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Kates Geheimnis

Kates Geheimnis

Titel: Kates Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
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wurde sie über die Klippen geworfen.«
    Jill hasste diese Vorstellung. Einen Augenblick später entließ Alex die Gärtner, wobei er darauf bestand, dass sie ihn mit Mr. Preston anredeten, nicht mit »Mylord«, und jedem ein paar Pfund in die Hand drückte. Dann stellte er sich neben Jill zwischen die verfallenden Mauern.
    »Ich schätze, das Ganze war von Anfang an ein Schuss ins Blaue«, sagte Jill.
    »Wirklich? Sie war eine außergewöhnliche Frau, und sie war deine Urgroßmutter. Vielleicht war das alles, was wir überhaupt herausfinden sollten«, sagte Alex und legte ihr die Hand auf die Schulter.
    Jill lächelte leicht. »Du wirst noch esoterisch.«
    Frustriert trat sie mit dem Fuß in den Dreck und sah, wie ein Stein fortkollerte und an die gegenüberliegende Wand stieß. Erstaunt starrte sie dorthin. Und fühlte einen Druck auf der Schulter.
    Zuerst dachte sie, es sei Alex, der sie ermutigte, 743

    weiterzugehen. Aber dann merkte sie, dass sie nicht mehr neben ihm stand und sich diesen Druck nur eingebildet haben konnte.
    Jill starrte auf die trübselige graue Mauer.
    Und als sie nach unten sah, sprang ihr plötzlich etwas ins Auge. Jill ließ sich auf die Knie fallen und starrte mit rasendem Herzen weiter
    dorthin, fragte sich, ob das wirklich ein kaum sichtbarer Buchstabe an der Wand war, und dachte: Nein, das kann nicht sein.
    »Jill?«
    Jill hörte Alex kaum. Sie fegte den Dreck von dem rauen Stein und sah, wie ein grobes A unter der uralten Schicht aus Staub und Erde zum Vorschein kam. Fasziniert begann sie, mit bloßen Händen einen ganzen Abschnitt der Wand zu säubern. Mit weit aufgerissenen Augen sah sie schließlich ungläubig zu, wie ihre Hände einen Buchstaben nach dem anderen freilegten.
    »Oh Gott!«, rief sie. »Alex, komm mal her! Es ist eine Botschaft - von Kate!«
    744

Achtundzwanzig
    6. Oktober 1909
    E s war ein besonders strahlender Tag im Spätsommer. Er hätte trübselig und grau sein müssen.
    Denn Edward empfand es als schrecklich schmerzvoll, Coke’s Way wiederzusehen. Er wusste, er hätte nicht kommen sollen.
    »Papa.«
    Edward bemerkte, dass sich das sechzehn Monate alte Bündel in seinen Armen wand und herunter wollte. Sanft stellte er Peter auf den Boden. Der kleine Rotschopf schwankte unsicher, strahlte Edward an, der nicht zurücklächeln konnte, und watschelte dann auf das mit Brettern vernagelte Haus zu.
    Plötzlich füllten sich Edwards Augen mit Tränen.
    Der Schmerz wollte einfach nicht nachlassen. Die Trauer, die Wut, die Verwirrung, das Selbstmitleid.
    Es gab Zeiten, da er alles vergaß, nur um sich dann plötzlich, mit einem Schlag, an alles zu erinnern.
    So wie jetzt.
    Er fuhr sich mit dem Ärmel seines Reitmantels übers Gesicht, gewann seine Fassung wieder und ging seinem Sohn nach. Er war seit über einem Jahr nicht 745

    mehr in Stainesmore gewesen, aber es gab einige Angelegenheiten auf dem Gut zu regeln, und der Graf hatte darauf bestanden, dass Edward sich darum kümmerte. Dies hatte er doch erwartet, oder? Die Bedrückung, die Angst, die Erinnerungen an Kate.
    Was er nicht erwartet hatte, war Annes Beharren darauf, ihn in den Norden zu begleiten; die Trauer, die ihn stärker überfiel als jemals zuvor; die Erinnerungen, die ihn beharrlicher und beklemmender überfielen als im vergangenen Jahr.
    Sie war jetzt im Haus, erwartete ihn mit dem Tee und tat so, als glühe sie nicht vor Zorn darüber, dass er mit seinem Sohn zusammen war. Sein Sohn - Kates Sohn.
    Peter war am Haus vorbeigelaufen und tapste auf den Turm zu. »Peter! Nein!«, rief Edward ihm nach und beschleunigte seinen Schritt.
    Aber Peter, der ein sehr fröhlicher kleiner junge war, lachte nur und lief noch schneller, die Arme wie Mühlenflügel schwingend. Er verlor seine Mütze.
    Edward wünschte sich so sehr, über die Mätzchen seines Kindes lachen zu können. Er hatte vergessen, wie das ging. Er hatte so lange nicht mehr gelächelt, dass ihm schien, als habe er das in seinem ganzen Leben noch nie getan. Er beobachtete seinen Sohn, der auf seinen krummen Beinchen gefährlich schwankte. Er würde jeden Augenblick hinfallen.
    Und gerade als Edward das gedacht hatte, flog Peter mit dem Gesicht voran auf Gras und Dreck. Sofort 746

    war Edward bei ihm und nahm ihn in die Arme. Aber Peter grinste freudig übers ganze Gesicht. »Laufen, laufen«, rief er und sträubte sich heftig. »Peter will laufen!«
    Er war genau wie Kate. Kate, deren Willen keine andere Instanz über sich duldete, die jeden

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