Katharina von Medici (German Edition)
Kindern würden wir leichtes Spiel haben.«
»Der Platz hier ist nicht günstig für uns«, sagte der Herzog. »Der Aufstand der Stadt würde von den Ständen unterstützt werden. L'Hôpital, den wir so sehr beschützten und dessen Ernennung sich die Königin Katharina so lebhaft widersetzte, ist heute gegen uns; und wir bedürfen der Justiz. Die Königin-Mutter hat heute zu viele Leute hinter sich, als daß wir sie nach Hause schicken könnten ... Überdies noch drei Prinzen!«
»Sie ist nicht mehr Mutter, nur mehr Königin«, sagte der Kardinal; »meines Ermessens wäre jetzt der rechte Augenblick, um einmal mit ihr Schluß zu machen. Energie und nochmals Energie: das ist mein Rezept.«
Nach diesem Wort ging der Kardinal in des Königs Gemach zurück. Der Herzog folgte. Der Priester trat auf Katharina zu.
»In La Sagnes Papieren, der des Prinzen von Condé Sekretär ist, hat man Euch einsehen lassen; Ihr wißt, daß die Bourbonen Eure Kinder entthronen wollen?« sagte er zu ihr.
»All das weiß ich«, entgegnete die Italienerin.
»Nun denn, wollt Ihr den König von Navarra verhaften lassen?«
»Es gibt ja einen Reichsverweser«, erwiderte sie. In diesem Augenblick beklagte Franz der Zweite sich über heftige Ohrenschmerzen. In jämmerlichem Tone hub er zu greinen an. Der Arzt verließ den Kamin, an dem er sich wärmte, und untersuchte den Zustand des Kopfes.
»Nun, Herr?« fragte der Großmeister, sich an den Leibarzt wendend.
»Ich wage es auf mich zu nehmen, einen Breiumschlag anzuwenden, um die Säfte anzuziehen. Meister Ambrosius hat versprochen, den König durch eine Operation zu retten, ich würde dagegen sein.«
»Verschieben wir das auf morgen,« sagte Katharina kalt, »und alle Ärzte sollen dabei sein. Ihr wißt ja zu welchen Verleumdungen der Fürsten Tod Anlaß gibt.«
Sie küßte ihrem Sohn die Hände und zog sich zurück.
»Mit welcher Seelenruhe diese kecke Kaufmannstochter von des Dauphins Tode spricht. Von Montecuculi, einem Florentiner ihres Gefolges, ward er vergiftet!« rief die Königin Maria.
»Maria,« schrie der kleine König, »mein Großvater hat ihre Unschuld niemals angezweifelt ...«
»Kann man es verhindern, daß dies Weib morgen kommt?« fragte die Königin ihre Oheime mit leiser Stimme.
»Was wird aus uns, wenn der König sterben sollte?« antwortete der Kardinal, »Katharina würde uns alle in sein Grab sinken lassen.«
So ward in dieser Nacht zwischen Katharina von Medici und dem Hause Lothringen klar und deutlich die Frage gestellt. Des Kanzlers und des Konnetabels Ankunft deuteten auf eine Revolte hin. Am Morgen des folgenden Tages mußte es sich also entscheiden.
Am kommenden Morgen erschien die Königin-Mutter als erste. In ihres Sohnes Gemach traf sie nur die Königin Maria Stuart an; bleich war die und übermüdet, sie hatte betend die Nacht am Bette zugebracht. Die Herzogin von Guise hatte der Königin Gesellschaft geleistet, und die Hofdamen hatten sich wieder eingefunden. Der junge König schlief. Weder der Herzog noch der Kardinal waren bislang erschienen. Der Priester, kühner als der Soldat, hatte, hieß es, in der vergangenen Nacht alle seine Energie entfaltet, ohne den Herzog jedoch soweit zu bringen, daß er sich zum König machte. Angesichts der versammelten Generalstände und der drohenden Schlacht, die er dem Kronfeldherrn von Montmorency liefern mußte, fand der Balafré die Umstände nicht günstig. Er weigerte sich, den König von Navarra, die Königin-Mutter, den Kanzler, den Kardinal von Tournon, die Gondis, Ruggieri und Birago festzunehmen, indem er auf den Aufstand hinwies, der solchen Gewaltmaßnahmen folgen würde. Seines Bruders Pläne machte er von Franz des Zweiten Leben abhängig.
Tiefstes Schweigen herrschte im Königsgemach. In Begleitung von Frau von Fiesco trat Katharina an den Rand des Bettes und betrachtete ihren Sohn mit wunderbar gespielter Schmerzensmiene. Sie hielt ihr Taschentuch vor die Augen und setzte sich in die Fensternische, wohin Frau von Fiesco ihr einen Sessel rückte. Von dort aus irrten ihre Augen über den Hof.
Zwischen Katharina und dem Kardinal von Tournon war abgemacht worden, daß der Kardinal, wenn der Konnetabel glücklich in die Stadt eindränge, in Begleitung der beiden Gondis kommen sollte. Falls ein Unglück geschähe, sollte er allein erscheinen. Um neun Uhr morgens kamen die beiden lothringischen Fürsten in Begleitung ihrer Edelleute, die im Wohngemach zurückblieben, zum König herauf. Der
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