Kates Geheimnis
habe die letzten fünfundzwanzig Jahre Seiner Lordschaft gewidmet. Was Sie da tun, ist unerträglich - Sie zerstören einen großen Mann und seine Familie -
beschmutzen ihre unsterbliche Ehre.« Ihre Augen blickten hart. »Mr. Preston, ich wünschte wirklich, Sie wären nicht hier. Aber Sie sind da, und jetzt muss ich das kleinere Übel wählen. Bitte treten Sie beiseite.«
Alex rührte sich nicht. »Lucinda, Jill hat nicht die Absicht, irgendjemanden zu zerstören«, sagte er ruhig. »Warum geben Sie mir nicht die Waffe, bevor noch jemand verletzt wird und Sie sich eines Verbrechens schuldig machen?« Er sprach mit fester, gebieterischer Stimme. »Wir wissen doch beide, dass 707
Sie die Bremsleitung nicht durchgeschnitten haben.
Diese Angelegenheit muss nicht noch schlimmer werden, als sie schon ist. Ich denke, wenn wir uns in der Mitte treffen und einen Kompromiss finden, werden wir am Ende alle zufrieden sein können.«
»Sie ist zu weit gegangen, Mr. Preston«, sagte Lucinda ebenso ungerührt und blieb ruhig stehen wie eine Statue. Die Hand mit der Waffe zitterte nicht, nicht ein kleines bisschen, und das ängstigte Jill noch mehr. »Ich hatte gehofft, dass Sie oder Thomas sie von ihrer Mission abbringen würden, aber keiner von Ihnen hat es geschafft. Wenn ich geahnt hätte, dass es so weit kommen würde, hätte ich mich niemals mit ihr angefreundet.« Sie starrte Jill an. »Es war wirklich erstaunlich, als ich Sie das erste Mal gesehen habe, meinte ich, einen Geist vor mir zu haben. Ich habe sofort die Verbindung zwischen Ihnen und Kate gesehen. Wie alle anderen wohl auch. Und ich habe gedacht, Gott sei Dank muss Anne das nicht mehr erleben. Wenn sie wüsste, dass Sie mit ihrem Enkel zusammen waren, dass Sie nach London gekommen sind, dass Sie sich hier herumtreiben, würde sie sich im Grab umdrehen.
Ich habe einen schlimmen Fehler gemacht. Ich bin davon ausgegangen, dass Sie herausfinden würden, dass Kate Ihre Urgroßmutter war - ja, das war sie, meine Liebe - und dass Sie es dabei belassen würden.
Kates Sohn Peter hat die Familie gehasst - Anne hat ihn gehasst, und Edward war nie da. Mit achtzehn ist er weggelaufen und nach New York ausgewandert -
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er hat ein kleines Vermögen sowie alle Rechte seiner Herkunft einfach aufgegeben. Ich konnte ja nicht ahnen, dass Sie so unglaublich starrköpfig sind.«
»Lucinda, geben Sie mir die Waffe«, sagte Alex.
»Jill will niemanden zerstören.«
Jill ergriff sein Handgelenk. »Peter ist also in der Familie aufgewachsen?«
»Nein, nicht direkt. Seine ersten Lebensjahre hat er in Stainesmore verbracht, bestens versorgt, so wie Edward es wollte. Sobald er alt genug war, wurde er nach Eton geschickt. Es ist ihm sehr gut gegangen, allerdings erlaubte Anne niemals, dass er auch nur einen Fuß in eines ihrer Häuser setzte - Uxbridge Hall und das Haus in Kensington Palace Gardens eingeschlossen. Aber kann man ihr das verübeln?«
Jill konnte so viel Neues kaum noch verdauen.
»Woher wissen Sie so genau, dass Kate meine Urgroßmutter ist?« Lucinda hatte ja keinen DNS-Test machen lassen.
Lucinda lächelte. »Anne hat Tagebuch geführt. Ihr ganzes Leben lang. Darin steht einfach alles. Als Peter davonlief, brach er Edward zum zweiten Mal das Herz. Wie wütend Anne darüber war. Nicht, weil Peter weg war - das freute sie sehr , sondern weil Edward so traurig darüber war. Und er hat sogar Privatdetektive angeheuert, um seinen Sohn zu finden
- gegen Annes Willen. Ich bin mir sicher, dass Edward wusste, wohin Peter gegangen war, und ich glaube auch, dass er mehrmals versucht hat, mit ihm 709
in Kontakt zu treten.« Lucinda zuckte mit den Schultern. »Aber Peter wollte mit der Familie nichts mehr zu tun haben, nie wieder.«
Jill war sprachlos.
»Mr. Preston, gehen Sie von ihr weg. Ich will Sie nicht verletzen.« Alex blieb reglos stehen. »Geben Sie mir die Waffe«, sagte er. Er machte mit ausgestreckter Hand einen Schritt auf Lucinda zu.
Sie richtete die Waffe auf ihn, und Jill schrie auf.
Sie hatte entsetzliche Angst. Nicht um sich selbst, sondern um Alex. »Ich nehme an, Sie mögen sie, Mr.
Preston. Aber leider nützt das nichts. Und ich bin sicher, dass Sie irgendwann zu demselben Schluss gelangen werden.«
»Lucinda«, sagte Jill rasch, »geben Sie Alex die Waffe. Ich weiß, dass Sie niemandem etwas tun wollen. Es hat schon genug Skandale und Intrigen für ein ganzes Jahrhundert gegeben, meinen Sie nicht auch?«
»Jeglicher Skandal, der hieraus
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