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Kates Geheimnis

Kates Geheimnis

Titel: Kates Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
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Schärfe. »Ich war neun, als sie starb. Ich kannte sie nur flüchtig. Sie gehörte zu der Sorte Frauen, der Kinder möglichst aus dem Weg gehen.«
    Das war interessant. Lauren hatte dasselbe gesagt.
    »Warum?«
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    »Sie war streng und herrisch. Eine echte Matriarchin. Wir hatten alle Angst vor ihr. Sogar die Dienstboten.«
    Jill sah ihn überrascht an. Das war nicht der Eindruck von Anne, den sie von dem Foto mit Kate und dem Gemälde mit Edward gewonnen hatte. Sie hatte jung gewirkt, weich, nicht wirklich schön und eher passiv. Aber die Menschen änderten sich. Das Leben änderte sie.
    Jill dachte daran, wie ihr Leben sich verändert hatte
    - sie selbst verändert hatte - unwiderruflich, im Sekundenbruchteil eines Autounfalls. Zweimal.
    Die Ungerechtigkeit war kaum zu ertragen. Wütend schob sie ihr Selbstmitleid beiseite.
    »Was ist?«, fragte Alex ein bisschen zu scharf.
    Sie schüttelte ihre traurigen Gedanken ab. »Nichts.
    Ich muss meinen Flug erwischen.« Sie sah auf ihre Swatch und hängte sich die Vinyltasche über die Schulter. Ihr kam die Idee, dass Alex, wenn er mit Lauren über sie gesprochen hatte, vielleicht nur Laurens Version stützte. Aber warum sollte er?
    »Also, noch mal vielen Dank. Sag das bitte auch den anderen.« Sie wollte jetzt nicht an Thomas denken.
    Hoffentlich würde sie ihn nie wiedersehen. Es wunderte sie nicht, dass sonst niemand gekommen war, um sich von ihr zu verabschieden.
    Zu Jills Überraschung ging Alex mit. »Ich bringe dich nach Heathrow«, sagte er. Seine Augen bohrten 168

    sich in ihre. »Um wenigstens ein bisschen amerikanische Höflichkeit zu zeigen.«
    Als Jill die Tür zu ihrem winzigen Apartment öffnete, sprang ihr ein kleines graues Fellbündel vor die Füße. Gestern Abend hatte sie KC angerufen und ihr gesagt, dass sie nach Hause kam, und KC hatte verstanden. Nichts wäre schlimmer gewesen, als jetzt in eine leere Wohnung zurückzukehren. Aber sie war nicht leer.
    »Ezekial!«, rief sie und wollte ihn hochheben.
    Aber ihr grauer Kater war ernstlich verärgert - er hasste es, allein gelassen zu werden - und hatte sich bereits verzogen, um irgendwo zu schmollen und Jill eine Lehre zu erteilen.
    Jill seufzte. Sie hätte ein bisschen Trost gebrauchen können. Diese Rückkehr rief in ihr sehr zwiespältige Gefühle hervor. Jill stellte ihre Taschen im Eingang ab. Sie konnte nicht hineingehen. Sie registrierte betroffen, wie klein ihr Apartment tatsächlich war.
    Der krasse Gegensatz zur Sheldon’schen Villa in Kensington Palace Gardens oder zu Uxbridge Hall drängte sich unwillkürlich auf.
    Jill trat ein und schloss langsam die Tür. Sie würde weder den einen noch den anderen Ort je wiedersehen
    - und das war gut so, oder nicht?
    Sie fühlte sich merkwürdig, als sei sie gerade aus einem Märchen ins wahre Leben zurückgekehrt - und 169

    doch war es kaum ein Märchen gewesen. Es waren definitiv die furchtbarsten Tage ihres Lebens gewesen.
    Doch sie wurde das Gefühl nicht los, dass sie London noch nicht - hätte verlassen sollen. Aber das war Unsinn - dort gab es nichts von Bedeutung für sie.
    Augenblicklich standen ihr Hals Familie und Kate Gallagher vor Augen.
    Jill schob sich den Pony aus dem Gesicht und ging durch ihre Wohnung. Laut Lucinda Becke hatte Hal Uxbridge Hall geliebt. Sie dachte an die Porträts im Esszimmer - eines war von einem seiner Vorfahren aus dem siebzehnten Jahrhundert gewesen. Sie fand das so erstaunlich -
    seine Wurzeln so weit
    zurückverfolgen zu können - ohne jeden Zweifel zu wissen, wer man war, woher man kam. Für Hal, dachte Jill, und Leute von seiner Abstammung war dieses Wissen sicher völlig selbstverständlich.
    Sie sah sich in ihrem Apartment um und war sich bewusst, dass sie ganz allein auf der Welt war.
    Dann dachte sie an die schöne, faszinierende Kate Gallagher, die im zarten Alter von achtzehn Jahren verschwunden war. Was war mit ihr geschehen? War ihr etwas Schreckliches zugestoßen? Oder hatte sie wirklich einen Liebhaber gehabt und war mit ihm durchgebrannt?
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    War Kate ihre Vorfahrin? War sie vielleicht sogar ihre Urgroßmutter gewesen?
    Wenn es eine so merkwürdige Wendung des Schicksals gab, bedeutete das, dass Kate nie geheiratet hatte, denn sie hatten ja denselben Nachnamen.
    »Mist«, murmelte Jill und ging durchs Zimmer. Es war in einem zarten Gelbton gestrichen, bis auf die Wand gegenüber der Tür, die eine befreundete Künstlerin bemalt hatte. Diese Wand zeigte verschiedene New Yorker Szenen in

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