Kates Geheimnis
großen Eindruck auf mich machte, aber letzten Sommer stand Kate neben mir und stach mich aus, so dass ich nur das Mauerblümchen war - und kaum selbstbewusst genug, mich auch nur mit ihm zu unterhalten. Wie sehr sich das geändert hat. Dennoch, ich gebe zu, dass ich eifersüchtig war, als ich ihn mit Kate flirten sah. Aber wenn er sich in irgendeiner Weise für sie interessiert haben sollte oder sie für ihn, so war das entweder nur meine Einbildung, oder sie haben beide ihr Vergnügen anderswo gefunden. Ich habe die beiden seit unserer Woche auf Swinton Hall oft zusammen in einem Raum gesehen. Sie sehen sich nicht einmal an -
wenn es da jemals eine Neigung gab, so endete sie mit unserer Woche auf dem Lande.
Ich bin glücklich. Ich liebe Kate, wirklich und wahrhaftig, und ich wünsche ihr eine gute Partie (sie sollte sich ihren Ehemann unter den neureichen Amerikanern suchen), aber ich werde Lord Braxton heiraten. Ich liebe ihn schon, während ich Dir nur von ihm erzähle, liebes Tagebuch, und ich werde seine Frau sein, ich werde die Mutter seiner Kinder sein und seine Häuser und Güter verwalten. Und eines Tages werde ich die Countess of Collinsworth sein. Das habe ich mir geschworen. Und ich zweifle nicht im Geringsten daran.
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Mutter gestattet mir, morgen an einer kleinen Weihnachtsfeier teilzunehmen. Edward wird auch dort sein. Ich kann es kaum erwarten.
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Achtzehn
J ill schloss ihre Wohnungstür auf, bückte sich nach ihren Taschen und drehte sich noch einmal zu Alex um, der in seinem eleganten silbernen Sportwagen davonfuhr. Sie wollte ihm nachwinken, aber sie hatte keine Hand frei. Stattdessen lächelte sie, obwohl sie sicher war, dass er es nicht sehen konnte.
Sie ging hinein. Sie fühlte sich schon heimisch in dieser Wohnung. Sie war gemütlich und einladend, und Jill freute sich sehr, wieder da zu sein, Der Ausflug nach Yorkshire war ganz anders verlaufen, als sie erwartet hatte. Jill schauderte, wenn sie an all das dachte, was sie erfahren hatte.
Lady Eleanor saß vor ihr auf der Treppe und leckte eine ihrer Samtpfoten.
Jill stellte ihre Taschen in den Flur und ließ die Haustür zufallen. »Hi, Lady E.«, sagte sie leise.
Die Katze unterbrach ihre Wäsche und miaute.
Jill ging hinüber und setzte sich neben sie. Sie fühlte sich so allein - so hatte sie sich an diesem Wochenende nie gefühlt. Aber da war sie ja auch nicht allein gewesen. Sie hatte Alex als Freund dabei gehabt - und als Liebhaber, für eine einzige Nacht.
Jill schüttelte sich, um diese Gedanken zu vertreiben. Lady E. war nicht vor ihr geflohen. Jill 533
berührte zaghaft ihr weiches Fell. Die Katze begann zu schnurren, und Jill streichelte weiter ihren Rücken.
Sie war erschöpft und dachte sehnsüchtig daran, ins Bett zu kriechen, obwohl es erst ein Uhr nachmittags war. Aber sie fürchtete sich vor dem Schlaf, weil sie Angst hatte zu träumen - und was,
wenn sie wieder schlafwandelte, wie letzte Nacht?
Diese Idee war mehr als beängstigend: Eine Horrorvorstellung.
Jill rief ihre Nachbarin an, fest entschlossen, sich auf die Lösung für Kates Rätsel zu konzentrieren und sich nicht von Gefühlen ablenken zu lassen, die ihr nicht einmal willkommen waren. »Wie war’s in Yorkshire?«, fragte Lucinda, nachdem sie sich begrüßt hatten.
»Ich habe so viel herausgefunden«, sagte Jill. Sofort bekam sie Kopfschmerzen. »Lucinda, kennen Sie einen Graphologen, der ein paar Unterschriften für mich vergleichen könnte? Und zwar schnell?«
»Ja, ich kenne jemanden. Ich hab schon in so vielen Museen gearbeitet, und wir brauchen oft Experten für Handschriften, um Kunstwerke, alte Briefe und solche Sache verifizieren zu lassen.« Lucinda gab ihr Namen und Telefonnummer eines Arthur Kingston, der sein Büro in Cheapside hatte. »Wozu brauchen Sie einen Graphologen, Jill?«
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Jill erzählte ihr von den Krankenhausakten, der Geburtsurkunde und der Quittung mit der Unterschrift von Jonathan Barclay.
»Soso«, sagte Lucinda gedehnt. »Sie sind wirklich auf einige interessante Hinweise gestoßen. Wie gefällt Ihnen Stainesmore?«
»Es ist wunderschön«, erwiderte Jill. »Lucinda. Wir haben Kates Grab gefunden.«
Es entstand eine kurze Pause, in der Jill Lucindas Überraschung förmlich spüren konnte. »Sie haben was?«
Jill erzählte ihr von dem kleinen, unauffälligen Grabstein und der Inschrift. »Ist das nicht unglaublich?«
»Ich bin völlig perplex«, antwortete Lucinda. »Ich weiß gar nicht, was ich davon
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