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Kathedrale

Kathedrale

Titel: Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Mangels
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entzog.
    Nur den Mann mit Hut erkannte er sofort.
    »Wer ist denn der Neue, hmmm?«, fragte dieser nun. Die Worte drangen so schnell aus seinem Mund wie Projektile aus einer Schusswaffe. »Das hier ist ein privater Club, hmmm? Momentan nehmen wir keine Aspiranten auf. Versuchen Sie’s in ein paar Monaten erneut, hmmm?«
    »Entspann dich, Jack«, sagte einer der Pfleger. Er stand auf der Schwelle, denn das Kraftfeld war inzwischen verschwunden. Dann wandte er sich an die anderen drei Insassen. »Ich möchte euch Jules vorstellen. Ihr und er werdet von nun an viel Zeit miteinander verbringen.«
    »Ich bin nicht Jules«, widersprach Bashir, doch das schien dem Pfleger völlig egal zu sein. »Mein Name ist Julian.«
    »Hi«, grüßte ein rundlicher, etwa sechzigjähriger Mann mit freundlichem Lächeln. Er befand sich in der Mitte des Raumes, und sein weißes Haar stand wild von seinem Kopf ab. In seiner Hand hielt er eine Flasche, an deren Hals ein Zettel mit der Aufschrift TRINK MICH prangte. »Ich bin Patrick. Kümmere dich nicht um unseren Jack. Sie sagen, er sei nicht allzu sozial veranlagt.« Die letzten Worte unterstrich Patrick, indem er mit den Fingern beider Hände Gänsefüßchen in die Luft malte. »Aber Jack ist nicht wie ich. Oder wie Lauren.« Dabei nickte er in Richtung eines Sofas in der Ecke.
    Darauf lag, ausgestreckt in perfekter Schlafzimmerpose, eine dunkelhaarige junge Frau. Ihr eng anliegender, scharlachroter Overall tat wenig, um die perfekten Rundungen ihres Körpers zu verbergen. »Freut mich«, sagte sie und lächelte ihn mit einem raubtierhaften Funkeln in den Augen an, das Julian erblassen ließ. »Willkommen zu unserer kleinen Teeparty.«
    Neben dem Sofa war ein kleiner Tisch mit einem silbernen Teeservice. Die Frau setzte sich auf und begann, vier kostbar wirkende Porzellantassen zu füllen.
    »Ich gehöre nicht hierher«, sagte Julian zu dem Pfleger, der ihm am nächsten war. Es kostete ihn Mühe, die Worte zu finden. »Diese Leute leiden unter … unbeabsichtigten Nebenwirkungen. Von ihren … genetischen, äh, Aufwertungen.«
    Der Pfleger lächelte herablassend. »Das stimmt, Jules. Genau wie du. Oder hast du schon vergessen, warum du hergekommen bist.«
    Plötzlich bemerkte Julian die junge Frau mit dem sandfarbenen Haar. Sie saß allein auf einem Stuhl in der entgegengesetzten Zimmerecke. Leere Augen in einem atemberaubenden Gesicht, das blass wie das einer marmornen Statue war. Sarina Douglas.
    Julian erinnerte sich, dass jemand, der ihm ähnelte, ihr einst geholfen hatte, das Sprechen wiederzuerlernen und so mit dem Rest der Welt zu interagieren. Daraus war eine Romanze erwachsen, die ihm nun wie ein Traum vorkam – wie die Erinnerung eines anderen.
    Ruckartig hob Sarina den Kopf und sah sich in der Zelle um. »Ich hab nicht geschlafen«, sagte sie und lächelte breit. Ihre Stimme war schwach und heiser. »Ich hab jedes Wort gehört, das ihr gesagt habt.« Dann fiel ihr Blick auf Julian. »Und ich bin sehr froh, dass du dich entschlossen hast, dich uns anzuschließen, Jules.«
    »Geh ruhig rein, Jules«, sagte der lächelnde Pfleger.
    »Jetzt«, ergänzte der andere und sah ihn missbilligend an.
    Julian machte einen Schritt zurück. »Nein.«
    »Du bist jetzt einer von uns, Jules«, sagte Lauren. Jack und Patrick grinsten.
    »Nein!« Julian schrie und wich von der offenen Zelle zurück. Die zwei Pfleger traten zu ihm. Inzwischen wirkten beide verärgert, und ihre großen Oberarmmuskeln dehnten ihre kurzen Hemdsärmel. Der größere der beiden Männer griff nach Julian, doch dieser wich aus, ohne nachzudenken. Prompt verlor der Hüne die Balance und plumpste zu Boden.
    Bevor Julian fliehen konnte, legte der zweite Pfleger beide Arme um ihn und hielt ihn fest, während sein Kollege auf die Beine kam. Julian wand sich, hatte aber weder die Kraft noch den Spielraum, um sich zu befreien.
    Mit einem Mal verlagerte der Pfleger sein Gewicht. Dann ging er in die Knie und lockerte seine Umklammerung. Julian entriss sich seinen Armen, fiel zu Boden und rollte sich zusammen.
    Jack stieß ein langes, ansteigendes Kriegsgeheul aus. Er hatte Arme und Beine um Rücken und Schultern des Pflegers geschlungen. Obwohl der große, starke Mann sich wehrte, hielt sich der Patient mit der Sicherheit einer tiberianischen Fledermaus an seinem Opfer fest.
    Und das Kraftfeld ist unten , begriff Julian, als er auf die Beine kam. Die Irren haben die Klapsmühle verlassen.
    Sofort rannte er los, den Gang hinab,

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