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Kathedrale

Kathedrale

Titel: Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Mangels
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unsicheren Counselor. Tief in ihrem Inneren wusste sie, dass sie der roten Kommandouniform nicht länger würdig war.
    Seit zwei Tagen schon fragte sie sich, warum Vaughn sie nicht längst vom Dienst befreit hatte. Vielleicht hielt er sie für derart unnütz, dass sie den Aufwand einer formellen Suspendierung nicht mehr wert war.
    Frag ihn doch einfach, Ezri , schaltete sich ihr Counselor-Training ein. Doch was, wenn er noch immer an ihre Fähigkeiten glaubte? Würde er auf jemanden bauen, der sich ihm zweifelnd präsentierte?
    Es kostete Ezri alle Mühe, sich ihren inneren Zwiespalt nicht anmerken zu lassen, während sie den Gang entlangging und diverse Kollegen passierte. Crewman Rahim grüßte nickend. Auch dem beschäftigt wirkenden Lieutenant McCallum, dem sie an einer Kreuzung begegnete, schienen ihre Sorgen nicht aufzufallen. Doch dann lief ihr Kaitlin Merimark über den Weg. Kaitlin, die sie todesnah auf der Krankenstation gesehen hatte. Kaitlin, die nun stehen blieb, als wollte sie tröstende Worte loswerden, aber ganz offensichtlich keine fand.
    Sag irgendwas , dachte Ezri. Irgendwas, nur nicht »Lieutenant Dax«.
    Sie war dankbar für Kaitlins Freundschaft, wusste aber, dass sie momentan kein Mitleid ertrug – genauso wenig, wie Kaitlin es zu geben vermochte.
    Plötzlich erkannte sie, dass sie ihr Ziel, das biochemische Labor, bereits erreicht hatte. »Ich bin dran, hier Wache zu schieben«, teilte sie der anderen Frau mit und hörte selbst, wie schrill sie klingen musste. Bevor Kaitlin etwas erwidern konnte, trat sie ins Labor und schloss die Tür hinter sich.
    Sie entließ M’Nok aus seiner Aufsichtspflicht, und dann war sie allein im Labor, genoss die Stille. Hier würde sie wenigstens für ein paar Stunden vor Begegnungen mit anderen Besatzungsmitgliedern gefeit sein.
    Und doch wusste sie, dass sie nicht ganz allein war. Auch Dax war hier, trieb in seinem eigenen kleinen Universum, dachte seine unergründlichen Gedanken. Gedanken, die achtzehn Monate lang auch die ihren gewesen waren. Ezri trat an den Tisch, auf dem der Behälter stand, und schaute durch das Sichtfenster auf den Symbionten. Sie legte die Hand auf das Fenster, doch das Wesen schien ihre Anwesenheit nicht zu bemerken.
    Wie ungern sie vereinigt worden war. Anfangs hatte Ezri diese augenlosen, stillen Lebewesen als bösartige Parasiten angesehen und nie vereinigt werden wollen. Doch nun fühlte sie sich so leer wie die Höhlen von Mak’ala daheim auf Trill und konnte ihre einstige Abneigung nicht mehr nachvollziehen. Seit ihre Symbiose mit Dax Tatsache geworden war, hatte sie sich angestrengt, sie wenigstens zu einer erfolgreichen zu machen. Nun blieb ihr nichts als die Sorge, ob die Ezri von einst ihr mittlerweile so fern war wie der Symbiont. Gab es einen Weg zurück in ihr altes Leben, in das Leben vor Dax?
    Nicht jeder würde ihr Schicksal als Tragödie verstehen. Dr. Renhol von der Symbiosekommission wäre sicher erleichtert, sich nicht länger mit Ezri und ihren vielen Persönlichkeiten befassen zu müssen. Und Mom dürfte regelrecht begeistert sein.
    Yanas Tigan hatte nie gewollt, dass ihre Tochter oder einer ihrer Söhne vereinigt wird. Kinder lassen sich viel leichter einschüchtern , dachte Ezri, wenn sie nicht älter sind als man selbst.
    Also würde ihr großer Bruder Janel seine Schwester zurückbekommen, wenn auch nicht in bester Verfassung. Und Norvo, ihr jüngerer Bruder, konnte mit einer unvereinigten Ezri vermutlich ohnehin viel mehr anfangen. Zumindest, sobald er aus dem Gefängnis kommt.
    Blieb noch Julian. Hatte sie ihn ebenfalls verloren? Sie wusste, dass er in Jadzia Dax verliebt gewesen war, bevor er Ezri Dax Teil seines Lebens werden ließ. Dax war der gemeinsame Nenner gewesen. Hatte ihre Beziehung ihren Tiefpunkt erreicht – nicht zuletzt, da auch er unter den Auswirkungen der Kathedrale litt?
    Sie würden es nur erfahren, wenn Vaughn die Blockade der Nyazen durchbrach und das fremde Objekt besichtigte. Vorausgesetzt, darin fanden sich überhaupt Antworten.
    Schweigend wies sie den Computer an, die eigenartigen Geräusche abzuspielen, die Nog kurz vor der ersten Begegnung mit dem Objekt aufgezeichnet hatte. Sofort hallten die quasimusikalischen Kakofonien im leeren Labor wider. Ohne Dax’ Wissen kamen sie ihr ganz anders vor als noch auf der Sagan . Fast erträglich. Sie fühlte sich an die Syn-Lara -Kompositionen Joran Belars erinnert, des Psychopathen aus dem dreiundzwanzigsten Jahrhundert, der kurzzeitig

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