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Katerstimmung (German Edition)

Katerstimmung (German Edition)

Titel: Katerstimmung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Reinartz
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neulich im Supermarkt auf Fischtheke und Brotauslage deutete und mit lauter Stimme verkündete: «Da waren eben nur fünf Brote und zwei Fische!» Lügen, um die Frohe Botschaft zu verkünden.
    Señora la Profesora erzählt, dass sie mit ihrem Namen dennoch ganz zufrieden ist. In Honduras musste die Regierung angeblich vor kurzem eingreifen, nachdem der Trend im Land anhielt, Kinder nach Autoersatzteilen zu benennen. Seither stehen Bujía und Llanta de Milagro auf dem Index. Zündkerze und Wunderreifen. Wilhelm wird sich mit seinem Namen gerade fühlen wie ein Grippekranker, der zum ersten Mal in seinem Leben von Aids hört.
    Aids, ungeschützter Geschlechtsverkehr, Ana. Mein Gehirn schafft schlechtere Überleitungen als Moderatoren beim alternativen Bürgerfunk. Ob sie sich noch mal bei Klaus wegen meiner Nummer gemeldet hat? Eigentlich hatte ich die ganze Geschichte ja schon abgehakt. Aber wenn sie doch …? Ich schaue auf mein Handy und rede mir ein, dass ich nur die Uhrzeit wissen will und überhaupt nicht auf eine SMS von Ana spekuliere. So wie fast schon vergessene Freunde, die einfach nur so anrufen und sich nach deinem Wohl erkundigen. Ohne auf einen Schlafplatz bei ihrem anstehenden Besuch in deiner Stadt zu spekulieren.
    Mein Handy ist aus. Stimmt! Aus Respekt vor Dr. Wilhelm Kamphaus’ Vögelvortrag hatte ich’s ja abgeschaltet. Ich gebe meine PIN ein und erschrecke. 13 Anrufe in Abwesenheit und eine SMS. 7-mal Klaus Thomann, 6-mal der Kölner Express . Wenn ich denen jetzt erzähle, dass ich nichts drehen konnte, weil wir von einer Drogenbande überrascht und die Küste entlanggescheucht wurden – ich würde zum ersten Mal die Wahrheit erzählen, und sie würden es zum ersten Mal nicht glauben. Die hören erst mal nichts von mir. Aber von wem ist die SMS?
    Von einer unbekannten Handynummer. Kein Problem, ich habe ja auch gar nicht mit einer Nachricht von Ana gerechnet. Und habe bei 13 Anrufen in Abwesenheit auch gar nicht gedacht, einer könnte von ihr sein. Alles okay. Ich merke schon, dass ich mich selbst noch schlechter belüge als andere. Ich lese.
    «Hallo, Max, ich bin Ana. Möchtest du mit mir etwas trinken?»
    Was??? Noch mal lesen.
    «Hallo, Max, ich bin Ana. Möchtest du mit mir etwas trinken?»
    Das steht da wirklich. Hat die noch alle Buden auf dem Rummel? Da treibt die mich durch ganz Spanien über Flughäfen und Fernstraßen in Innenstädte und Clubs, lässt mein Herz Achterbahn fahren, hin und her, und kommt auf einmal mit einer SMS um die Ecke, als wäre nichts gewesen!? Ich schreib meiner Frau ja auch nicht zur Silberhochzeit: «Hey, du, find dich ganz süß, würd dich gern näher kennenlernen.» Und dann auch noch mit neuer Handynummer. Die fängt auf einmal wieder bei null an. Einsteigen zur nächsten Runde. Wer will noch mal, wer hat noch nicht? Aber nicht mit mir!
    «Wo denn? Valencia? Barcelona? Oder dieses Mal Madrid?»
    Lenny hatte für Antworten auf wichtige SMS mal die Puls-durch-10-Regel aufgestellt. Das Ergebnis gibt die Minuten an, die man sich mit der Beantwortung Zeit lassen sollte. Aber was soll ich jetzt eine halbe Stunde rumsitzen? So eine kleine Provokation hat Ana schon verdient, nach all dem Chaos. Obwohl sie in Valencia vielleicht nie war. Und mich da ja auch nicht hinbestellt hat. Dann ist die SMS irgendwie blöd. Aber es ist zu spät. Strg-Z klappt im echten Leben leider immer noch nicht. Früher wäre man zum Briefkasten gelaufen und hätte die Nachricht mit der Chamäleonzunge aus dem Yps-Heft zurückgeholt. Und jetzt? Einen Moment lang lausche ich dem Gespräch vor mir. «Für mich ist Peter Wackel neben Günter Grass der bedeutendste zeitgenössische Schriftsteller Deutschlands überhaupt», doziert Wilhelm gerade, da piept schon wieder mein Handy.
    «Eh!? Valencia ist eine von meine Lieblingsstädte ;) W84U um 10?»
    Hat die jetzt komplett ein Rad ab? Ein Riesenrad? Die will, dass ich nach Valencia komme. Dieses Mal tatsächlich. Ich rufe die an. Oder stimmt das echt mit dem Mysterious Girl 3000? Stellt die mir Rätsel, die ich bisher immer falsch gelöst habe? Vielleicht rufe ich doch nicht an. Aber ich fahre nicht einfach so nach Valencia. Nä. Ich bin der schon viel zu lange hinterhergelaufen. Ich habe ja auch meinen Stolz! Nur wurde der gerade von Mama Herz mit zehn Euro auf die Kirmes geschickt.
    «Wo denn genau?», texte ich zurück.
    Nur zur Sicherheit. Heißt noch lange nicht, dass ich da hingehen würde. Auf gar keinen Fall. Ich will es nur

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