Katharina von Medici (German Edition)
Königs Person.«
»Nein,« sagte Castelnau stolz, »es kann kein Verbrechen sein, wenn man sich der Tyrannei und der von den Guisen geplanten Usurpation widersetzt!«
Der müde Scharfrichter, welcher einige Bewegung auf der Tribüne sah, machte sich an seinem Beile zu schaffen.
»Herr Baron,« flüsterte er, »ich möchte Euch nicht leiden lassen und ein Augenblick mehr kann Euch retten.«
Das ganze Volk schrie von neuem:
»Gnade!«
»Los denn,« sagte der König, »Gnade für den armen Castelnau, der den Herzog von Orleans rettete.«
Absichtlich mißverstand der Kardinal das Wort: los denn. Er gab dem Scharfrichter ein Zeichen, so daß Castelnaus Kopf in dem Augenblicke herunterflog, als der König ihn begnadigte.
»Der, Kardinal, geht auf Eure Rechnung«, sagte Katharina.
Am Morgen nach diesen schrecklichen Hinrichtungsszenen reiste der Prinz von Condé nach Navarra.
Diese Angelegenheit erregte größtes Aufsehen in Frankreich und an allen fremden Höfen. Die Ströme edlen Blutes aber, die damals vergossen wurden, verursachten dem Kanzler Olivier einen so großen Schmerz, daß dieser würdige Beamte, endlich das Ziel bemerkend, das sich die Guisen unter dem Vorwande, Thron und Religion zu verteidigen, gesteckt hatten, sich nicht mehr stark genug fühlte, ihnen die Wage zu halten. Wiewohl er ihre Kreatur war, wollte er ihnen nicht sowohl Pflicht wie Monarchie opfern; er zog sich von den öffentlichen Angelegenheiten zurück, indem er ihnen l'Hôpital als seinen Nachfolger bezeichnete. Als Katharina Oliviers Wahl hörte, schlug sie Birago als Kanzler vor und setzte sich mit größtem Eifer für seine Erwählung ein. Der Kardinal, dem der Umstand des von l'Hôpital an Katharina geschriebenen Billetts unbekannt war und ihn stets für treu dem Hause Lothringen ergeben hielt, machte ihn zu Biragos Konkurrenten und die Königin-Mutter ließ sich scheinbar imponieren. Sofort nach seinem Amtsantritt traf l'Hôpital Maßnahmen gegen die Inquisition, die der Kardinal von Lothringen in Frankreich einzuführen gedachte, und durchkreuzte alle antigallikanischen und politischen Bestrebungen der Guisen so gut, bewies sich als einen so guten Franzosen, daß man ihn, um ihn mit Gewalt zur Vernunft zu bringen, drei Monde nach seiner Ernennung auf seine Besitzung Vignay bei Estampes verbannen mußte.
Voller Ungeduld wartete der Biedermann Lecamus darauf, daß der Hof Amboise verließe, denn er hatte weder Gelegenheit finden können mit der Königin Maria noch mit der Königin Katharina zu sprechen. Er gedachte sich dem Hof in dem Augenblicke in den Weg zu stellen, wo er den Flußdamm entlang reisen würde, um nach Blois zurückzukehren. Der Syndikus verkleidete sich auf die Gefahr hin, als Spion festgenommen zu werden, als Bettler, und dank dieser Vermummung konnte er sich unter die Unglücklichen mischen, die sich längs des Weges hielten. Nach des Prinzen von Condé Abreise glaubten Herzog und Kardinal den Reformierten Schweigen auferlegt zu haben und ließen der Königin-Mutter ein bißchen mehr Freiheit. Lecamus wußte, daß Katharina, anstatt in einer Sänfte zu reisen, lieber auf einen Tritt zu Pferde stieg; das war der Name, den man damals einem von oder für Katharina von Medici erfundenen Steigbügel gab, die einer Beinverletzung wegen ihre Füße auf eine Art Packsattel von Sammet stützte, indem sie sich seitlich auf den Pferderücken setzte und ein Bein in einem bogenförmigen Ausschnitt des Sattels unterbrachte. Da die Königin sehr schöne Beine hatte, sagte man ihr nach, diese Mode erfunden zu haben, um die zu zeigen. Der Greis konnte also vor Katharina von Medicis Augen treten; sobald sie ihn aber erkannte, schien es, als ob sie in Zorn gerate.
»Entfernt Euch von hier, guter Mann, und daß man Euch nicht mit mir reden sieht«, sagte sie mit einer gewissen Angst zu ihm. »Lasset Euch von der Pariser Gilde zum Deputierten bei den Generalständen ernennen, und seid bei der Versammlung zu Orleans für mich, dann sollt Ihr wissen, was sich für Euren Sohn tun läßt ...«
»Lebt er noch?« fragte der Greis.
»Ach,« seufzte die Königin, »ich hoffe es.«
Lecamus sah sich genötigt mit diesem traurigen Wort und dem Geheimnis von der Berufung der Generalstände, das die Königin ihm eben anvertraut hatte, nach Paris zurückzukehren.
Vor einigen Tagen hatte der Kardinal Denunziationen über die Straffälligkeit des Hofes von Navarra erhalten. Zu Lyon, zu Mouvans in der Dauphiné hatten von dem
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