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Katharina von Medici (German Edition)

Katharina von Medici (German Edition)

Titel: Katharina von Medici (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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die man nie genugsam bewundert. In Duft getaucht wie Italien, mit Blumen besät wie die Ufer des Guadalquivirs und schön überdies in seiner besonderen Physiognomie, ist sie ganz französisch und immer französisch gewesen, im Gegensatz zu unseren nordischen Provinzen, die durch die Berührung mit Deutschland bastardiert wurden, und zu unseren südlichen Provinzen, die mit den Mauren, den Spaniern und allen Völkern, die ihr Augenmerk auf sie richteten, in wilder Ehe gelebt haben, und diese reine, keusche, tapfere und anhängliche Provinz ist die Touraine! Dort lebt das historische Frankreich. Die Auvergne ist die Auvergne, die Languedoc nur die Languedoc; die Touraine aber ist Frankreich, und der nationalste Fluß für uns ist die Loire, welche die Touraine bespült. Darum darf man sich durchaus nicht verwundern über die große Menge von Monumenten, die von den Bezirken umschlossen werden, welche den Namen und die Ableitungen des Namens dieses Flusses angenommen haben. Bei jedem Schritte, den man in diesem bezaubernden Lande tut, entdeckt man ein Gemälde, dessen Verbrämung ein Fluß oder ein ruhiges Oval ist, in dessen feuchten Tiefen ein Schloß träumt mit seinen Türmchen, seinen Gehölzen und seinen sprudelnden Gewässern. Natürlich war es, daß dort, wo das Königtum mit Vorliebe wohnte, wo es solange seinen Hof unterbrachte, sich auch die großen Vermögen und Menschen, die sich durch Abstammung und Verdienst auszeichneten, ansiedelten und dort hohe Paläste wie das Königtum errichteten.‹

Ist es nicht unbegreiflich, daß das Königtum den ihm indirekt von Ludwig dem Elften gegebenen Rat nicht befolgt und Tours zur Hauptstadt des Königreichs gemacht hat? Ohne große Kosten konnte die Loire dort für die Handelsschiffe und die leichten Kriegsfahrzeuge schiffbar gemacht werden. Dort wäre der Sitz der Regierung vor den Handstreichen eines Einfalls geschützt gewesen. Die Plätze des Nordens hätten dann nicht soviel Geld für ihre Befestigungen erfordert, die allein ebensoviel kosteten als die Versailler Luxusbauten. Wenn Ludwig der Vierzehnte auf Vaubans Rat gehört hätte, der ihm seine Residenz zwischen Loire und Cher zu Mont-Louis bauen wollte, würde die Revolution von 1789 vielleicht nicht stattgefunden haben. Diese schönen Ufer tragen also von Ort zu Ort die Zeichen königlicher Zärtlichkeit. Die Schlösser von Chambord, Blois, Amboise, Chenonceaux, Chaumont, Plessis-lez-Tours, alle die, welche die Geliebten unserer Könige, welche die Finanzleute und adligen Herren sich zu Véretz, Azay-le-Rideau, Ussé, Villandri, Valençay, Chanteloup, Duretal bauten, von denen einige verschwunden sind, deren Mehrzahl aber noch, auf recht steht, sind köstliche Monumente, welche die Wunder jener von der literarischen Sekte der Mittelalterverehrer so schlecht verstandenen Epoche ausatmen. Unter all diesen Schlössern hat dem von Blois, wo der Hof sich befand, die Prachtliebe der Orleans und der Valois ihr glänzendstes Siegel aufgedrückt. Für die Historiker, für die Archäologen und die Katholiken aber ist es das Interessanteste. Damals lag es völlig isoliert. Die mit starken, zinnenbewehrten Mauern umgürtete Stadt breitete sich zu Füßen der Festung aus, denn dies Schloß diente tatsächlich zugleich als Fort und als Lusthaus. Oberhalb der Stadt, deren zusammengepreßte Häuser und blaue Dächer sich heute wie damals bis zu dem Scheitel des Hügels erstrecken, welcher die linke Flußseite beherrscht, befindet sich ein dreieckiges Plateau, das im Westen durch einen Bach abgetrennt wird, der heute bedeutungslos ist, da er unter der Stadt hinfließt. Im fünfzehnten Jahrhundert bildete er aber nach den Worten der Historiker eine ziemlich bedeutende Schlucht, von der ein tiefer Hohlweg, der fast eine Kluft bildet, zwischen Vorstadt und Schloß übriggeblieben ist.
    Auf diesem Plateau mit der doppelten Lage nach Norden und Süden bauten sich die Grafen von Blois im Geschmack der Architektur des zwölften Jahrhunderts eine Burg, worinnen der berüchtigte Thibault der Betrüger, Thibault der Alte und andere einen berühmten Hof hielten. In jenen Zeiten reiner Feudalität, wo der König dem schönen Ausspruche eines Polenkönigs gemäß ein primus inter pares war, führten die Grafen von Champagne, die Grafen von Blois, die von Anjou, die einfachen Barone von der Normandie und die Herzöge von der Bretagne das Leben von Souverainen und gaben den stolzesten Königreichen Herrscher. Die Plantagenet von Anjou,

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