Katharina von Medici (German Edition)
wird's doch erst nach großen Kriegen, bösen Kriegen sein.«
»Und währenddem wird's dem Handel schlecht gehen«, sagte Lallier, der nicht imstande war sich über die kommerzielle Sphäre hinaus zu erheben.
»Mein Vater, der das Ende der Kriege zwischen den Burgundern und Armagnacs miterlebte, sagte mir, daß unsere Familie nicht heil aus ihm herausgekommen sein würde, wenn nicht einer seiner Großväter, der Mutter Vater, ein Goix, einer jener berühmten Schlächter der Markthalle gewesen wäre, die zu den Burgundern hielten, während der andere, ein Lecamus, der Partei der Armagnacs angehörte. Vor der Welt schienen sie sich das Fell vom Leibe reißen zu wollen, im Familienkreise aber verstanden sie sich gut. Versuchen wir also Christoph zu retten; vielleicht wird er uns bei Gelegenheit retten.«
»Ihr seid mir ein gerissener Kunde, Gevatter!« sagte der Goldschmied.
»Nein«, antwortete Lecamus. »Die Bürgerschaft muß an sich denken, Volk und Adel wollen ihr in gleicher Weise was am Zeuge flicken. Zu Befürchtungen gibt die Pariser Bürgerschaft jedem Manne außer dem König Veranlassung; und der weiß, daß sie seine Freundin ist.«
»Wollet Ihr, der Ihr so weise seid und so viele Dinge gesehen habt,« bat Babette schüchtern, »mir doch erklären, was die Reformierten wünschen.«
»Sagt Ihr uns das, Gevatter?« rief der Goldschmied. »Ich kannte des seligen Königs Schneider und hielt ihn für einen Mann von einfachen Sitten, der keinen außergewöhnlichen Verstand besaß. Er war fast wie Ihr, man hätte nicht geglaubt, daß er ein Wässerchen trüben könnte, und doch hatte er's vielleicht faustdick hinter den Ohren, denn er ließ sich auf diese neue Religion ein, er, dessen beide Ohren einige hunderttausend Taler wert waren. Da mußte es doch Geheimnisse zu enthüllen geben, haben denn nicht der König und die Herzogin von Valentinois seiner Marter beigewohnt?«
»Und zwar schreckliche!« sagte der Kürschner. »Die Reformation, liebe Freunde,« fuhr er mit gedämpfter Stimme fort, »würde die Kirchengüter unter die Bürgerschaft gelangen lassen. Wenn die geistlichen Privilegien erst unterdrückt sind, wollen die Reformierten darauf dringen, daß die Adligen und Bürgerlichen hinsichtlich der Steuern gleich sind und daß nur der König über jedermann steht, wenn man überhaupt noch einen König im Staate gelten läßt.«
»Den Thron unterdrücken!« schrie der Goldschmied.
»He, Gevatter,« sagte Lecamus, »in den Niederlanden regieren die Bürger sich selber durch Schöffen, die ihresgleichen sind und sich selber ein zeitliches Oberhaupt wählen.«
»Bei Gottes Leibe, Gevatter, man müßte all die schönen Dinge tun und doch katholisch bleiben«, rief der Goldschmied.
»Wir sind zu alt, um den Triumph des Bürgertums in Paris zu erleben; triumphieren wird's aber, Gevatter, die Zeit wird auch schon kommen. Ach, der König wird sich schon auf die Bürgerschaft stützen müssen, um Widerstand zu leisten, und wir haben ihm unsere Stütze immer gut verkauft. Beim letzten Male sind alle Bürgerlichen geadelt worden und ihnen war erlaubt, sich herrschaftliche Besitzungen zu kaufen und deren Namen zu führen, ohne daß man der Bestallungsbriefe des Königs bedurfte. Ihr wie ich, der Enkel der Goix von der Frauenseite her, gelten wir nicht ebensoviel wie die Edelleute?«
Dies Wort erschreckte den Goldschmied und die beiden Frauen so sehr, daß ihm ein tiefes Schweigen folgte. Die Gärstoffe von anno 1789 tobten bereits in Lecamus' Blute; er war noch nicht alt genug, um die bürgerlichen Kühnheiten der Liga nicht noch mitzuerleben.
»Und trotz solcher Unordnungen verkauft Ihr doch gut?« fragte Lallier die Lecamus.
»Das läßt immer etwas zu wünschen übrig«, antwortete die.
»Darum hab ich auch eine große Lust einen Advokaten aus meinem Sohne zu machen«, sagte Lecamus, »denn Rechtshändel gibt's immer.«
Die Unterhaltung verharrte dann auf dem Gebiete der Gemeinplätze; zur großen Zufriedenheit des Goldarbeiters, welcher weder politische Wirren noch kühne Gedanken liebte.
Die Ufer der Loire von Blois bis Angers sind Gegenstand besonderer Vorliebe der beiden letzten Zweige des königlichen Stammes gewesen, welche den Thron vor dem Hause Bourbon innehatten. Dies schöne Becken verdient die Ehren, welche ihm die Könige erwiesen, in jeder Beziehung; einer unserer elegantesten Schriftsteller äußerte sich unlängst folgendermaßen über dasselbe:
›Eine Provinz gibt es in Frankreich,
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