Katharsia (German Edition)
der Tunnel zu finanzieren.“
Sando steckte mit Unlust die Karte weg und sagte schulterzuckend: „Wenn Sie meinen, dass das etwas bringt …“
Ihm war es ein Gräuel, auch nur an den Hades zu denken.
„Na, dann werde ich dich mal schlafen lassen“, kündigte Jannis seinen Rückzug an. „Mein alter Körper wartet auf mich. Allzu lange sollte er nicht unbeseelt bleiben.“
Er schwebte zum offenen Fenster hinüber, verharrte dort und zirpte: „Dieser Brunnen dort draußen … Es ist merkwürdig …“
Sando war mit einem Satz bei ihm. Sollte der Brunnen noch weiter gewachsen sein? Er schaute hinaus und war erleichtert, ihn wie eh und je vorzufinden.
„Was ist damit, Jannis? Der Brunnen sieht aus wie immer.“
„Ich empfange Schwingungen … sehr schwach …“
Sando lauschte.
„Ich höre nichts, nur das Zirpen der Seelen aus dem Schlossflügel dort drüben.“
Doch Jannis starrte unverwandt das schwarze Schöpfwerk an. Unruhe und Konzentration beherrschten sein Mienenspiel. Sando, neben ihm, fröstelte und trat von einem Bein aufs andere.
„Verzeih, Sando, vielleicht hast du Recht“, lenkte Jannis schließlich ein. „Sicher narren mich die Sinne zu dieser späten Stunde. Viel Glück morgen, Junge!“
Dann schwebte er hinaus in die Nacht.
ENTHÜLLUNGEN
Am Morgen, Sando saß gerade mit Gregor und Nabil beim Frühstück, wartete Doktor Fasin mit einer guten Nachricht auf. Die „Makala Press“ in der Hand gesellte er sich zu den drei Freunden und sagte: „Sie konnten die Sprengsätze entschärfen. Vitelli ist mit dem Gleiter bereits nach New York aufgebrochen.“ Er legte die Zeitung auf den Tisch. Die Titelseite zeigte ein großes Foto von Achmed, darüber die Schlagzeile: „Anschlag vereitelt – General Assadi leitete lebensgefährlichen Einsatz“
Sando nahm die Zeitung zur Hand. Die Berichterstatter waren des Lobes voll über Achmeds mutiges und umsichtiges Vorgehen. Sie feierten ihn als Helden, der ein Blutbad auf dem Presseball verhindert hatte.
Achmed meint es ernst mit der Wiedergutmachung , dachte Sando.
Auf einem kleineren Foto erkannte er Massef. Die Zeile daneben lautete: „Reporter wollte Attentat vereiteln – schwer verletzt“
„Euer Freund war den Verbrechern auf der Spur“, sagte Doktor Fasin. „Leider hat er das Bewusstsein noch nicht wiedererlangt, um gegen sie aussagen zu können.“
Hastig überflog Sando den kleinen Artikel und verkündete erleichtert: „Massef ist außer Lebensgefahr.“
Das Frühstück schmeckte den Gefährten gleich noch mal so gut.
Sando dachte an Ben. Er fehlte am Tisch, denn er hatte die Nacht bei einem Kollegen der Einwanderungskommission in Makala verbracht. Ob er auch schon die guten Nachrichten erhalten hatte?
„Wir sehen uns dann“, sagte Doktor Fasin und erhob sich.
„Ach so, Herr Doktor!“, hielt ihn Sando kauend zurück. „Der Key. Hier steht nichts darüber. Wissen Sie, ob Jamal al Din gefasst werden konnte?“
„Ich habe keine Ahnung, Sando. Aber ich hege keinerlei Zweifel, dass wir den Key bald wiederhaben werden.“
„Woher nehmen Sie die Gewissheit?“, brummte Nabil skeptisch.
In den Augen des Doktors blitzte es spöttisch.
„Wie Sie wissen, kenne ich Jamal al Din. Er hält so etwas nicht durch. Er wird kommen und um Verzeihung bitten.“
„Sie glauben, er stellt sich freiwillig?“, fragte Gregor ungläubig. „Die Seelenretter werden das nicht zulassen.“
„Warten wir es ab!“, versetzte der Doktor und entfernte sich.
Die Gefährten sahen sich verdutzt an.
„Woher nimmt er nur diese Zuversicht?“ Kopfschüttelnd tippte Gregor auf die Zeitung. „Wie es aussieht, ist es noch niemandem aufgefallen, dass der Key wieder aufgetaucht ist. Wer weiß, ob die Gefahrenabwehr überhaupt danach fahndet.“
„Du misstraust Doktor Fasin?“, fragte Nabil.
Zwischen Gregors Fingern zerbröselte ein Stück Weißbrot.
„Ich weiß nicht. Ich habe ein komisches Gefühl.“
„Also, nun bleib mal auf dem Teppich, Gregor!“, regte sich Sando auf. „Es muss ja nicht alles in der Zeitung stehen. Wenn es dich beruhigt: Wanderer ist informiert. Ich habe in der Nacht mit ihm gesprochen. Die Suche läuft auf Hochtouren.“
Sando berichtete nun von seinen nächtlichen Gesprächen mit dem Präsidenten und Jannis. Das Stirnrunzeln seiner Gefährten wegen des Letzteren war schnell vorbei, denn sie mussten anerkennen, dass die Hinweise des Träumers sehr hilfreich sein konnten. Als sie den Frühstücksraum verließen,
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