Katharsia (German Edition)
sind.“
Nun mischte sich auch Sando ein. „Wozu haben denn Ihre Patienten sterben müssen? Hinter welch bahnbrechender Entdeckung waren Sie eigentlich her?“, fragte er patzig.
Statt einer Antwort warf Doktor Fasin einen prüfenden Blick durch die Frontscheibe.
„Wir sind bald da.“
Diese Ankündigung verursachte Bauchgrimmen bei Sando. Noch konnte er keine Anzeichen für eine Festung entdecken. Die Landschaft draußen präsentierte sich unverändert in Rot und Grün. Zerzauste Sträucher flogen ihnen entgegen, jagten links und rechts an ihrem Gleiter vorbei. Sando schloss die Augen, suchte in Gedanken nach einem Ausweg aus dieser gepanzerten Falle. Es widerstrebte ihm, sich dem Doktor widerspruchslos zu fügen.
Nabil, der seit Denises Anruf verbissen schweigend und mit geballten Fäusten auf dem Rücksitz gesessen hatte, räusperte sich. „Sie haben Sandos Frage nach dem Ziel Ihrer Forschungen noch nicht beantwortet, Herr Doktor“, brummte er.
Doktor Fasin erwiderte mit einem Seitenblick auf Sando: „Ich bin mir nicht sicher, ob er es wirklich wissen will.“
„Dann erklären Sie es mir!“, knurrte der Hüne. „Ich bin ganz gespannt darauf, welche Erkenntnis so wichtig sein soll, dass man dafür Menschen in den Tod schickt.“
Doktor Fasin drehte sich zu Nabil um, schaute ihn hochmütig an. „Ich glaube nicht, dass Sie nachvollziehen können, was in den Gedanken eines Forschers …“
„Versuchen Sie es!“, unterbrach ihn Nabil.
„Also gut … Mit meinen Forschungen wollte ich, wie soll ich es Ihnen verständlich machen, gewisse religiöse Vorstellungen wissenschaftlich untermauern“, begann Doktor Fasin und schaute Nabil fragend an, ob er ihm auch folgen konnte.
„Weiter!“, brummte Nabil.
„Nun, das Jenseits zieht die Menschen auf der Erde seit jeher in seinen Bann. Ich wollte beweisen, dass es existiert, das Paradies.“
„Wozu?“, wollte der Hüne wissen.
„Aber das liegt doch auf der Hand: Den zahllosen Zweifelnden und Verzweifelten hätte diese Gewissheit Trost bereiten können. Und diesem Trost entspringt die Kraft, das Leben zu bestehen. Eine große Aufgabe, will ich meinen. Doch wie sollte ich den Nachweis führen, ohne Menschen auszusenden – hinein in den schwarzen Tunnel, bis dicht an die Schwelle des Todes? Wie sonst sollte ich Nachricht erhalten können von der Eingangspforte zum Paradies? Mit einigen meiner Probanden konnte ich mich sehr weit vorwagen. Sie hingen besonders stark am Leben und kamen immer wieder zurück. Besonders dieser Junge war so vielversprechend.“
„Denises Vater?“
Der Doktor nickte.
„Sollte ich aufhören? So kurz vor dem Ziel? Als Wissenschaftler? Haben Sie eine Vorstellung, mit welcher Verbissenheit die Forscher daran arbeiten, den Urknall zu entschlüsseln? Ihre Apparate nehmen immer gigantischere Ausmaße an, nur um dem Anfang des Seins Sekunde für Sekunde näher zu rücken. Sehen Sie? Und ich drang Stück für Stück in die entgegengesetzte Richtung vor, zum Ende des Seins, denn ich wollte beweisen: Es ist nicht das Ende, sondern der Beginn einer neuen Welt. Eben das Paradies.“
„Schönes Paradies“, warf Sando sarkastisch ein.
„Du hast das Problem erfasst, Junge. Als ich nach Katharsia kam und den Zustand des gelobten Landes sah, dessen Existenzbeweis ich auf der Erde verzweifelt gesucht hatte, stand für mich fest: Du wirst nicht eher ruhen, bis du ein Paradies erschaffen hast, das den Namen auch verdient.“
„Und dafür sind Sie ausgerechnet dem Geheimbund der Seelenretter beigetreten?“
„Beigetreten?“ Um Doktor Fasins Mundwinkel zuckte es spöttisch. „Ich habe ihn gegründet!“
Der Kerl leidet unter Größenwahn , besagten die Blicke, die sich Sando, Gregor und Nabil nun zuwarfen.
Was für eine abenteuerliche Behauptung: Die Seelenretter destabilisierten ganz Katharsia, schickten sich an, den Präsidenten zu stürzen, sie dirigierten sogar das KORE, die Eliteeinheit, die trotz des Verbotes nichts von ihrer Gefährlichkeit eingebüßt hatte. Und jetzt wollte dieser kleine Doktor aus der Provinz der Kopf der Bewegung sein?
„Sie glauben mir nicht. Ich sehe es Ihnen an“, bemerkte der Doktor.
Doch ein Ausruf Sandos enthob sie der Notwendigkeit einer Antwort. „Die Festung!“
Wie aus dem Nichts war vor ihnen eine Mauer aus den Dünen gewachsen. Die Gefährten trauten ihren Augen nicht.
„Das ist die Festung Makala?“
Erst als sich die mächtigen Tore hinter dem Gleiter schlossen und er auf einer
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