Katharsia (German Edition)
hervorstieß.
Und wieder die Männerstimme, deren ruhiger Wohlklang im krassen Gegensatz zu dem stand, was sie sagte: „Ich werde meine Zeit nicht dafür opfern, einer Krankenschwester die Bedeutung meiner Forschung zu erklären. Ich brauche den Jungen sofort, also lassen Sie Herrn Stadlmeyr seine Arbeit machen.“
„Aber …“
„Es reicht, Schwester! Sie verlassen jetzt die Station! Unsere Zusammenarbeit ist hiermit beendet. Ich muss Sie nicht weiter auf den geheimen Charakter dieser Forschungen hinweisen. Sollten Sie draußen je ein Wort darüber verlauten lassen … Sie kennen die Konsequenzen.“
Schwester Denise begann zu schluchzen. Sie wehrte sich nicht, als Stadlmeyr sie unsanft beiseite schob. Die Szene war nun wieder in gleißendes Licht getaucht.
„Die Emotionskurve des Patienten befindet sich im kritischen Bereich“, meldete der Assistent sachlich.
Der Kopf des nun hell überstrahlten Stadlmeyr füllte den Bildschirm. Sein Mund sagte dröhnend: „So, kleiner Gerard, da wollen wir mal wieder …“
Der Kopf bewegte sich zurück, wurde etwas kleiner. Dafür erschien jetzt übergroß die Injektionsnadel auf dem Monitor.
Sando bekam eine Gänsehaut. Doch Professor Merlin hielt ungerührt das Bild an, wies auf die Kanüle und sagte kopfschüttelnd zu seinem Helfer in Hellblau: „Sehen Sie mal! Methoden aus der Steinzeit! Sie wussten noch nichts von der Wirkung computergesteuerter Impulse …“
Der Helfer nickte ergeben und der Professor setzte das Screening fort: Auf dem Monitor wurde die Kanüle nun steil nach oben gestellt. Aus der Spitze quoll ein kleiner Tropfen und lief an der Nadel herunter.
Sando bemerkte unscharf im Hintergrund eine Bewegung: Kragenspiegel und Knöpfe kamen auf den Betrachter zu.
Was ist das für eine Uniform , fragte sich der Junge. Wem diente dieser Mann?
Hatte nicht Denise erwähnt, dass ihr Vater während des Zweiten Weltkrieges umgekommen war, als die Deutschen Paris besetzt hatten?
Sando hielt den Atem an: Gleich würde das Gesicht Professor Sindelfangs, das Stadlmeyr bisher verdeckt hatte, zu sehen sein!
Hinter Sando räusperte sich Fouchet.
Professor Merlins Hand am Navigationsdraht zuckte und das Monitorbild brach zusammen. „Oh, eine kleine technische Panne …“, sagte er und lächelte, um Entschuldigung heischend. „So etwas passiert äußerst selten. Diese Technik ist das Beste, was Katharsia gegenwärtig zu bieten hat. Ich kenne kein öffentliches Krankenhaus, das damit ausgestattet wäre.“
Die Freunde tauschten alarmierte Blicke.
Gregor fragte: „Von welcher Einrichtung kommen Sie denn, dass Sie besser ausgerüstet sind als öffentliche Krankenhäuser?“
Professor Merlin schnaufte unter seinem Mundschutz. In seinen Augen flackerte Unruhe. Schließlich sagte er, bemüht, so unbefangen wie möglich zu klingen: „Nun ja … wir sind ein privates Rettungszentrum, spezialisiert auf seelische Probleme. Wir agieren katharsiaweit und …“
Sando unterbrach ihn mit einem einzigen Wort: „Seelenretter!“ Der Blick Professor Merlins verriet den Gefährten, dass Sando mit seiner Vermutung ins Schwarze getroffen hatte.
Bevor sie jedoch irgendetwas unternehmen konnten, griff Fouchet ins Geschehen ein. „Nun ist es also heraus, meine Herren! Großartig! Dann können wir ja offen sprechen. Sie dürfen bis auf Weiteres dieses Haus nicht verlassen. Versuchen Sie es gar nicht erst. Das Grundstück ist umstellt und die Kämpfer des KORE verstehen keinen Spaß, wie Sie ja bereits wissen.“
„Sie haben kein Recht, uns festzuhalten! Was werfen Sie uns eigentlich vor?“, rief Gregor zornig.
„Kein Kommentar“, entgegnete Fouchet. „Ich bin nicht befugt, mit Ihnen darüber zu reden.“
„Und wer ist befugt?“
„Der wird sich schon noch mit Ihnen befassen. Ich wäre an Ihrer Stelle nicht so scharf darauf, ihn kennenzulernen.“
Nabil reckte sich auf zur vollen Größe und näherte sich dem Professor.
„Bleiben Sie stehen und nehmen Sie die Hände hoch!“, rief eine barsche Stimme.
Ein KORE-Kämpfer stand plötzlich im Raum, die Waffe im Anschlag.
Nabil hob seine Pranken über den Kopf und brummte: „Was soll die Aufregung? Ich wollte den feinen Herrn Doktor nur fragen, was er mit den beiden Patienten vorhat.“
„Wir werden selbstverständlich alles tun, um sie am Leben zu erhalten“, beeilte sich der Professor zu versichern. „Wissen Sie, wie viele Seelen es gibt, die dringend nach einem Körper verlangen?“
„Was wollen Sie
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