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Kathedrale

Kathedrale

Titel: Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Mangels
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Wandteppiche, dreckig und achtlos weggeworfen, bedeckten Teile des Bodens. Ich eilte die Treppe zur Bibliothek im obersten Stockwerk hinauf und hielt auf der fünften Stufe inne. Sie knarrte nicht mehr. Hätte mein Gedächtnis funktioniert, hätte sie dem Druck meines imaginären Fußes nachgeben und knarren müssen.
    Ich ließ die Treppe Treppe sein und ging den Hauptkorridor entlang, bis ich zu einer Mauer kam. Der Eingang des Tunnels, der zu einem im Stil des zweiundzwanzigsten Jahrhunderts gehaltenen Nebengebäude führte, war zugemauert worden. Dort lagerte ich vorübergehend meine Träume, bis ich sie dauerhaft in die Kathedrale überführte. Und wohin ich mich auch wandte, fand ich weitere, auf ähnliche Art blockierte Türen und Zugänge. Spinnenartige Wesen webten riesige Netze und trugen zum allgemeinen Chaos bei. Jedes von ihnen hatte Kukalakas Knopfaugen.
    Mir schien, als wäre in der Hagia Sophia plötzlich nicht mehr Platz als in meinem schrumpfenden Quartier. Und das bisschen, was geblieben war, füllten meine Schreie.

KAPITEL 14

    Während Quark sich umzog, grollte sein Magen vor Vorfreude und Angst. Die Vorfreude ließ sich leicht erklären – Ro Laren war eine außergewöhnlich attraktive Frau. Nur die Angst stellte ihn vor ein Rätsel. Schließlich aß er heute nicht zum ersten Mal mit Ro zu Abend. Aber zum ersten Mal hatte er das Programm ihres gemeinsamen Abends bestimmt.
    Bei ihrer letzten Verabredung hatte Ro ihn zum Windsurfen – eine unnötig anstrengende Tätigkeit – mit auf ein Gewässer genommen, das Columbia River hieß und das sie aus ihren Tagen an der Sternenflottenakademie kannte.
    Quark legte den Zahnschärfer weg und betrachtete sich und seinen Frack ein letztes Mal im Spiegel. Und wenn sie mit dem Holosuite-Szenario nichts anfangen kann? , fragte er sich, als er sich den Kummerbund glattstrich und seine Fliege geraderückte. Schließlich ist sie kein nostalgieversessener Mensch.
    Auf seinem Weg von seinem Quartier zur nur spärlich bevölkerten Promenade versuchte er, die Sorgen zu verdrängen. Ob Ro Las Vegas mochte oder nicht, hatte vielleicht nicht mehr Relevanz als seine eigene Meinung zum Windsurfen.
    Und überhaupt: Wenn es ein Wesen in diesem Quadranten gab, das Ro Laren in romantische Stimmung versetzen konnte, dann war es Vic.
    Quark betrat die Bar und ging zur Wendeltreppe, die zum oberen Bereich und den Holosuiten führte. Frool stand hinter dem Tresen und versorgte zwei Rigelianer und einen Valerianer mit Getränken, während Morn sie mit einer seiner unzähligen Reiseanekdoten langweilte. Beim Dabo -Rad stand Broik und nahm Bestellungen entgegen. Deputy Etana sah mit offensichtlicher Skepsis zu einem hünenhaften Nausicaaner hinüber. Hetik, der entsetzlich profitable und von Treir angeheuerte Dabo -Junge, hielt die Spieler bei Laune. Es handelte sich um Vertreter von mindestens einem halben Dutzend Welten. Vermutlich waren sie Treirs Reizen erlegen und ihretwegen gekommen. Die groß gewachsene Orionerin sah zu Quark auf und grinste ihn schelmisch an. Abermals fragte er sich, was sie Ro wirklich über ihre Verabredung gesagt hatte. Egal, es war vermutlich nicht der Rede wert. Es ist nie zu spät, um das Personal zu entlassen , zitierte Quark die hundertdreiundneunzigste Erwerbsregel in Gedanken. Wollen wir doch erst mal sehen, was der Abend bringt.
    Von Ro war nichts zu sehen. Eigenartig, neigte sie doch sonst zur Pünktlichkeit. Quark öffnete die Tür zu der Holosuite, in der Julian Bashirs »Las Vegas, 1962«-Programm im Dauermodus lief, wann immer Vic es nicht eigenständig ausschaltete. Die Band stimmte gerade ihre Instrumente. Kess ausschauende Cocktail-Kellnerinnen bedienten die noch recht spärlich gesäten Kunden, die sich bereits ungehemmt an diversen menschlichen Alkoholika gütlich taten. Zu seiner großen Erleichterung hatte Taran’atar den Laden nach seinem Besuch an diesem Nachmittag also nicht in Stücke gerissen. Das war gut, denn der Abend musste perfekt werden.
    Ro saß bereits an einem Tisch nahe der Bühne und sah umwerfend aus. Sie trug ein schwarzes, schulterfreies Abendkleid, das ihr vermutlich so unangenehm war, wie ihm der Ausflug in einem holografischen Boot, das ihn dem Anschein nach ständig hatte von Bord schmeißen wollen. Und doch machte sie keinerlei Anstalten, zu gehen. Zumindest noch nicht.
    Das musste an Vic Fontaines Ausstrahlung liegen. Als wollte er sie von ihrer Skepsis ablenken, stand der Entertainer neben Ros Tisch. In

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