen Alkoholmoskitos auf der Spur. Halten Sie bei Ihrer weiteren Fahrt am besten die Fenster geschlossen.» Ich würde auch mit 180 wegbrausen, «Das rote Pferd» einlegen und bei jedem «Summ, summ, summ» im Takt hupen.
So euphorisch ich wegen der ergiebigen Recherche bin, so beunruhigt bin ich über den Ausgang des Abends. Es ist schon ein Uhr. Bis ich den Artikel runtergerotzt und mit Foto nach Köln gemailt habe, ist es bestimmt zwei. Und dann müssen wir ja noch zum Club kommen. Auch wenn Tanja meinte, dass man in Spanien nicht vor zwei Uhr losgeht: In Barcelona ticken die Uhren irgendwie anders. Schneller.
Vor dem Computer im Hostel haben sich schon wieder die Engländerinnen breitgemacht. Sie wollen vor dem Weggehen noch schnell schauen, ob Kellner Santi aus dem Loco Coco die Freundschaftseinladung bei Facebook angenommen hat. Ich kann mir keine weitere Verzögerung erlauben und setze Lenny auf die beiden an, der sie zu einem Drink in die Hostelcafeteria einlädt.
Schnellstmöglich suche ich im Internet ein paar Fakten zum existenten Drogenschmuggel nach Spanien, ergänze das um meine Teeny-Theorie und belege es mit Simons Aussagen. Indirekt hat er «Es war die Hölle für mich!», «Ich hatte noch nie in meinem Leben so viel Angst!» und «Das war erst der Anfang! Die wollten mir noch mehr unterjubeln!» gesagt. Ich haue ein paar verständliche Sätze in die Tasten, wähle ein Foto aus Lennys Zehnerserie und schicke das Ganze per Mail an den Express . Jetzt seid ihr am Zug.
Lenny ist sichtlich froh, von den Engländerinnen loszukommen, und verabschiedet sich mit einem wenig herzlichen «See you in Facebook». Es ist die zeitgemäße Variante des abstrakten «Man sieht sich». Klingt viel konkreter und zukunftsträchtiger, bedeutet aber im Grunde das Gleiche: Wir werden uns nie mehr wiedersehen, und das ist auch gut so.
Unser Taxifahrer ist Spanier. Mag im ersten Moment nicht überraschen, aber nach den ganzen Pakistanis, Indern und Bangladeschis dachte ich, der komplette Dienstleistungssektor Barcelonas wird von Asien abgewickelt. Outsourcing. Wir sitzen schon im Taxi, als Wilhelm noch mal ins Hostel rast und wenig später mit Gelis Kamera zurückkommt.
«Wilhelm! Für so was haben wir jetzt keine Zeit. Ana wartet!»
«Jaja, die wartet schon
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