Kathedrale
ließ, sah sie erst, wie bunt die Föderation und ihre Alliierten waren. Zu den Anwesenden zählten Vulkanier, ein Paar Bynars, zwei grobschlächtige Klingonen, eine jovial wirkende Andorianerin, eine voluminöse Denobulanerin, zwei Skorr-Diplomaten … und der stets aufmerksame Gard. Zu ihrer Überraschung fand Ro kein cardassianisches Gesicht in der Menge. Angesichts der aktuellen Pattsituation in den Friedensverhandlungen zwischen ihrer Welt und Bajor, mieden sie das Rampenlicht vielleicht absichtlich.
Die Repräsentanten hatten bereits diverse Fragen über die Sicherheit ihrer Delegierten bei der Vertragsunterzeichnung gestellt. Einige befürchteten, die Ereignisse des vergangenen Abends im Tempel seien eine Bedrohung, doch Ro versicherte ihnen, dass die Ohalavaru nur ein religiöses Statement machen wollten und keinerlei Interesse zeigten, die für heute angesetzte Zeremonie zu stören. Die meisten von ihnen hatten die Station ohnehin bereits verlassen, da kein Grund vorlag, sie weiter in Haft zu belassen.
Gards Fragen waren konkreter. Sie betrafen die Effizienz von Ros Sicherheitsscannern und Waffenprüfungen. Gard wollte sichergehen, dass das gesamte Personal auch nach Wechselbälgern und getarnten Jem’Hadar Ausschau hielt. Außerdem erkundigte er sich nach dem Zustand und der Fitness von Ros Deputys. Einige dieser Fragen hätten Ro erzürnt, wenn sie von jemand anders gekommen wären, doch sie kannte Gards beruflichen Hintergrund und wusste daher, wie sie zu verstehen waren.
Nachdem sie allen versichert hatte, dass die Stationsschilde während der gesamten Zeremonie aktiviert sein würden, hatten sich die meisten Sicherheitsteams endlich zufrieden gegeben. Sogar die Klingonen knurrten nur noch wenig – und das auch hauptsächlich nur deswegen, weil sie ihre bat’leths , d’k tahgs und anderen Klingen in ihren Quartieren lassen mussten. Ro bemühte sich sehr, die Anwesenden auf Taran’atars Anblick vorzubereiten und fragte sich, ob die vom Krieg gebeutelten Völker des Alpha-Quadranten je lernen würden, in Gegenwart eines Jem’Hadar-Soldaten entspannt zu bleiben.
»Gibt es noch weitere Fragen?«, erkundigte sie sich schließlich, bemüht, diese letzte Sicherheitsbesprechung des Vormittags zum Abschluss zu bringen.
Keine kamen. Zufrieden schickte sie sich an, die Unterredung für beendet zu erklären und alle ziehen zu lassen, als sie Etana eintreten sah, einen undeutbaren Ausdruck im Gesicht. Der Deputy machte eine kleine Handbewegung. Dieses Signal konnte nur von Ro sowie den anderen Mitgliedern der Stationssicherheit verstanden werden, und Ro bestätigte es mit einem knappen Nicken. Irgendetwas Großes geschieht gerade, aber es sind keine Leben in Gefahr.
»Ich danke Ihnen allen für Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Unterstützung«, sagte Ro dann und beendete die Sitzung. »Gemeinsam werden wir dafür sorgen, dass dieses historische Ereignis für alle Beteiligten reibungslos und gefahrenfrei verläuft.«
Sobald sich die Messe leerte, trat Etana zu ihr. »Die Trager ist soeben zurückgekehrt«, sagte sie leise. »Ohne Voranmeldung. Vedek Yevir ist an Bord, und er und Gul Macet sind wegen irgendetwas sehr aufgeregt. Aber sie wollen uns noch nicht sagen, worum es sich handelt.«
Ro seufzte tief. Eine weitere Komplikation war das Letzte, was sie momentan brauchte.
KAPITEL 23
Ich kenne diesen Ort.
Der Gedanke kam Julian, sobald ihn der Transporterstrahl entlassen hatte. Und er überraschte ihn, da er doch schon so viel vergessen hatte.
Julian stand allein auf den zerborstenen Steinstufen, die zur Hagia Sophia hinaufführten. Er trug Papierpantoffeln und eines dieser lockeren, robenartigen Kleidungsstücke, die er noch von den Arztbesuchen seiner Kindheit kannte. Die Kathedrale aus dem Istanbul des sechsten Jahrhunderts war viel kleiner als bei seinem letzten Besuch. Die im Sonnenlicht glitzernde Kuppel wirkte fahler als in seiner Erinnerung und befand sich mehrere Meter näher am sonnenerhitzten Straßenboden. Das ganze Gebäude erweckte den Eindruck eines maßstabsgetreuen Modells und war kaum noch größer als ein Runabout der Sternenflotte.
Sie ist geschrumpft. Genau wie ich.
Julian nahm die kargen Bauten in Augenschein, die die antiken Kopfsteinpflasterstraßen säumten. Abgesehen vom Echo einer aus weiter Ferne herüberwehenden eigenartigen Musik war die Stadt völlig still. Nirgendwo sah er jemanden, nicht einmal Ezri oder Nog. Bei dieser Erkenntnis stellten sich die Haare in seinem
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