Katharina von Medici (German Edition)
welcher Frankreich vor Karl dem Fünften unter seinem Großvater gerettet hat, es wird nicht geschehen ...«
»Um so mehr,« sagte Ambrosius Paré, »als jetzt alles zwecklos ist, die Auflösung beginnt.« »Eure Herrschaft ist zu Ende, meine Herren«, sagte Katharina zu den Lothringern, als sie an Ambrosius Miene sah, daß er keine Hoffnung mehr hegte.
»Ach, gnädige Frau, Ihr habt Euern Sohn getötet«, schrie Maria Stuart ihr zu, die wie eine Löwin vom Bette an das Fenster stürzte. Sie packte die Florentinerin beim Arm und drückte ihn mit aller Gewalt.
»Mein Liebchen«, antwortete Katharina Maria Stuart mit einem feinen und kalten Blicke, der ihrem seit sechs Monden aufgespeicherten Hasse freien Lauf ließ, messend, »Ihr mit Eurer hitzigen Liebe seid an diesem Tode schuld. Ihr werdet jetzt in Eurem Schottland regieren und morgen dahin aufbrechen. Jetzt erkennt in mir die Regentin.«
Die drei Ärzte hatten der Königin-Mutter ein Zeichen gegeben.
»Meine Herren,« sagte diese die Guisen anblickend, »zwischen Herrn von Bourbon, der von den Ständen zum Reichsverweser ernannt ward, und mir ist abgemacht worden, daß die Leitung der Angelegenheiten uns angeht. Kommt, Herr Kanzler.«
»Der König ist tot«, sagte der Großmeister, der notgedrungen den Pflichten seines Amtes nachkommen mußte.
»Es lebe der König Karl der Neunte!« schrien die Edelleute. Sie waren mit dem Konnetabel, dem König von Navarra und dem Prinzen von Conde zurückgekehrt.
Die Zeremonien, die bei eines französischen Königs Ableben vor sich gehen, fanden in der Einsamkeit statt. Als der Wappenherold nach des Herzogs von Guise offizieller Meldung dreimal in den Saal rief: ›Der König ist tot!‹ waren dort nur wenige Leute anwesend, die da schrien: ›Es lebe der König!‹
Die Gräfin von Fiesco hatte den Herzog von Orleans herbeigeführt, der vor einigen Augenblicken Karl der Neunte geworden war; Katharina ging hinaus, ihren Sohn an der Hand haltend; der ganze Hof folgte ihr. Zurück blieben nur die beiden Lothringer, die Herzogin von Guise, Maria Stuart und Dayelle in dem Gemache, wo Franz der Zweite seinen letzten Seufzer tat; vor der Türe harrten zwei Wächter, die Pagen des Großmeisters, des Kardinals und ihre Privatsekretäre.
»Es lebe Frankreich!« schrien einige Reformierte, und ließen damit den ersten Oppositionsruf ertönen. Alles, was dem Kardinal und dem Herzoge zu Dank verpflichtet gewesen, verband sich, im Schrecken über ihre Pläne und verfehlten Unternehmungen, mit der Königin-Mutter, der die Gesandten Spaniens, Englands, des deutschen Kaiserreichs und Polens unter des Kardinals von Tournon Führung auf der Treppe entgegenschritten. Er hatte sie benachrichtigt, nachdem er sich Katharinen im Hofe in dem Momente gezeigt hatte, als sie gegen Ambrosius Pareé Operation protestierte.
»Nun gut, Ludwigs des Seefahrers Söhne, Karls von Lothringen Erben, haben des Muts ermangelt«, sagte der Kardinal zum Herzog.
»Man würde sie nach Lothringen zurückgeschickt haben«, antwortete der Herzog ... »Ich erkläre Euch feierlich, Karl, wenn die Krone da läge, ich würde nicht die Hand ausstrecken, um sie aufzuheben. Das soll meines Sohnes Sache sein.«
»Wird er jemals wie Ihr Heer und Kirche für sich haben?«
»Etwas Besseres wird er sein Eigen nennen.«
»Und was?«
»Das Volk!«
»Und nur ich weine um dies arme Kind, das mich so sehr liebte!« rief Maria Stuart, ihres ersten entschlafenen Gatten kalte Hand haltend.
»Wie soll man nun wieder anknüpfen mit der Königin?« fragte der Kardinal.
»Wartet, bis sie sich mit den Hugenotten entzweit«, antwortete die Herzogin.
Die Interessen des Hauses von Bourbon, Katharinas, der Guisen und der reformierten Partei riefen eine solche Verwirrung in Orleans hervor, daß des Königs Leiche – vollkommen vergessen hatte sie in der Ballei gelegen und war von niedrigen Dienern in einen Sarg gebettet worden – drei Tage später auf einer offenen Karre, nur vom Bischof von Senlis und zwei Edelleuten begleitet, nach Saint-Denis abreiste. Als dieser traurige Zug in der kleinen Stadt Étampes anlangte, heftete einer der Diener des Kanzlers von L'Hôpital folgende, von der Historie überlieferte, schreckliche Inschrift an den Karren: »Tanneguy du Chastel, wo bist du? Aber du warst ja ein Franzose!« Ein blutiger Vorwurf, der auf Katharina, Maria Stuart und auf die Lothringer fiel. Welcher Franzose weiß nicht, daß Tanneguy du Chastel dreißigtausend Taler
Weitere Kostenlose Bücher