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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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aufstöhnend, riss Doktor Fasin seinen Mund auf. Augenblicklich war der Graf über ihm, setzte den Speer an, weidete sich für einen kurzen Moment am Entsetzen des Opfers, dann rammte er die Waffe in den geöffneten Rachen seines Rivalen.
    Ein aufjaulender Sauger fing die verwirrte Seele des Doktors ein.
    Sando saß da wie gelähmt. Was er einst in Bens Erinnerungen gesehen hatte, geschah nun vor seinen Augen.
    In Katharsia werden Albträume wahr. Dieser Satz kreiselte unentwegt durch seinen Kopf.
    Maria, neben der sich das Ungeheuerliche abspielte, hatte sich abgewandt und erbrach sich über die Tafel. Ben drückte sich die Fäuste an die Schläfen, als wollte er ein lästiges Trugbild vertreiben, das ihn immer wieder peinigte. Denise hatte ihr Gesicht in seine Brust gegraben. Ihre Flügelchen zuckten. Djamila starrte wie unbeteiligt vor sich hin und schüttelte den Kopf, als könnte sie nicht fassen, dass beinahe tausend Jahre Flucht nicht reichten, um dem Bösen zu entrinnen. Lemmings Seele lag, die Augen ungläubig geweitet, steif wie ein Brett in der Luft. Das Entsetzen lähmte sie alle, machte es ihnen unmöglich, etwas zu unternehmen. Nur Nabil war, drei Wachen von sich stoßend, aufgesprungen und stampfte brüllend, bewaffnet mit bloßen Händen, auf den Dämon zu, der sich Wolfenhagen nannte. Jede Vorsicht war dem Hünen abhanden gekommen. Alles, was ihn noch antrieb, war der Drang, den Peiniger eigenhändig zu erwürgen.
    Sando schrie nach ihm, wollte ihn zur Besinnung bringen, doch einmal in Fahrt, war er nicht mehr zu bremsen. Fast hatte er den Grafen am Wickel, als er seine Arme hochriss, strauchelte und stürzte. Die Wachen hatten ihm mehrere Schwerter gleichzeitig in den Leib gerammt.
    In Katharsia werden Albträume wahr , hämmerte es durch Sandos Kopf, während Nabils Seele in einem Saugrohr verschwand.
    Und die Choreografie des Grauens ging weiter: Vor der Wand unterhalb des Monitors rissen die Horden des Grafen mit Spießen und Schwertern die Dielen vom stählernen Untergrund. Sie arbeiteten mit einer Verbissenheit, als wollten sie eine Schmach tilgen. Auf der freigelegten Fläche errichteten sie in Windeseile zwei Lanzenpyramiden, zwischen denen sie die zersplitterten Dielenbretter zu einem Scheiterhaufen aufschichteten. Dann schleppten sie den Spieß herbei, auf dem Doktor Fasin steckte wie ein Spanferkel, und wuchteten ihn quer über die Pyramidenspitzen.
    Pepe trat heran. Mit geübter Bewegung schnitt er dem Doktor die Kleider vom Leib. Ein Feuer loderte auf. Der beißende Geruch versengten Haares füllte den Barocksaal.
    In Katharsia werden Albträume wahr.
    Sando geriet in einen Zustand, der ihm suggerierte, er bilde sich das alles nur ein. Sein Hirn weigerte sich, die grausigen Bilder noch länger zu verarbeiten. Es hatte etwas Surreales, wie Wolfenhagen dastand, die Arme über dem Kopf gekreuzt, ein böser Dämon, der kraft einer Beschwörung die Mächte des Grauens dirigierte. Nun begannen selbst die Wände des Saales zu schwanken. Es dröhnte und klirrte. Leuchterkristalle sprangen aus ihren Fassungen und zerschellten am Boden. Der Dämon schien so mächtig, dass nach seinem Willen selbst die Erde erbebte.
    Eine Halluzination! Ich werde verrückt , dachte Sando und schloss die Augen. Doch der Wahnsinn ging weiter. Er vernahm einen Ruf wie Donnergrollen: „Spiel!“
    Und während der Befehl des Grafen noch im Kopf des Jungen widerhallte, setzte ein ohrenbetäubendes Tröten ein, tausendfach zurückgeworfen von seiner Schädeldecke. Es half nichts, dass er sich die Hände auf die Ohren presste. Die Höllenmusik kreiselte in ihm und quälte ihn bis zur Besinnungslosigkeit. Sein Körper sackte zusammen und er schlug mit dem Kopf auf das Gedeck aus Porzellan, das vor ihm stand.
    Doch die Ohnmacht währte nicht lange. Ein kurzes Abschalten nur. Ein kurzes Kräftesammeln. Dann meldete sich sein Geist wieder, übermittelte ihm das Bild des zerborstenen Tellers, auf dem sein Kopf lag und an dessen Scherben Blut klebte, sein Blut. Gregors Flötenspiel klang wieder klar in seinen Ohren. Es mischte sich mit dem Knistern des Feuers vom Scheiterhaufen. Ätzenden Gestank verbrennenden Fleisches in der Nase, hob Sando den Kopf und erblickte Wolfenhagen. Als wäre nichts geschehen, saß er an der Tafel und lächelte ihn an.
    „Na, junger Freund? Es war ein bisschen viel, nicht wahr? Vielleicht habe ich ein wenig überreagiert, aber wer lässt sich schon gern auslachen? Glaube mir, es hat mir sehr

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