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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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heftigen Stromschlägen getroffen, verdrehte die Augen, zirpte unter wahnsinnigem Schmerz.
    Einer der Männer stand auf und fasste Sando am Arm. „Es ist doch nur ein flackernder Punkt. Was schreist du denn so?“
    Sando riss sich los. „Ihr foltert sie! Das dürft ihr nicht!“
    Nun drehten sich alle zu dem Jungen um. Einer sagte nur: „Raus mit ihm! Er hat hier nichts zu suchen!“
    Doktor Fasin war Sando in den Raum gefolgt.
    „Der Junge bleibt!“, mischte er sich ein. „Er ist Auvisor und im Auftrag des Präsidenten …“
    „Hören Sie mit der Folter auf!“, fuhr Sando ungeduldig dazwischen. „Sie sehen ja gar nicht, was Sie da anrichten!“
    Die Seele reagierte immer schwächer auf die Impulse, die das Gerät mit unverminderter Intensität aussandte, doch die Männer dachten nicht daran, die Prozedur abzubrechen. Sie fühlten sich im Recht. „Es wollte fliehen, das Seelchen. Hat uns zum Narren gehalten. Das ist die verdiente Strafe.“
    Doktor Fasin rief nun im Befehlston: „Schalten Sie den Generator ab! Sofort!“
    Ein lautes Klacken durchfuhr den Raum. Dann sah Sando, wie die Seele auf den Boden des Kastens plumpste, als hätte jemand den Strick bei einem Erhängten durchschnitten.
    „Sie kann nicht mehr fliegen! Ihr habt sie auf dem Gewissen!“ Sando war außer sich.
    Doktor Fasin näherte sich dem Monitor.
    „Ein schwacher Leuchtfleck ist noch zu sehen.“
    Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und sagte: „Meine Herren, bringen Sie den Gefangenen umgehend in meinen Behandlungsraum! Er muss ärztlich versorgt werden.“
    Ohne sie noch eines Blickes zu würdigen, verließ er den Raum.
    Die Männer murrten, während sie sich anschickten, der Aufforderung des Doktors Folge zu leisten. Sando hörte im Hinausgehen noch Sätze wie: „Was soll dieser Aufstand wegen einer Verbrecherseele?“ – „Ab in die Eins/Sechs! Dort wird sie schon wieder zu sich kommen.“ – „Und wenn nicht, ist es auch nicht schade.“
    Sando war schon vor dem Sprechzimmer des Doktors angekommen, als er begriff, was er da eben gehört hatte. Ab in die Eins/Sechs! Sie kamen doch gerade aus dem Abschnitt eins/sechs … Diente dieser Abschnitt etwa als Strafkolonie des Hades? Als Hölle in der Hölle? Wurden dort die gefolterten Seelen entsorgt? Hilflos ihrem Schicksal überlassen?
    Sando riss sich den Helm, den er immer noch trug, vom Kopf. Er brauchte Luft. Seine Knie fühlten sich ganz weich an.
    Einer der Wachmänner kam durch den Gang. Er zögerte, als er bei Sando angelangt war. Dann trat er entschlossen auf den Jungen zu. „Hier hast du den Verbrecher!“, sagte er verächtlich und drückte ihm einen Kokonbehälter in die Hand. „Und schönen Gruß an den Doktor.“
    Er machte auf dem Absatz kehrt und verschwand wieder in seiner Folterkammer.
    Sando betrat das Arztzimmer. Erneut überkam ihn ein seltsames Gefühl beim Anblick der merkwürdigen Gerätschaften, mit denen der Doktor die Seelen behandelte oder versuchte, Kontakt zu ihnen herzustellen.
    „Ach, haben sie sich nicht selbst mit der Seele hierhergetraut?“, begrüßte ihn Doktor Fasin und nahm ihm den Behälter aus der Hand. „Na, dann wollen wir mal … Ich werde mein Bestes geben, Sando. Versprochen.“
    Er ging hinter das Steuerpult zu einem der aufgereihten Glasgefäße und stülpte den Kokonsack über den Trichter, der an der Oberseite befestigt war. Sando sah, wie die Seele mit einem matten Aufzirpen auf dem Boden des Gefäßes landete und dort reglos liegen blieb. Der Doktor kehrte zum Pult zurück, schob einige Regler, drückte ein paar Tasten und auf dem Bildschirm erschien, kaum wahrnehmbar, ein grünlich schimmernder Fleck.
    „Es sieht nicht gut aus …“, brummte er. „Sie ist sehr schwach. Ich kann es nur mit einer sanften Energiezufuhr versuchen. Vielleicht erholt sie sich dann wieder.“
    Mit Daumen und Zeigefinger bewegte er einen kleinen Steuerhebel, woraufhin zwei der raumgreifenden, spinnengliedrigen Gelenkarme anruckten und langsam auf das Gefäß mit der Seele zufuhren. Die Silberkegel an deren Enden richteten sich mit der Spitze auf den Patienten aus.
    „So“, sagte der Doktor. „Jetzt noch den Energiestrom einschalten …“ Er drückte einen roten Taster. „Mehr können wir im Moment nicht tun für ihre Genesung.“
    Das Glasgefäß war nun in ein warmes, orangefarbenes Licht getaucht, das die Kegel aussendeten. Die Seele schien friedlich zu schlafen. Auf dem Bildschirm strömten zwei helle Leuchtstreifen in

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