Kates Geheimnis
er es nicht geschafft hatte, sie zu verletzen oder gar zu töten, indem er die Bremsleitungen ihres Mietwagens zerschnitten hatte?
War er ihr gefolgt, um zu verhindern, dass sie die Wahrheit herausfand - und wenn ja, wie weit würde er gehen?
Jill konnte nicht klar denken. Selbst wenn sie sich an all die Gelegenheiten erinnerte, bei denen Alex nett zu ihr gewesen war, und daran, dass jeder aus der Familie Lady E. hätte töten und ihre Bremse hätte sabotieren können. Es musste ja nicht Alex sein.
Vielleicht war er heraufgefahren, weil er sie vor demjenigen beschützen wollte, der sie da draußen bedrohte und verfolgte.
Jill hatte ihre Tür einen Spalt geöffnet und linste zitternd zu seiner offen stehenden Schlafzimmertür hinüber. Sie musste herausfinden, auf wessen Seite Alex wirklich stand. Nur, weil er ihr Geld geben 654
wollte, damit sie den Mund hielt, war er noch lange kein Mörder. Sie musste seine Sachen gründlich untersuchen. Vielleicht konnte sie seine Handy-Mailbox abhören. Wenn sie es schaffte, würde sie sogar versuchen, in seinem Mini-Notebook herumzuschnüffeln, um zu sehen, ob er Kopien der vermissten Briefe hatte. Aber der Computer stand unten in der Bibliothek. Jill war fast erleichtert.
Ihr Puls spielte verrückt; sie war ein einziges Nervenbündel. Es war kaum ihre Art, sich in sein Zimmer zu schleichen und es zu durchwühlen. Sie konnte sich vorstellen, wie er reagieren würde, falls er sie erwischte.
Jill holte tief Luft und huschte zu seiner Tür. Sie schob sie langsam weiter auf. Ihr Blick flog über das gemachte Bett, die Möbel und, großer Gott, das Notebook auf dem Tisch. Wie verhext starrte sie auf das kleine, graue Gerät und konnte ihr Glück gar nicht fassen - er hatte es mit nach oben genommen.
Dann bemerkte sie, dass die Modemleitung am Telefonstecker angeschlossen war und dass neben dem Tisch auf dem Boden ein kleiner, schwarzer Gegenstand lag.
Jill schlüpfte ins Zimmer und machte die Tür hinter sich zu. Wenn das Modem angeschlossen war und er es mit heraufgenommen hatte, dann zu dem Zweck, EMails zu empfangen oder zu versenden - ganz ungestört. Ihre Gedanken überschlugen sich. Das war 655
ihre Chance - vielleicht ihre einzige. Aber sie brauchte das verdammte Passwort.
Ihr Herz schlug jetzt so laut und beängstigend, dass sie kaum Luft bekam. Jill ging zu dem Notebook, öffnete es und schaltete es ein. Während sie darauf wartete, dass der winzige Bildschirm zum Leben erwachte, kniete sie sich hin und sah sich den kleinen, schwarzen Gegenstand an. Es war ein tragbarer Drucker.
Ihr Puls raste. Jill sah sich um, fand seine Aktentasche und tatsächlich, es war ein Kabel drin.
Sie ging zu dem Notebook zurück und schaute dabei zufällig aus dem Fenster. Gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Alex in einer schicken Badehose in den Pool stieg und sich energisch abstieß.
Ihr Herz überschlug sich. Hoffentlich ließ er sich so richtig Zeit beim Schwimmen. Wenn er ein paar Runden drehte, war dies die perfekte Gelegenheit für Jill - denn so konnte sie ihn im Auge behalten.
Jill setzte sich aufs Sofa vor das Notebook. Der Bildschirm verlangte die Eingabe des Passwortes. Jill dachte angestrengt nach. Die meisten Leute benutzten dafür etwas Vertrautes, das ihnen etwas bedeutete.
Alex war clever und hatte einen trockenen Humor. Jill versuchte es mit allen Namen aus seiner Familie, vorwärts und rückwärts. Plötzlich hielt sie inne. Sie tippte ihren eigenen Namen ein und erwartete, dass Windows auf dem kleinen Monitor erscheinen würde.
Nichts geschah.
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Ihre Zuversicht schwand. Sie war so sicher gewesen
- und jetzt fiel ihr nichts mehr ein.
Denk nach! Leise knirschten ihre Zähne. Alex -
Collinsworth Group, Brooklyn, Princeton, Kaschmir, Jeans, der Lamborghini ...
Jill schnappte nach Luft und tippte »Lamb«.
Windows 98 füllte den Bildschirm.
»Ja«, sagte sie grimmig und schaute aus dem Fenster. Er teilte das Wasser mit den geschmeidigen, präzisen Schlägen eines geübten Schwimmers. Jill ging auf »Suchen«. Sie tippte »Gallagher« und ließ die Festplatte absuchen.
Wie gelähmt sah sie zu, als der Bildschirm sich mit Buchstaben füllte. Zu ihrem Entsetzen waren in einem Ordner eine ganze Reihe Gallagher-Dokumente aufgeführt. Jill erinnerte sich daran, dass er ein paar Artikel für sie aus dem Internet heruntergeladen und sie unter »Annes Hochzeit«
abgelegt hatte, aber das war es nicht, was sie nun vor sich hatte. Die ersten vier Dateien
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