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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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angegebenen Ziel und wenn die Verkehrsdichte größer wird, richtet der Computer halt weitere Ebenen ein. Der Himmel ist nach oben offen.“
    Vor ihnen tauchte ein hoher Turm auf. Es konnte nur der Eiffelturm sein. Seine Form glich dem irdischen Vorbild mit seinen vier geschwungenen Beinen. Nur das Material, im Sonnenlicht gleißend wie Edelstahl, war ungewohnt für Sando. Der Turm diente offensichtlich auch als Station für Schwebemobile.
    „Paris ist berühmt für sein Verkehrssystem.“
    Stolz sprach aus Denises Stimme.
    „So perfekt ist es kein zweites Mal in Katharsia.“
    „Du übertreibst, Denise! Die meisten Großstädte haben inzwischen ein ähnliches System und in New York ist das Netz noch viel umfangreicher als hier“, widersprach Nabil und blickte verdutzt nach draußen, weil ihr Fahrzeug bremste und vor dem Eiffelturm Halt machte, ohne einzuschweben.
    Denise schien es nicht zu bemerken. „New York, New York!“, ereiferte sie sich. „Dort jagen die Schwebemobile über den Köpfen der Menschen durch die Straßenschluchten. Man sieht kaum noch den Himmel. Hier läuft der Verkehr über den Häuserdächern. Die Fußgänger auf den Straßen bemerken ihn gar nicht.“
    „Na ja ... aber technisch ist es doch das Gleiche“, brummte Nabil.
    „Was nützt Technik, wenn sie so eingesetzt wird wie in New York?!“, konterte Denise. „Paris ist eine einzige Fußgängerzone. Den Verkehr spürt man kaum.“
    „Aber hier gibt es Stau“, sagte Nabil trocken und deutete hinaus.
    Und tatsächlich hing inzwischen eine Schlange Dutzender Mobile vor dem Eiffelturm fest.
    „Das kann nicht sein, da muss irgendetwas passiert sein!“
    Denises Begeisterung für das Pariser Verkehrssystem war einer sorgenvollen Miene gewichen.
    „Stau habe ich hier noch nie erlebt.“
    Jetzt meldete sich der Bordlautsprecher: „Meine Damen und Herren, der Eiffelturm ist vorübergehend gesperrt. Der Zentralcomputer leitet Sie zum nächstgelegenen Knotenpunkt um. Wir bitten um Ihr Verständnis.“
    Überrascht sahen sich die Gefährten an, in den Gesichtern die Frage, was der Grund für die Sperrung des berühmten Wahrzeichens sein mochte.
    „Es muss an der Demonstration liegen …“ Sando erinnerte sich an das Bild auf dem Fernsehschirm, das er im Büro des KORE-Mannes auf dem Flughafen von Makala gesehen hatte.
    „Was für eine Demonstration?“, fragte Gregor.
    „Ich weiß nicht genau … Es kam im Fernsehen … kurz vor unserem Abflug. Am Eiffelturm hatten sich viele Leute versammelt. Sie waren richtig wütend. Das KORE hatte Mühe, sie in Schach zu halten.“
    „Das KORE?“, fragte Gregor beunruhigt. „Hast du mitbekommen, worum es ging?“
    „Nicht genau. Mir fiel nur das Wort ,Retamin‘ auf ein paar Schildern auf.“
    Gregor nickte. „Das wäre logisch. Das KORE wird immer dann eingesetzt, wenn Retamin im Spiel ist.“
    Er blickte hinaus, suchte am Fuße des Eiffelturmes nach Anzeichen einer Demonstration. Aus dem Rucksack, der neben Sando auf dem Sitz lag, lugte vorsichtig Ben heraus.
    „Diese Demonstration gilt sicher dem neuen Präsidentenerlass, wonach alles private Retamin als beschlagnahmt gilt.“
    Sando erzählte den anderen von Bens Vermutung.
    „Ist doch verständlich, dass es die Leute wütend macht, wenn sie ihre letzten Retaminreserven hergeben sollen“, brummte Nabil aufgebracht. „Da spart sich der kleine Mann jahrelang etwas auf, quasi als Lebensversicherung – und dann kommt der Ballonkopf und will es ihnen wegnehmen.“
    „Ballonkopf?“, fragte Sando. „Was meinst du damit?“
    Nabil grinste. „So nennt der Volksmund unseren verehrten Präsidenten Samuel Wanderer.“
    „Warum das?“
    „Na ja, er hat in der Tat einen ziemlich großen …“
    Seine Geste, die einen Wasserkopf symbolisieren sollte, blieb in der Andeutung stecken, denn plötzlich beschleunigte ihr Mobil wieder. Ben zog sich vorsichtshalber in den Rucksack zurück. Die Gondelkette, die sich inzwischen angestaut hatte, beschrieb einen weiträumigen Kreis um das Pariser Wahrzeichen und flog auf einen der benachbarten Türme zu. Wie ein hungriger Riese schluckte er ein Fahrzeug nach dem anderen. Es kribbelte Sando in der Magengrube, als ihr Gleiter plötzlich nach unten wegsackte. Sie landeten auf einem unterirdischen Parkdeck.
    Sando war ganz benommen, als er ausstieg. „Wie in der Achterbahn“, sagte er und warf sich den Rucksack über.
    Sie verließen das Parkdeck und erreichten ein weitläufiges unterirdisches Rondell, von

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