Katharina von Medici (German Edition)
seinerzeit, das sind eine Million heutiger Währung, für das Leichenbegängnis Karls des Siebenten verausgabte, welcher der Wohltäter seines Hauses gewesen war.
Sobald der Glockenpuls Orleans verkündigte, daß Franz der Zweite tot sei, und sobald der Konnetabel von Montmorency die Stadttore öffnen ließ, eilte Tourillon auf seinen Speicher und suchte ein Versteck auf.
»Nun, sollte er tot sein?« rief der Handschuhmacher.
Dies Wort hörend, stand ein Mann auf und antwortete: »Dienstbereit!« Das Losungswort der mit Calvin verknüpften Reformierten.
Dieser Mann war Chaudieu, dem Tourillon die Ereignisse der letzten acht Tage erzählte, währendwelcher er den Prediger mit einem Zwölf-Pfundbrot als einzige Nahrung in seinem Versteck allein gelassen hatte.
»Lauf zu dem Prinzen von Condé, Bruder, und bitte ihn um einen Geleitsbrief für mich. Such auch ein Pferd,« schrie der Prediger, »ich muß im Augenblick aufbrechen.«
»Schreibt ihm ein Wort, damit ich empfangen werde.«
»Halt,« sagte Chaudieu, nachdem er einige Zeilen geschrieben hatte, »verlang einen Paß vom Könige von Navarra, denn unter den augenblicklichen Verhältnissen muß ich nach Genf eilen.«
In zwei Stunden war alles bereit und der glühende Prediger auf dem Wege in die Schweiz. Ein Edelmann des Königs von Navarra begleitete ihn. Der übermittelte Instruktionen an die Reformierten der Dauphiné, und Chaudieu sollte für seinen Sekretär gelten. Chaudieus hastige Abreise wurde sogleich in Katharinas Interesse gutgeheißen, die, um Zeit zu gewinnen, einen kühnen Vorschlag machte, über den man tiefstes Schweigen wahrte. Dies ungewöhnliche Vorgehen erklärt die so plötzliche Übereinstimmung zwischen ihr und den Häuptern der reformierten Partei. Um ihre Aufrichtigkeit zu dokumentieren, hatte das listige Weib ein gewisses Verlangen geäußert, die Verschiedenheiten der beiden Kirchen in einer Versammlung auszugleichen, die weder eine Synode, noch ein Conseil, noch ein Konzil sein konnte, und für die man einen neuen Namen, vor allem aber Calvins Zustimmung finden mußte. Als dies Geheimnis ans Tageslicht kam, veranlaßte es, nebenbei bemerkt, das Bündnis zwischen den Guisen und dem Konnetabel von Montmorency gegen Katharina und den König von Navarra. Eine bizarre Allianz, die in der Geschichte unter dem Namen Triumvirat bekannt ist, weil der Marschall von Saint-André der dritte Mann dieser rein katholischen Koalition ward, welche dieser seltsame Kolloquiumsvorschlag heraufbeschwor.
Katharinas tiefe Politik ward damals von den Guisen richtig beurteilt. Sie verstanden, daß die Königin sich sehr wenig um diese Versammlung kümmern würde. Sie wollte ihren Verbündeten gegenüber bis zu Karls des Neunten Majorität Zeit gewinnen. Auch sie täuschten den Kronfeldherrn, indem sie ihn an eine Interessengemeinschaft zwischen den Bourbonen und Katharina glauben machten, während Katharina sie alle nasführte. Wie man sieht, war die Königin binnen kurzer Zeit überaus mächtig geworden. Der damals vorherrschende Diskussions- und Disputiergeist begünstigte diesen Versammlungsvorschlag , außerordentlich. Katholiken und Reformierte mußten alle, die einen wie die anderen, bei diesem Wortturnier glänzen. Und eben gerade das traf ein. Ist es nicht ganz sonderbar, daß die Historiker die geschicktesten Schachzüge der Königin für Unsicherheit gehalten haben? Niemals ging Katharina direkter auf ihr Ziel los, als wenn sie sich solcher Mittel bediente, womit sie sich scheinbar von ihm entfernte. Der König von Navarra war nicht fähig, Katharinas Gründe zu durchschauen und schickte eilends Chaudieu zu Calvin. Ersterer hatte es sich im stillen vorgenommen, die Ereignisse in Orleans zu beobachten, obwohl er stündlich festgenommen, und wie jeder, der unter dem Blitzstrahl eines Verbannungsbefehls steht, ohne Prozeß aufgeknüpft werden konnte. Nach der Art und Weise gerechnet, wie man damals Reisen machte, konnte Chaudieu nicht vor dem Februarmonde zu Genf anlangen. Die Verhandlungen durften frühestens im März beendigt sein und die Versammlung tatsächlich erst gegen Beginn des Maimonats 1561 stattfinden. Katharina rechnete damit, Hof und Parteien mit des Königs Salbung und seinem ersten großen Gerichtstag im Parlamente zu unterhalten, wo L'Hôpital und Thou dann die Erklärung in die Register eintragen sollten, worin Karl der Neunte im Einverständnis mit dem Reichsverweser, Anton von Navarra, dem schwächsten Fürsten jener Zeit, des
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