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Kathedrale

Kathedrale

Titel: Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Mangels
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genauso definieren wie unsere Verdienste.«
    Nog konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Shar die Worte ebenso sehr auf sich selbst bezog. »Du würdest einen furchtbaren Ferengi abgeben«, sagte er lächelnd.
    Auch Shar lächelte schwach. »Und du bist viel zu durchschaubar, um es auf Andor weit zu bringen.«
    Ob er noch immer versuchte, von seinen eigenen Sorgen abzulenken? Nog entschied, das Thema nun direkt anzugehen. Die Zeit war reif dafür. »Okay, ich habe meine Karten auf den Tisch gelegt. Verrätst du mir jetzt, was dich bedrückt?«
    Shar zögerte, schien nachzudenken. Dann sah er zu Nog. Er wirkte, als hätte er soeben eine schwerwiegende Entscheidung getroffen. »Damals, als du dein Bein verlorst und erfuhrst, dass es für immer sein würde – wie hast du dich da gefühlt?«
    Nog durchschaute das Ausweichmanöver sofort. »Warum beantwortest du persönliche Fragen immer mit Gegenfragen?«
    »Bitte, Nog. Sag es mir.«
    Er seufzte. Manchmal war Shar so stur wie Onkel Quark. »Von mir aus. Ich fühlte mich … unvollständig. Ich hatte mir den ganzen Krieg über nie vorstellen können, Narben zurückzubehalten.«
    Shar nickte und wippte auf seinem Stuhl schweigend vor und zurück. Dann, fast unhörbar, sagte er: »Genauso fühle ich mich auch, Nog. Unvollständig. Für immer.«
    »Ich verstehe nicht ganz.«
    Wieder eine Pause. Nog wartete angespannt. Er ahnte, dass sich gleich Schleusentore öffnen würden.
    »Es ist Thriss«, sagte Shar schließlich.
    »Eine deiner Bündnispartnerinnen.« Nog wusste, wie unangenehm Shar das Thema sein musste. Selbst ein Folterknecht der Jem’Hadar hätte Schwierigkeiten gehabt, derartige Informationen aus dem Andorianer herauszubekommen.
    »Ja. Sie kam mit Dizhei und Anichent auf die Station, kurz vor unserem Aufbruch in den Gamma-Quadranten. Um mich zur Rückkehr nach Andor zu bewegen, wo ich sie alle heiraten sollte. Doch stattdessen reiste ich mit der Defiant .«
    »Ich erinnere mich an sie. Ich war mir nur nicht sicher, warum sie dich sehen wollten.«
    Shar gab ein Geräusch von sich, das wie eine Mischung aus Kichern und Husten klang. »Jetzt weißt du’s.«
    Nogs Kehle wurde trocken. »Irgendetwas ist passiert. Seit unserem Abflug.« Er wusste, dass es etwas Furchtbares sein musste.
    »Ja.« Shars Blick war so eisig wie einer der Kometen. Er ließ sein Padd auf den Tisch fallen, sprang auf und verschränkte die Hände hinter dem Rücken, als wüsste er plötzlich nichts mehr mit ihnen anzufangen. »Thriss ist tot. Sie starb durch ihre eigene Hand. Unser Quartett ist auf ewig zerbrochen. Ich habe keine Zukunft mehr. Und die Schuld liegt ganz allein bei mir.«
    Die Worte trafen Nog wie ein Hieb in die Magengrube. Er wusste, dass er nie etwas Vergleichbares erlebt hatte. Selbst die Schlacht von AR-558 kam Shars Leid nicht nahe, denn auch ohne linkes Bein konnte er noch heiraten und Kinder bekommen – auch wenn er für beides keinerlei Eile verspürte. Doch soweit er es sagen konnte, hatten die Mitglieder der andorianischen Kultur nicht den Luxus, sich Zeit zu lassen. Sie mussten sich zwei unangenehmen biologischen Zwängen unterordnen: vier Geschlechtern und einem knapp bemessenen Zeitfenster für die Fortpflanzung.
    Schweigend stand Nog auf und trat zu Shar, bis sie nur noch ein Meter voneinander trennte. Er sah in das leidenschaftslos wirkende Gesicht des Andorianers und wusste, dass keine Worte Shars Schmerz lindern konnten. Nog hatte nichts als seine Anwesenheit, um sie ihm zu schenken. Kurzerhand trat er einen weiteren Schritt vor und umarmte Shar.
    Zunächst versteifte dieser sich, als handelte es sich bei der Geste um einen Angriffsversuch, doch dann entspannte er sich zusehends, unterdrückte die gewaltbereite Art, die Andorianer in Stresssituationen so oft zu übermannen drohte. Shar schien Nogs Umarmung so aufzufassen, wie sie gemeint war.
    Sekunden oder vielleicht Minuten später lösten sie sich voneinander. Nog trat zurück. Ich will ihm helfen, das durchzustehen. Ich wünschte, ich wüsste die richtigen Worte.
    »Nog?«
    »Ja?«
    »Pass auf, wo du hintrittst. Du stehst gleich auf deinen Rohrmaden.«
    Shars Padd, das noch immer auf dem Tisch lag, begann plötzlich, ein rhythmisches Piepgeräusch von sich zu geben. Nog war dankbar für die Unterbrechung, da sie Shar dazu brachte, das Thema fallen zu lassen. Sofort widmete sich der Andorianer dem Gerät.
    »Die Linguistikroutinen scheinen endlich größere Teile des fremden Textes entschlüsselt zu

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