Katharina von Medici (German Edition)
ich kenne die Pflichten meines Amtes und werde den König ohne der Ärzte Geheiß operieren ...«
»Rettet ihn,« flüsterte der Kardinal, »Frankreichs reichster Mann sollt Ihr dann werden!«
»Fangt doch an«, sagte Maria Stuart, Ambrosius' Hand drückend.
»Verhindern kann ich nichts,« erklärte der Kanzler, »ich konstatiere aber den Protest der Frau Königin-Mutter.«
»Robertet!« rief der Herzog.
Als Robertet eingetreten war, zeigte der Reichsverweser auf den Kanzler.
»Ihr seid Kanzler von Frankreich an Stelle dieses Verräters«, sagte er zu ihm. »Herr von Maillé, führt Herrn von L'Hôpital in des Prinzen von Condé Gefängnis. – Was Euch anlangt, Madame,« sagte er zu Katharina, »Euer Protest wird nicht angenommen. Ihr könntet doch daran denken, daß ein solcher Akt eine hinreichende Macht hinter sich stehen haben müßte. Ich handle als treuer Untertan und loyaler Diener des Königs Franz des Zweiten, meines Herrn ... Beginnt, Ambrosius«, fügte er, den Chirurgen anblickend, hinzu.
»Herr von Guise,« sagte L'Hôpital, »wenn Ihr, sei es dem Könige, sei es Frankreichs Kanzler gegenüber Gewalt gebraucht, so denkt daran, daß es in diesem Saale genug französische Adlige gibt, um Verräter zu verhaften!«
»0, meine gnädigen Herren,« schrie der große Chirurg, »wenn Ihr Euch so weiter streitet, könnt Ihr bald rufen: Es lebe der König Karl der Neunte! denn der König wird sterben.«
Kaltblütig schaute Katharina aus dem Fenster.
»Wenden wir also Gewalt an, um die Herren in des Königs Zimmer zu sein«, sagte der Kardinal, der die Türe schließen wollte.
Aber er prallte erschreckt zurück, denn die Bailei lag völlig vereinsamt da. Der Hof hielt des Königs Tod für gewiß und war zu Anton von Navarra gelaufen.
»Nun denn, so beginnt doch«, rief Maria Stuart Ambrosius zu. »leb und Ihr, Herzogin,« sagte sie zu Frau von Guise, »wir werden ihn schützen.«
»Gnädige Frau,« sagte Ambrosius, »mein Eifer hat mich fortgerissen; außer meinem Freunde Chapelain sind alle Ärzte für eine Einspritzung. Ihnen schulde ich Gehorsam. Er würde gerettet sein, wenn ich Leibarzt und Leibchirurg gewesen wäre. Gebt her, meine Herren«, sagte er, eine kleine Spritze aus des Leibarzts Händen nehmend und sie füllend.
»Mein Gott!« rief Maria Stuart, »ich befehle Euch ...«
»Ach, Madame,« erklärte Ambrosius, »von den Herren hier bin ich abhängig.«
Die junge Königin stellte sich mit der Großmeisterin zwischen den Chirurgen, die Ärzte und die anderen Personen. Der Leibarzt hielt des Königs Kopf und Ambrosius machte die Einspritzung ins Ohr. Die beiden lothringischen Fürsten sahen voller Spannung zu. Robertet und Herr von Maillé verharrten unbeweglich. Ohne gesehen zu werden, verließ Frau von Fiesco auf ein Zeichen Katharinas hin den Raum. In diesem Augenblick öffnete L'Hopital kühn die Tür von des Königs Gemach.
»Ich komme gerade zur rechten Zeit«, sagte ein Mann, dessen hastige Schritte im Saale widerhallten; in einem Momente stand er auf der Schwelle des Königszimmers. »Ah, meine Herren, Ihr wollt meinem schönen Neffen, dem Prinzen von Condé, seinen Kopf vor die Füße werfen? ... Da habt Ihr aber den Löwen aus seiner Höhle hervorgelockt, und er ist hier!« fügte der Konnetabel von Montmorency hinzu. – »Mit Euren Instrumenten sollt Ihr meines Königs Kopf nicht durchstöbern, Ambrosius. Nur von ihrer Feinde Eisen, in der Schlacht, lassen sich Frankreichs Könige so berühren. Der erste Prinz von Geblüt, Anton von Navarra, der Prinz von Conde, die Königin-Mutter, der Kronfeldherr und der Kanzler widersetzen sich solcher Operation.«
Zu Katharinas größter Genugtuung zeigten sich der König von Navarra und der Prinz von Conde alsogleich.
»Was soll das bedeuten?« fragte der Herzog von Guise, seine Hand an den Daggert legend.
»In meiner Eigenschaft als Kronfeldherr habe ich die Wachen aller Posten fortgeschickt. Gottsdonner, wir sind hier nicht in Feindesland, meine ich. Der König, unser Herr, ist inmitten seiner Untertanen, und die Reichsstände müssen in aller Freiheit beraten können. Ich komme aus der Ständeversammlung meine Herren! Hab meines Neffen Conde Protest abgegeben, ihn aber haben dreihundert Edelleute befreit. Ihr wollt königliches Blut fließen lassen und des Reiches Adel dezimieren. Ach, fortan mißtraue ich allem, was Ihr beabsichtigt, meine Herren von Lothringen! Wenn Ihr befehlt, des Königs Haupt zu öffnen, bei diesem Degen,
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