Katharsia (German Edition)
Sprengladungen, mit denen ich nun eine Verbindung zwischen Himmel und Hölle herstellen werde.“
Er spreizte Zeige- und Mittelfinger zu einem V und drückte zwei Knöpfe gleichzeitig. Sando spürte eine leichte Erschütterung. Im Saal herrschte eine angespannte Stille. Etwas wie Furcht vor einer unsichtbaren Bedrohung machte sich breit.
Doktor Fasin spürte genau, was die Anwesenden bewegte. Er verwies auf den Hauptmonitor, der ein grünstichiges Bild der Syntheseanlage zeigte. „Sehen Sie dieses Bild, meine Damen und Herren? Es stammt von einem Seelenortungsgerät. Erst wenn rote Punkte darauf erscheinen, sind Seelen unterwegs. Noch ist dies nicht der Fall, denn die Formationen des Grafen von Wolfenhagen befinden sich noch in ihren Zellen.“
Er schaute auf die Uhr.
„In vier Minuten explodieren weitere Zeitzünder. Warten wir solange ab!“
Erwartungsvoll starrte das Publikum auf den Schirm. Endlich tauchten erste rote Punkte auf. Ein Raunen ging durch den Saal und manch einer erschauerte angesichts der Sendboten der Hölle.
„Seien Sie beruhigt, es besteht keinerlei Gefahr für uns! Es handelt sich um disziplinierte Formationen, die auf meine Vision geprägt sind und unverzüglich über ganz Katharsia ausschwärmen werden. Zu uns in die Festung kommt lediglich der Graf. Ich habe ihm aus unseren Vorräten Retamin bereitstellen lassen, damit er leibhaftig vor uns treten kann.“
Mit ungutem Gefühl dachte Sando: Der Leibhaftige, ein wahres Wort!
Er beobachtete, wie sich die roten Punkte auf dem Bildschirm nach und nach vermehrten. Zufrieden verfolgte auch Doktor Fasin diesen Vorgang.
Auf das Blinken eines Lämpchens am Pult hin meldete der Techniker: „Jemand von der Retamin-Sytheseanlage ist in der Leitung.“
„Kann das nicht Jamal al Din erledigen?“, fragte der Doktor genervt. „Wir können doch nicht jedes Detail vor versammelter Mannschaft besprechen.“
Der Techniker schwieg, wartete ergeben die Entscheidung des Chefs ab.
„Na gut, schalten Sie durch“, sagte der Doktor gnädig.
Daraufhin strahlte sie ein atemloser Mann in weißer Laborkombi und hochgeschobener Schutzmaske vom Bildschirm her an. „Ich möchte eine Meldung machen, Herr Doktor!“, legte er ungefragt los. „Es ist unglaublich!“
Er verschluckte sich vor Aufregung – oder vielleicht auch wegen der Anstrengung, die es ihn kostete, gegen ein lautes Sirenengeheul anzukommen.
„Na, was ist? So reden Sie schon!“, herrschte ihn der Doktor an.
„Die Anlage produziert Retamin! Der Key ist aktiv!“
Nach einer kurzen Pause, die es brauchte, um das Gehörte zu begreifen, brach Jubel unter den Anwesenden aus. Sie fielen sich in die Arme, Offiziere und Zivilisten. Jamal al Din war besonders aus dem Häuschen. „Mein Synthesewerk! Mein Synthesewerk!“, schrie er ein ums andere Mal und küsste der lachenden Maria links und rechts auf die Wange.
Selbst Doktor Fasin konnte nicht an sich halten. Begeistert schüttelte er dem verblüfften Techniker am Pult die Hand. Karim Bin Dschamal, der Chef der „Makala Press“, hatte sein Notizbuch gezückt und notierte eifrig die Umstände dieses historischen Ereignisses, der erstmalig gelungenen industriellen Retaminsynthese.
Derweil schaute sich Sando niedergeschlagen zu seinen Gefährten um und sah ihre entgeisterten Mienen hinter der Panzerglasscheibe.
Wie soll das enden , dachte er.
Nun bekamen die Seelenretter, was sie brauchten: Retamin. Dazu mussten sie nicht einmal mehr Professor Strondheim zu fassen kriegen. Der Doktor würde diesen Lebensstoff, wie auch immer, im Kampf gegen die Truppen des Präsidenten einsetzen. Als wieder Ruhe eingekehrt war, fragte Doktor Fasin den Überbringer der glücklichen Botschaft: „Wie kommt es, dass der Key funktioniert?“
„Wir haben keine Ahnung und sind selbst ganz überrascht“, überschrie der Mann das Sirenengeheul.
„Und die produzierten Mengen?“
„Die Anlage fährt volle Leistung. In wenigen Minuten ist der erste Speichertank voll. Das reicht für tausend Mann.“
„Hervorragend! Aber sagen Sie, was ist das für ein Alarm bei Ihnen?“
Die Miene des zuvor so aufgekratzten Mannes verfinsterte sich.
„Das Geheul kommt aus der freigesprengten Hadesöffnung. Wir können nichts dagegen tun.“
„Wieso nicht? Schicken Sie Leute hinunter!“
„Ich habe es versucht, aber die Männer, die sich vorgewagt haben, wurden von Halluzinationen erfasst. Einige stürzten ab, andere liefen schreiend davon oder wälzten sich unter
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